Landtagssitzung 23. Oktober 2018

Gefahr für tausende Arbeitsplätze durch Zentralisierung der Krankenkassen

Dringliche Anfrage der KPÖ am 23. Oktober 2018

Am 16. Oktober wurden die Ergebnisse einer Studie bekannt, die von den Linzer Volkswirtschaftlern Friedrich Schneider und Stefan Jenewein (Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung) über die von der Bundesregierung beschlossene Zentralisierung der Krankenkassen der Länder in Wien erstellt wurde.

Die Ergebnisse, zu denen die Autoren der Studie kommen, sind besorgniserregend: Zwischen 386 bis 764 Millionen Euro könnten in Oberösterreich durch die Fusion der Gebietskrankenkassen verloren gehen. Für den Arbeitsmarkt bedeutet das den Verlust von 7.000 bis 13.900 Arbeitsplätzen.

Nur die Hälfte der betroffenen Arbeitsplätze sind im Gesundheits- und Sozialsektor angesiedelt. Die andere Hälfte betrifft lokale Unternehmen, die etwa bisher Bauaufträge erhielten. Während die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse versucht, regionale Anbieter zu marktüblichen Preisen zu verpflichten, würde es nach der Zentralisierung zu einer europaweiten Ausschreibung der Aufträge kommen, regionale und lokale Anbieter würden auf der Strecke bleiben.

Die Auswirkungen der Zwangsfusion sind auch deshalb so dramatisch, weil die Erträge, die nicht aus den Versicherungsbeiträgen stammen – darunter Selbstbehalte, Kostenersätze etc. – abfließen und nicht im Bundesland verbleiben. Somit fließen aus Oberösterreich jährlich zwischen 347 und 610 Mio. Euro ab.

Die Oberösterreichische GKK hat 1.242.000 anspruchsberechtigte Versicherte, bei der Steirischen GKK sind es laut Statistischen Jahrbuch der Österreichischen Sozialversicherung 2018 960.000 Personen. Auch wenn sich die Zahlen der oberösterreichischen Studie nicht ohne Einschränkungen auf die Steiermark umlegen lassen, ist aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit beider Bundesländer von vergleichbaren Auswirkungen auszugehen.
       

Es wird daher folgende Dringliche Anfrage gestellt:

  1. Gibt es auch in der Steiermärkischen Landesregierung Überlegungen, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Zentralisierung der Gebietskrankenkassen in Wien auf die Steiermark haben wird?
  2. Wie hoch ist der Verlust an Wertschöpfung, von dem in der Steiermark dadurch ausgegangen werden muss?
  3. Wird auch in der Steiermark der Verlust von Arbeitsplätzen in Zusammenhang mit der so genannten „Kassenreform“ einkalkuliert, und wenn ja, welche Maßnahmen für die Betroffenen sind in Vorbereitung?
  4. Wie bereitet sich die Landesregierung auf die Zusammenlegung der Krankenkassen vor und welche Maßnahmen wurden bereits getroffen bzw. sind in Vorbereitung?
  5. Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser befürchtet „millionenschwere Verluste“ für sein Bundesland, sollte die Zentralisierung der Sozialversicherungsanstalten wie geplant durchgeführt werden und forderte daher, den sogenannten „Konsultationsmechanismus“ auszulösen, um Klarheit über die finanziellen Auswirkungen zu bekommen. Gibt es in der steirischen Landesregierung keine offenen Fragen oder gibt es aufgrund des uneingeschränkten Vertrauens in die Bundesregierung kein Interesse an einer solchen Konsultation?

Garantie gegen Verschlechterungen für Versicherte bei Kassenzusammenlegung

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Am 24. Oktober 2018 soll die so genannte „Kassenreform“ der schwarz-blauen Bundesregierung im Ministerrat beschlossen werden. Was der Bevölkerung als Verwaltungsvereinfachung verkauft wird, ist die weitreichendste sozialpolitische Umwälzung in der Geschichte der Zweiten Republik.

