Landtagssitzung 20. Juni 2017

Einbehaltung des für den Wohnbedarf reservierten Teiles der Mindestsicherung

Befragung eines Mitgliedes der Landesregierung (§ 69 GeoLT)

Nicht nur die Wohnbeihilfe wurde im vergangenen Jahr zum Nachteil der sozial Schwächsten drastisch reduziert. Auch bei der Mindestsicherung ist es zu Verschärfungen gekommen. Am härtesten treffen die neuen Regeln Obdachlose.

Ein Viertel der Mindestsicherung ist in der Steiermark für den Wohnbedarf reserviert, das sind im höchsten Fall 211 Euro pro Monat. Ein geringerer Wohnaufwand kommt in der Praxis selten vor. Wer darunter liegt, muss aufgrund einer Gesetzesänderung im Vorjahr auf Teile der Unterstützung verzichten. Betroffen sind vor allem Menschen, die in Notschlafstellen oder gar auf der Straße übernachten. Das Landesverwaltungsgericht hat dieser Praxis nun einen Riegel vorgeschoben, das Land beruft dagegen.

Die Mindestsicherung für eine alleinstehende Person beträgt 844,46 Euro, davon sind ¾ , das sind 633,34 Euro, für den Lebensbedarf und ¼, das sind 211,12 Euro, für den Wohnbedarf gedacht. Seit der Änderung des Mindestsicherungsgesetztes im September 2016 wird an Personen, die weniger als 211,12 Euro an Miete bezahlen (also hauptsächlich Menschen, die in Notschlafstellen wohnen), die entsprechend geringere Mindestsicherung ausbezahlt. Der Aufenthalt in Notschlafstellen, Frauen- und Männerheimen und Obdachlosenheimen soll vorübergehend sein, in dieser Zeit könnte Geld für eine Kaution, eine Maklergebühr und eventuell eine Ablöse angespart werden, um die Obdachlosigkeit zu beenden.

Es wird daher folgende Frage gestellt:

Sind sie nach dem Urteil des Landesverwaltungsgerichts bereit, allen Bezieherinnen und Beziehern der Mindestsicherung den Wohnbedarf wieder in voller Höhe auszuzahlen, um auch wohnungslosen Menschen die Chance auf ein künftiges reguläres Wohnverhältnis zu geben?

Konsequenzen aus dem Bericht der Volksanwaltschaft zur Präventiven Menschenrechtskontrolle 2016

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Die Volksanwaltschaft hat für den Bericht 2016 zur Präventiven Menschenrechtskontrolle den Bereich der Alten- und Pflegeheime eingehend geprüft. Zahlreiche, zum Teil gravierende Mängel, wurden festgestellt und strukturelle Probleme aufgedeckt.

Deutlich kritisiert die Volksanwaltschaft die generell zu geringe Personalausstattung und die mangelnde Betreuungsqualität in den Pflegeheimen, vor allem auch in der Nacht. Die personellen Ressourcen seien so knapp, dass die Sicherheit der BewohnerInnen nicht durchgehend gewährleistet sei.

Die Volksanwaltschaft kritisiert die Ökonomisierung der sozialen Arbeit und die Sparzwänge in der öffentlichen Debatte und fordert, die Attraktivität der Pflegeberufe zu erhöhen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Überlastung der Pflegekräfte münde in vermehrte Krankenstände, Burnout und vorzeitige Berufsaustritte und senke die Betreuungsqualität.

Es muss daher dafür Sorge getragen werden, dass in den steirischen Pflegeheimen Personal in ausreichender Zahl beim Betreiber angestellt ist und nicht auf Fremdleistungen zurückgegriffen wird. Dazu ist es notwendig, die Personalausstattungsverordnung radikal umzugestalten: Derzeit suggeriert die bestehende Regelung, dass etwa bei einem Personalschlüssel von 1:2,2 für je 2,2 KlientInnen stets eine Pflegekraft anwesend sei. Tatsächlich aber sagt der Schlüssel nur aus, dass auf 2,2 Klienten ein Vollzeitäquivalent zu rechnen ist. Damit tatsächlich zu jeder Stunde am Tag zumindest eine Pflegekraft anwesend ist, benötigt man aber 5,3 Vollzeit-Dienstposten! Zudem müsste berücksichtigt werden, dass die Beziehung zwischen Personalbedarf und Bettenanzahl nicht linear ist und kleinere Heime (10 – 25 KlientInnen) daher in Relation zu größeren Einrichtungen mehr Dienstposten für das Pflegepersonal benötigen.

