Landtagssitzung am 17. Oktober 2006

Initiativen der KP

 

KPÖ-Abg. Renate Pacher zur "Lex Spielberg"

Projekt "Spielberg neu" droht über mangelhaftes Gesetz zu stolpern

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung!
Sehr geehrte Landtagsabgeordnete, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer!

Heute soll im Eilzugstempo eine Novelle des Veranstaltungsgesetzes beschlossen werden. Im Vorfeld wurde uns keinerlei Möglichkeit eingeräumt darüber zu diskutieren. Dies, obwohl diese Novelle sehr umstritten ist. Entgegen allen sonstigen Gepflogenheiten wurde die Bildung eines Unterausschusses von SPÖ und ÖVP verweigert.
Nur zur Erinnerung: Bei geringfügigen und völlig unumstrittenen Änderungen (z.B. beim Schischulgesetz) gab es einen Unterausschuss.

Zuerst stellt sich die Frage: Warum brauchen wir überhaupt eine Änderung des Veranstaltungsgesetzes? Der alte A1 Ring wurde über Jahrzehnte auf Grundlage des bisherigen Veranstaltungsgesetzes betrieben. Die Projektbetreiber von „Spielberg Neu“ versichern, die neue Anlage würde bedeutend leiser sein als der alte Ring.

Die KPÖ hat zu den Änderungen des Veranstaltungsgesetzes ein Rechtsgutachten eingeholt. Auch dessen Autor, Univ.-Doz. Dr. Martin Kind, hegt Zweifel: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum derzeit – wie in der Presse lanciert – nur zehn Veranstaltungstage möglich sein sollen.“
Fragen, die in einem Unterausschuss hätten geklärt werden können.

Dr. Kind kommt in seinem Gutachten eindeutig zur Auffassung, dass diese Gesetzesänderung verfassungswidrig ist und dass dieses Gesetz eine massive Verschlechterung bedeutet. Auch der Österreichische Arbeitsring für Lärmbekämpfung (kurz ÖAL), eine maßgebliche Institution in Sachen Lärmschutz, lehnt diese Novellierung in seiner Stellungnahme eindeutig ab.

Es gibt zahlreiche Kritikpunkte an diesem Gesetz. Ich möchte nur auf zwei davon näher eingehen. Zuerst zur Frage des Lärms: Mit dieser Änderung ist die Steiermark das einzige Bundesland, das im Veranstaltungsgesetz Lärmimmissionswerte festschreibt. Der Skandal ist, dass es Lärmwerte in einer Höhe sind, wie es sie bisher in Österreich noch nicht gegeben hat. Es werden per Gesetz Lärmwerte erlaubt, die laut ÖAL „im krassen Widerspruch zu den von der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten Gesundheitsvorsorgewerten stehen und sogar jene Werte, die in Österreich für Lärm am Arbeitsplatz vorgesehen sind, im Bereich der Nachbarschaft überschritten oder zumindest erreicht werden dürften.“

Laut dem neuen Gesetz gilt der maximale energieäquivalente 24 Stunden-Tagesmittelpegel von 80 Dezibel auch in der Nacht. Das muss man sich vorstellen, 80 Dezibel auch in der Nacht! Die WHO-Empfehlungen für lärmhygienische Mindestanforderungen für Wohngebiete liegt tagsüber bei 55 Dezibel. Bezüglich der erlaubten 115 Dezibel warnt der ÖAL, dass „damit auch ein unmittelbares Risiko eines Gehörschadens gegeben sein kann.“

Mit diesem Gesetz wird den Nachbarn von Motorsportanlagen tagsüber dreimal so viel und nachts dreißig mal so viel Lärmimmission zugemutet wie Bewohnern an Hochleistungsstraßen.

Und dieses Gesetz gilt nicht nur im Raum Spielberg, die hohen Lärmwerte gelten für Motorsportanlagen und Motorsportveranstaltungen in der ganzen Steiermark. Dieses Gesetz wird nachhaltige Auswirkungen haben. Gesetzlich werden enorm hohe Lärmimmissionswerte festgelegt. Damit kommen auch die bisherigen viel niedrigeren Richtlinien und Ö-Normen unter Druck. Und was für Motorsportanlagen gilt, dass können nach dem Gleichheitsgrundsatz, auch andere Veranstalter, z.B. von Konzerten, für sich beanspruchen. Eigentlich müsste dieses Gesetz, wie Zigarettenpackungen, die Aufschrift tragen: „Achtung dieses Gesetz kann ihre Gesundheit gefährden“.