Bekannt ist, neben einer Reihe von Köpfen, die ausgetauscht werden, dass die neun Landeskassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit Sitz in Wien fusioniert werden sollen. Die Länderkassen bleiben aber bestehen und heißen künftig „Landesstellen“. Die Länderversicherungen verlieren allerdings ihre Budgethoheit.

Mit der Zentralisierung der Krankenversicherung wird die Zentrale künftig über eine enorme Machtfülle verfügen, immerhin geht es um ca. 60 Milliarden Euro pro Jahr. Auch kleinere Kassen werden zusammengelegt, insgesamt bleiben fünf Versicherungsträger (inkl. Pensionsversicherung für Arbeiter und Angestellte) über. ÖVP-Gesundheitslandesrat Drexler zeigte sich begeistert und richtete aus, er sei über die Änderungen „glücklich“.

Bei den Krankenversicherungen geht es FPÖ und ÖVP politisch vor allem um die Aushöhlung der Selbstverwaltung. Selbstverwaltung bedeutet, dass die Kassen von Vertreterinnen und Vertretern der Versicherten und ihrer Dienstgeber verwaltet werden, die etwa von der Arbeiter- oder der Wirtschaftskammer entsendet werden. Eingriffe in dieses System wurden bereits 2003 von der ersten schwarzblauen Bundesregierung vorgenommen. Das hängt damit zusammen, dass der Großteil der Sozialversicherungsbeiträge – ca. 90 Prozent – aus den Beiträgen der ArbeiterInnen und Angestellten stammt. Deshalb wurde die Sozialversicherung früher vor allem von deren Vertretung verwaltet. Seither leitet die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer den Hauptverband.

Die Bundesländerkassen sollen nicht aufgelöst, sondern in Landesstellen umgewandelt werden. Somit wird eine neue Ebene eingeführt. Das widerspricht den Beteuerungen, es ginge um Einsparungen bei der Verwaltung. Die Verwaltungskosten der Sozialversicherung lagen 2016 bei 2 Prozent (1,21 Milliarden Euro Verwaltungsaufwand bei 60,12 Milliarden Euro Gesamtaufwand). Im Jahr 1995 lagen sie noch bei 2,9 Prozent. Vergleicht man diese Zahlen etwa mit dem privaten Versicherungswesen, zeigt sich, dass der Verwaltungsaufwand relativ gering ist. Die Verwaltungskosten betragen im privaten Bereich nämlich mindestens 15 bis 30 Prozent.

In der ÖGK wird der weitaus größte Teil der Menschen in Österreich und demnach auch in der Steiermark versichert sein. Ohne Leistungskürzungen, schlechteren Zugang zur Versorgung und ohne Selbstbehalte werden die in Aussicht gestellten Einsparungen kaum realisierbar sein – es droht also eine massive Verschlechterung für die Bevölkerung. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung schlagen beispielsweise seit Jahren vor, auch einen Behandlungsbeitrag bei ärztlicher Behandlung einzuheben, wie er in anderen Kassen bereits existiert.

Eine Vereinheitlichung der Leistungen über alle Träger hinweg kann aus den genannten Gründen nur Einsparungen bringen, wenn alle Versicherungen auf das unterste Niveau gebracht werden. Zudem hat die Regierung den Unternehmen versprochen, deren Beiträge zur Sozialversicherung ab 2020 zu senken. Das wird weitreichende Folgen für einen Großteil der Bevölkerung, auch in der Steiermark, haben.  Sollte das Ziel tatsächlich nur das Sparen an der Verwaltung sein, muss seitens der Bundesregierung eine Garantie dafür abgegeben werden, dass es für die Versicherten zu keinen Verschlechterungen kommt. Im Hinblick auf die steirischen Versicherten müsste eine solche Garantie auch im Sinne der steirischen Landesregierung und des Landtages sein.
     

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, im Zuge der geplanten Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger eine Garantie abzugeben, dass es für die Versicherten zu keinen Verschlechterungen im Hinblick auf eine potenzielle Erhöhung von Beiträgen für unselbständig Beschäftigte, die etwaige Einführung von Selbstbehalten für bisher nicht Betroffene sowie die Einschränkung von Leistungen für Versicherte kommt.