Die Volksanwaltschaft fordert, dass die Aufsichtsbehörden bei ihren Kontrollen nicht nur auf strukturelle Gegebenheiten und Prozesse fokussieren sollten, sondern im Sinne einer umfassenden Qualitätskontrolle auch negative Vorfälle (Sturzereignisse, Katheterinfektionen, Freiheitsbeschränkungen etc.), sowie die Zufriedenheit der BewohnerInnen, der Angehörigen und des Personals systematisch erfassen sollte. Eine hohe Personalfluktuation sollte die Aufsichtsbehörde jedenfalls als einen alarmierenden Hinweis auf Pflegemängel verstehen. Die Anzahl der fachlich kompetenten Amtssachverständigen, sollte deutlich erhöht werden, um ausreichende Kontrollen der Heime (auch in der Nacht) zu ermöglichen.

Die freie Arztwahl sollte auch für ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen sichergestellt sein, und auch die Facharztversorgung, vor allem auch die Einbeziehung von NeurologInnen und PsychiaterInnen müsse gewährleistet sein.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. die Personalausstattung in den steirischen Pflegeheimen deutlich zu verbessern,
  2. regelmäßig eine transparente und valide Pflege-Ergebnisqualitätsbeurteilung der Pflegeheime durchzuführen,
  3. die Anzahl der Amtssachverständigen zu erhöhen und
  4. auch für ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen die freie Arztwahl und die Facharztversorgung zu gewährleisten.

Notwendige Einflussnahme des Landes zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in Graz

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Graz und Graz-Umgebung ist die am stärksten wachsende Region der Steiermark. Jeder dritte steirische Arbeitsplatz befindet sich in Graz. Über 90.000 Menschen pendeln täglich nach Graz ein, somit sind die Hälfte der Beschäftigten der Stadt Graz Einpendler. Zusätzlich pendeln etwa 40.000 Personen täglich aus Graz aus. Der Großraum Graz erstickt im Verkehr. Die Ausweitung der Zone 101 (Graz) auf die Umlandgemeinden ist daher dringend notwendig.

Der Kooperationsvertrag mit den Verkehrsunternehmen im Steirischen Verkehrsverbund enthält eine Anpassungsklausel, die es den Verkehrsunternehmen erlaubt, einmal pro Jahr eine Preiserhöhung um das 1,75-fache der Verbraucherpreisindex-Entwicklung vorzunehmen. Diese automatisierte Preiserhöhung ist in Hinblick auf die Entwicklung der durchschnittlichen Nettomonatsbezüge unselbständig Erwerbstätiger in der Steiermark untragbar. Die jährliche Anhebung der Ticketpreise führt zu einer finanziellen Mehrbelastung desjenigen Teiles der steirischen Bevölkerung, der auf die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs angewiesen ist oder diesen aus ökologischen Gründen nutzt. Die automatische Preiserhöhung im öffentlichen Verkehr muss daher beendet werden.

Dass eine Preisgestaltung der Tickets für den Öffentlichen Verkehr, die den finanziellen Möglichkeiten eines Großteiles der Steirerinnen und Steirern entgegenkommt, einen enormen Zuwachs an Fahrgästen bewirken kann, zeigte im vergangenen Jahr das Beispiel des verbilligten Jahrestickets der Holding Graz Linien in der Stadt Graz. Wurde die Jahreskarte 2014 noch von 12.000 Fahrgästen in Anspruch genommen, so erwarben im Jahr 2015 laut Bericht der Finanzdirektion der Stadt Graz 32.000 Menschen eine Jahreskarte.

SeniorInnen ab dem vollendeten 62. Lebensjahr erhalten im steirischen Verkehrsverbund Stundenkarten und 24-Stunden-Karten um rund 38 Prozent günstiger. Als Berechtigungsnachweis ist allerdings die ÖBB Vorteilscard Senior oder die ÖBB Österreichcard Senior in Verbindung mit einem Lichtbildausweis notwendig. Die Senioren-Vorteilscard kostet jährlich 29 Euro. In anderen Verkehrsverbünden sind zudem die Ermäßigungen mit der Seniorenkarte weitaus höher: VOR-neu (NÖ, Bgld.) ca. 40%, OÖVV ca. 45%, Kärnten ca. 40%.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum in Graz zusätzlich zum Lichtbildausweis eine Vorteilskarte zur Begründung der Senioren-Ermäßigung nötig ist. In Wien ist für Fahrten innerhalb des Stadtgebietes keine Vorteilscard Senior notwendig, um die Seniorenermäßigung in Anspruch zu nehmen.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass

  1. der Grund- und Finanzierungsvertrag des Steirischen Verkehrsverbundes so geändert wird, dass der jährliche Automatismus einer Erhöhung um ,75 % des Verbraucherpreisindex entfällt und die Tarifhoheit wieder im Lenkungsausschuss (dzt. Tarifausschuss der Verkehrsunternehmen) angesiedelt wird,
  2. eine Ausweitung der Zone 101 (Graz) auf die Umgebungsgemeinden von Graz erfolgt und
  3. der Tarifausschuss bzw. das Lenkungsgremium beauftragt wird, eine Entkoppelung der SeniorInnen-Ermäßigungen für die Stunden- und 24h-Karte an die ÖBB-Vorteilskarte in die Wege zu leiten.

20. Juni 2017