Eine zweite unrühmliche Neuheit ist die Einführung von Akzeptanzkriterien, wie z.B. der mit der Anlage verbundene volkswirtschaftliche Nutzen. Bei der Beurteilung zur Erteilung einer Genehmigung spielt nun zum ersten Mal in Österreich auch der volkswirtschaftliche Nutzen eine Rolle. Die Einführung von Akzeptanzkriterien ist Neuland in der österreichischen Rechtssprechung. Bisher ging der Gesetzgeber immer vom Prinzip aus, dass das Wohl und die Gesundheit der Menschen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen hat. Ein gutes Prinzip, das beibehalten werden sollte.

Mit der Einführung von Akzeptanzkriterien wird ein gefährlicher Weg eingeschritten. Wenn im Vorfeld genügend Druck erzeugt wird, können damit alle bisherigen Regeln und Schutzbestimmungen, auch in anderen Gesetzen, aufgeweicht werden. Jedes bestehende Gesetz verändert den Rechtsbestand und damit auch künftige Gesetze und Auslegungen. So auch das neue Veranstaltungsgesetz. Vielleicht erscheint es bald sozial akzeptiert, da von volkswirtschaftlichem Nutzen, Schadstoffgrenzwerte anzuheben oder Arbeitsschutzbestimmungen zu lockern.

Mit diesem Veranstaltungsgesetz öffnen wir womöglich eine Tür, die besser fest verschlossen bleibt.

Ich komme aus der Obersteiermark, aus dem Aichfeld. Ich komme aus einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit, junge Menschen wandern ab, weil sie bei uns keine Arbeit finden. Ich weiß, welche großen Hoffnungen die Menschen bei uns mit dem Projekt Spielberg verbinden. Für mich ist diese Hoffnung ein weiterer Grund, warum die KPÖ gegen dieses Veranstaltungsgesetz ist. Denn dieses Gesetz könnte sich als Sargnagel für das Projekt Spielberg erweisen.

Dr. Kind kommt in seinem Gutachten eindeutig zum Schluss, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist. Dieses Gesetz wird aber eine wesentliche Grundlage für eine Bewilligung des Projektes Spielberg sein. Damit hat auch das Projekt Spielberg ein schlechtes rechtliches Fundament. Das wackelige Gesetz kann bei einem Einspruch das ganze Projekt zu Fall bringen. Deshalb ist es unverantwortlich, trotz der bestehenden Bedenken, nach dem Motto: „Wir haben die Mehrheit“ dieses Gesetz heute zu beschließen.

Landeshauptmann Voves ist mit dem Anspruch: „Vieles anders, vieles besser“ angetreten. Leider erinnert das jetzige Vorgehen sehr an die Unfähigkeit des Landes bei Spielberg 1. Damals hat man geglaubt, bestehende Bedenken nicht ernst nehmen zu müssen. Die „Arroganz der Macht“ ging sogar soweit, dass eine moderne Rennstrecke abgerissen wurde, ein bestehendes Fahrtechnikzentrum abgesiedelt wurde. Das, obwohl man gewusst hat, dass man die Genehmigung noch lange nicht in der Tasche hat. Ein Millionenschaden für den Steuerzahler und für unsere Region, die immer noch einen funktionierenden A1 Ring haben könnte.

Und noch etwas erinnert an Spielberg 1. Es wird ein Klima der Intoleranz geschaffen. Wer Kritik am Veranstaltungsgesetz übt oder Bedenken zum Projekt Spielberg äußert, wird in der Öffentlichkeit als Querulant mit zweifelhaften Absichten hingestellt. Ja sogar von „Verrat an unserer Region“ war die Rede. Damit ist keine seriöse Diskussion möglich. Auch dieser Fehler sollte nicht wiederholt werden. Denn damit verhärten sich die Fronten und ein Konsens wird immer schwieriger.

Es gibt massive Bedenken gegen dieses Gesetz. Es könnte einer Klage nicht Stand halten und damit das Projekt Spielberg zu Fall bringen. Das haben wir schon einmal erlebt. Die KPÖ ist für ein Projekt Spielberg, das Arbeitsplätze in die Region bringt, aber auch auf die Bedürfnisse der Anrainer bedacht nimmt.

Der jetzige Entwurf des Veranstaltungsgesetzes ist ein schlechtes Gesetz. Es ist immer schlecht ein Gesetz im Husch-Pfusch-Verfahren und als Anlassgesetz zu beschließen.

Lernen sie aus der Vergangenheit und nehmen sie die Bedenken ernst. Ziehen wir dieses Gesetz heute zurück. Das wäre gut im Sinne des Lärmschutzes und der Gesundheit, gut im Sinne künftiger Gesetze und gut im Sinne eines rechtlich abgesicherten Projektes Spielberg. Das wäre kein Rückzieher sondern das wäre eine kluge Entscheidung.

17. Oktober 2006