Kinderarmut bekämpfen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Laut vorliegendem Armutsbericht hat die Steiermark im Jahr 2017 verglichen mit anderen Bundesländern ein überdurchschnittliches Armutsgefährdungsrisiko von 21% bei Kindern, Jugendlichen und abhängigen Erwachsenen bis 24 Jahre, 54.000 Personen sind betroffen.

Die Familie stellt das erste unmittelbare soziale Milieu von Kindern dar, die konkreten sozialen Bedingungen der Familie prägen die Chancen ihrer Mitglieder. Kindern, die in Armut aufwachsen, stehen weniger Ressourcen und Möglichkeiten zur Verfügung, ihren weiteren Lebensweg zu gestalten.

In der Steiermark lebten im Jahre 2017 an die 51.000 armutsgefährdete Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre. In den letzten drei Jahren wuchs ihre Zahl um 14.000 Personen. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 19%. Durch die Konzentration auf Privathaushalte wird außerdem ein Teil der besonders von Armut und Ausgrenzung betroffenen Personengruppen (z.B. Kinder in Frau-enwohnheimen, Asylunterkünften etc.) nicht erfasst. Zur Kinderarmut gehört weiters, dass Eltern oft unter einem enormen Druck stehen und zu wenig Zeit und Kompetenzen für die Förderung ihrer Kinder haben. Dem entspricht, dass die durchschnittlichen Kinderbetreuungskosten in armutsgefähr-deten Haushalten (mit mindestens einem Kind bis 16 Jahre) deutlich geringer sind - mit Folgen für ihre Bildungschancen.

Dieser Tage hat die Volkshilfe Österreich ein Modell der Kindergrundsicherung präsentiert. Zwar weist Österreich vielfältige kinder- und familienbezogene Leistungen auf, diese sind aber mit unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen verbunden, was zu Intransparenz und bürokratischen Hürden für Familien führt und letztlich einem Anstieg von Kinderarmut nicht entgegenwirkt. Nach dem von der Volkshilfe vorgelegten Modell sollen alle in Österreich lebenden Kinder bis zur Volljährigkeit die Kindergrundsicherung erhalten.

Der vorliegende Armutsbericht macht deutlich, dass wirksame Maßnahmen gegen Kinderarmut dringend notwendig sind, um die Teilhabe und Entwicklung jedes Kindes zu garantieren und allenl Kindern in der Steiermark ein gelingendes Leben zu ermöglichen.   

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit allen in der Steiermark für das Kindeswohl tätigen Organisationen ein Modell zur Kindergrundsicherung auszuarbeiten.

 

Jährliche Inflationsanpassung der Familienleistungen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Laut vorliegendem Armutsbericht sind Alleinerziehende und Haushalte, in denen mindestens drei Kinder leben, mit 31 bzw. 25% überdurchschnittlich gefährdet, in die Armut abzurutschen.

Durch die laufende Teuerung verlieren staatliche Beihilfen und Auszahlungen sukzessive an Wert. Regelmäßige Inflationsanpassungen sind daher notwendig, um diesen Wertverlust ausgleichen zu können. Bei Pensionen oder Pfändungsfreigrenzen wird dies auch regelmäßig durchgeführt. Familienleistungen verlieren hingegen durch jahrelange Inflation an Wert, während die Lebenskosten stetig steigen und die Realeinkommen stagnieren.

In anderen europäischen Ländern ist es durchaus üblich, automatische Anpassungen bei den Familienleistungen vorzunehmen. So erhob die Europäische Union, dass etwa zwei Drittel der EU-Mitgliedsstaaten regelmäßig Inflationsanpassungen im Bereich der Familienleistungen durchführen. Österreich, das oft als eines der reichsten Länder der Erde gepriesen wird, gehört nicht zu diesen Staaten.

Es ist daher dringend erforderlich, eine echte Entlastung von Familien nachhaltig sicherzustellen. Eine sofortige Inflationsanpassung aller Familienleistungen, ein attraktives und familiengerechtes Steuersystem sowie eine leistbare Kinderbetreuung sind dabei erste Schritte in die richtige Richtung. Dies entspricht auch dem Gebot der Gerechtigkeit und stellt lediglich den notwendigen Verzicht auf versteckte Leistungskürzungen dar.

So hat etwa auch der ÖAAB gefordert, das Kinderbetreuungsgeld um mindestens 25 Prozent anzuheben und die jährliche automatische Inflationsanpassung beim Kinderbetreuungsgeld einzuführen (https://www.oeaab-ak.at/presse/kinderbetreuungsgeld-um-25-erh%C3%B6hen-und-wertsichern/).

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und die jährliche Inflationsanpassung der Familienleistungen, insbesondere des Kinderbetreuungsgeldes, einzufordern.

Energieabschaltungen vermeiden

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Laut vorliegendem Armutsbericht 2017 betragen bei sozial schwächeren Gesellschaftsschichten die Wohnkosten die Hälfte der verfügbaren Mittel. Vor allem bei Preiserhöhungen auf mehreren Ebenen in einem Jahr - bei Hauptmietzins, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, Heiz- und Energiekosten, Steuern - und daraus resultierenden Nachzahlungsforderungen ist bei geringem Einkommen die Existenz massiv bedroht. Eine Kältewelle trifft Menschen mit niedrigem Einkommen besonders schwer.

In Relation hat das unterste Einkommensquartil höhere Ausgaben für Energie als das oberste. Vor allem strukturelle Voraussetzungen wie lange Aufenthalte in Wohnräumen, Überbelegung, ineffiziente Elektrogeräte und längere Phasen ohne Einkommen und nicht etwa ein verschwenderischer Energiekonsum sind laut vorliegendem Bericht für höhere Energiekosten ausschlaggebend.

Tritt dann akute Zahlungsunfähigkeit ein, ist allzu häufig die Abschaltung jeglicher Energiezufuhr und in der Folge kalte und finstere Wohnungen mit nicht funktionierenden Elektrogeräten die Folge. 18.000 Personen oder 2% der Bevölkerung in der Steiermark konnten laut EU-SILC 2014 ihre „Wohnung nicht angemessen warm halten“.

Eine solche Situation ist für die Betroffenen immer eine Belastung. Gerade für Familien mit Kindern oder ältere Menschen ist es eine Katastrophe. Während einer Kältewelle sollte eine Energieabschaltung ohnehin ein Tabu sein. In den Mietverträgen der Stadt Graz wird daher das Einverständnis eingeholt, dass mit dem ersten Mahnschreiben von Energieversorgern auch die Stadt informiert wird, um möglichst rasch eine Lösung zu finden.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den steirischen Energieversorgungsunternehmen eine Lösung zu finden, um Energieabschaltungen (Strom, Gas, Wärme) insbesondere in der kalten Jahreszeit zu vermeiden.

1.700 Euro Mindestlohn

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Laut Armutsbericht des Landes waren 2017 16 Prozent der steirischen Bevölkerung oder 196.000 Personen armutsgefährdet. 2011 waren noch etwa 126.000 Personen armutsgefährdet. Die Zahl der Armutsgefährdeten hat sich somit seit 2011 um mehr als die Hälfte gesteigert.

Ohne Sozialleistungen wären 27 Prozent oder 334.000 Menschen in der Steiermark armutsgefährdet.

Daraus ist klar zu ersehen, dass die Erwerbsarbeit zunehmend ihren existenzsichernden Charakter verliert. Erwerbsarbeit schützt immer öfter nicht mehr unmittelbar vor Armut, trotz Erwerbstätigkeit sind Personen von Armut bedroht. Die aktuelle EU-SILC-Erhebung belegt den Zusammenhang zwischen zunehmender Prekarisierung am Arbeitsmarkt und steigender Armutsgefährdung. 5% der Erwerbstätigen arbeiten im Niedriglohnbereich und erreichen trotz Vollzeitarbeit keinen Bruttomonatslohn von 1640 Euro.

Das Sozialministerium stellte in seinem Sozialbereicht 2015-2016 zur Entwicklung der Reallöhne fest: „In der unteren Hälfte der Einkommen sehen wir einen dynamischen Anstieg bis zum Jahr 1996, danach eine Phase der Stagnation und seit dem Jahrtausendwechsel einen stetigen Rückgang der realen Konsummöglichkeiten.“

Laut einer WIFO-Studie gab es in den letzten zwanzig Jahren einen Produktivitätszuwachs von mehr als 20 Prozent, während hingegen die reale Lohnentwicklung netto um 3 Prozent gesunken ist.

Landesrätin Kampus hat daher ganz richtig medial gefordert: „Wir brauchen einen Mindestlohn von 1.700 Euro, damit Menschen, die 40 oder 38 Stunden arbeiten gehen, auch wirklich davon leben können“ (https://steiermark.orf.at/news/stories/2938190/, 29.09.2018).

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ein Konzept zur Umsetzung eines flächendeckenden, allgemeinen und wertgesicherten Mindestlohns in Höhe von 1.700 Euro brutto pro Monat bei Normalarbeitszeit auszuarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

Wohnunterstützung für Alleinerziehende

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP)

Der vorliegende Armutsbericht 2017 zeigt deutlich auf, dass die Anzahl der Menschen in der Steiermark, die in Armut leben oder von Armut bedroht ist, in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte von 126.000 auf 196.000 angestiegen ist (EU-SILC 2017 Tabellenband, S. 72).

Ohne Sozialleistungen wären 27 Prozent der Menschen armutsgefährdet. Auch diese Zahl ist gestiegen: Laut Armutsbericht 2015 waren 2015 ohne Sozialleistungen 25% armutsgefährdet.

Der Armutsbericht weist darauf hin, dass durch die steigenden Wohnkosten die „sichere“ Wohnversorgung von immer größeren Gruppen fraglich wird. Bei sozial schwächeren Gesellschaftsschichten betragen die Wohnkosten bis zur Hälfte der verfügbaren Mittel.

Der vorliegende Sozialbericht 2015-17 weist darauf hin, dass die durchschnittliche Anzahl der BezieherInnen von Wohnunterstützung durch die Abschaffung der Wohnbeihilfe von etwa 31.000 im Jahr 2016 auf nur mehr 20.655 im Jahr 2017 gesunken ist.

Das bedeutet, dass heute 10.000 Menschen diese notwendige Beihilfe nicht mehr erhalten. Betroffen sind durch das neue System vor allem Alleinerziehende. Diese sind, wie dem Armutsbericht zu entnehmen ist, die Gruppe, mit der höchsten Armutsgefährdung (31 Prozent!). Durch die Einberechnung von Alimenten und Familienbeihilfe bei der Wohnunterstützung kommt es vor allem bei dieser Gruppe zu nicht nachvollziehbaren Härtefällen. Die Gefahr, dass Alleinerziehende und ihre Kinder in die Armut abrutschen, wird dadurch noch gesteigert.

Geldleistungen, die allein dem Wohl der Kinder dienen, dürfen nicht in das Einkommen einberechnet werden, das über den Erhalt der Wohnunterstützung entscheidet. Alimente, Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe decken so gut wie nie die tatsächlichen familiären Ausgaben und die geringeren Einkommen von teilzeitbeschäftigten Müttern ab.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, die Durchführungsverordnung zum Stmk. Wohnunterstützungsgesetz dahingehend abzuändern, dass Geldleistungen, die allein dem Wohl der Kinder dienen, wie insbesondere Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe sowie Alimentationszahlungen bei Zahlenden und EmpfängerInnen nicht als einkommenserhöhend für die Bemessung der Wohnunterstützung gewertet werden.

Heizkostenzuschuss für alle, die ihn brauchen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Durch die neue Wohnunterstützung verlieren sehr viele Menschen, die bisher Wohnbeihilfe erhalten haben, zumindest teilweise diese finanzielle Beihilfe zu den Mietkosten. Laut vorliegendem Sozialbericht bezogen in der vergangenen Heizperiode 11.451 Haushalte den Heizkostenzuschuss. In der Heizperiode 2009/10 waren es noch 14.801 Haushalte.

Selbst der eilig eingerichtete Härtefonds ersetzt maximal 50 Prozent der wegfallenden Summe. Nun naht der Winter und diese Menschen, die ohnehin jeden Euro umdrehen müssen, werden gezwungen sein, auch beim Heizen zu sparen.    

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. den Heizkostenzuschuss unabhängig vom Bezug der Wohnunterstützung zu gewähren,
  2. den Heizkostenzuschuss einer jährlichen Indexanpassung zuzuführen und
  3. die Einkommensgrenzen für die Gewährung des Heizkostenzuschusses deutlich zu erhöhen.

Betreutes Wohnen und Tageszentren für SeniorInnen gesetzlich regeln

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP)

Betreutes Wohnen ist ein freiwilliges Förderprogramm der Landesregierung, dass auf keiner expliziten landegesetzlichen Grundlage beruht. Laut vorliegendem Sozialbericht wird es im Rahmen der sozialen Dienste gemäß Sozialhilfegesetz erbracht. Das Modell besteht seit 2006.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Einrichtungen, die betreutes Wohnen anbieten, immer weiter gestiegen: Waren es 2010 noch 584 Anbieter, so hat sich die Zahl bis 2017 auf 1591 Anbieter fast verdreifacht.

Die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft hat in der Vergangenheit das Modell in seiner Ausgestaltung kritisiert: Der Name „Betreutes Wohnen" entspreche nicht den Erwartungen der Bewohner/innen und deren Angehörigen, da er eine Betreuung impliziert, die aber in der Form nicht geleistet wird. Eine Definition von Betreutem bzw. Betreubarem Wohnen und somit eine klare Abgrenzung zu den Organisationen „Pflegeheim/Pflegeplatz" ist nicht gegeben.

Es fehlt seit 2006 eine klare gesetzliche Regelung des betreuten Wohnens. Es existiert einzig ein dreiseitiges durch die Landesverwaltung veröffentlichtes „Merkblatt“ (http://www.gesundheit.steiermark.at/cms/ziel/72574773/DE/). Die anzubietenden Serviceleistungen werden darin nicht definiert. Wie schon von der KPÖ im Jahr 2014 kritisiert, findet sich im Merkblatt unter der Überschrift „Grundserviceleistungen (obligatorisch)“ nur der lapidare Satz „Diese werden derzeit überarbeitet.“.

Betreutes Wohnen muss endlich gesetzlich geregelt werden. Zugangskriterien, die Betriebs- und Verfahrensbestimmungen und Umfang der Leistungen müssen dabei explizit festgesetzt werden. Ebenso ist eine Aufnahme in die Leistungs- und Entgeltverordnung (LEVO) mit Kontrollpflicht durch die Behörden angezeigt, sowie die Regelung der Personalausstattung. Die Kontrolle der Verwendung der Förderungsmittel durch die Landesregierung und den Landesrechnungshof muss gewährleistet sein.

Dem vorliegenden Sozialbericht ist auch die Zahl der Tagesbetreuungseinrichtungen für SeniorInnen zu entnehmen. Demnach finanziert das Land Steiermark sechs „Pilot“projekte in zwei Bezirken und in der Stadt Graz mit insgesamt 112 Tagesplätzen. Der Bedarf ist dem Vernehmen nach weitaus höher.

Leider hat es seit Jahren hier keine Weiterentwicklung gegeben. Laut Sozialbericht 2009/10 gab es schon damals sechs Tageszentren in Graz und in zwei Bezirken der Steiermark mit insgesamt 136 Tagesplätzen.

Die Bemühungen um mehr Tagesbetreuung für SeniorInnen sollte unbedingt intensiviert werden. In Zusammenhang damit müssen auch diese Einrichtungen gesetzlich geregelt werden.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen, mit der das betreute Wohnen und die Tagesbetreuung für Senioren und Seniorinnen gesetzlich geregelt, Zugangskriterien und Umfang der Leistungen explizit festgesetzt, die Kontrolle der Verwendung der Förderungsmittel durch die Landesregierung sowie die Prüfung durch den Landesrechnungshof gewährleistet werden..

 

11. Dezember 2018