Landtagssitzung 24. April 2012

 

Beraterunwesen in der Landesregierung beenden

Selbstständiger Antrag der KPÖ (keine Mehrheit, gegen KPÖ und Grüne)

Der Landesrechnungshof hat 500 Aufträge an Beratungs- bzw. Consultingfirmen geprüft und ist dabei auf eine gigantische Geldverschwendung, undurchsichtige Vergabepraktiken und „übersehene Aufträge“ gestoßen. Das Gesamtvolumen der Aufträge beträgt offenbar mindestens 23 Millionen Euro! Das ist immerhin ein Drittel dessen, was das Land an Landesabgaben insgesamt einnimmt!

In Bund, Land und auch in einigen steirischen Kommunen hat sich im vergangenen Jahrzehnt ein Dschungel an Berater- und Consultingfirmen entwickelt, der immer mehr Geld verschlingt. Die Sinnhaftigkeit der Vergabe von Aufträgen an solche Firmen wird selten nachvollziehbar begründet. Die meisten Aufträge wurden für den ureigenen Bereich der Abteilungen vergeben, also für Bereiche, in denen die Fachkompetenz im Landesdienst ohnehin vorhanden ist.

Die Abteilungen des Landes müssten grundsätzlich über die Kompetenz verfügen, das jeweilige Kerngeschäft, also die Aufgaben nach der Geschäftseinteilung, selbst zu erfüllen. Im Rahmen dieser Kernkompetenz sollten externe Experten eigentlich nicht oder nur in Ausnahmefällen notwendig sein. Der Landesrechnungshof empfiehlt dementsprechend auch dringend: "Der Aufbau von internem Know-how sollte vorrangig sein und nur in Ausnahmefällen externe Experten beigezogen werden." Jedenfalls sollten auch vor der Vergabe an Externe die Kosten sorgfältig mit dem erzielbaren Nutzen verglichen werden.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,
die notwendigen Ressourcen in den Abteilungen des Landes zu schaffen, damit die Aufgabenerfüllung nach der Geschäftseinteilung von diesen selbst bewältigt werden kann,
externe Beratungsleistungen nur in den Fällen beizuziehen, in denen die Fachkompetenz in der jeweils zuständigen Abteilung tatsächlich nicht vorhanden ist und
dem Landtag jährlich einen Bericht über die von der Landesregierung oder einzelnen Regierungsmitgliedern extern vergebenen Beratungsverträgen samt Folgeaufträgen vorzulegen, in dem jeweils die genauen Kosten und der konkrete Nutzen für jeden Auftrag verzeichnet werden als auch jeweils begründet wird, warum die jeweilige Aufgabe nicht von der zuständigen Fachabteilung erfüllt werden kann.

Erweiterung des PatientInnen-Entschädigungsfonds

Entschließungsantrag (keine Mehrheit, Zustimmung durch KPÖ und Grüne)

Der PatientInnen-Entschädigungsfonds ist zweckgewidmet und für Entschädigungen jener Schäden zu verwenden, die durch die Behandlung in öffentlichen oder privaten gemeinnützigen Krankenanstalten entstanden sind, bei denen eine Haftung nicht eindeutig gegeben ist.

Der Entschädigungsfonds wurde bis zur Novelle des KALG 2006 ausschließlich von den PatientInnen der allgemeinen Gebührenklasse der Krankenanstalten finanziert. Die Novelle zur Umsetzung der Regelungen betreffend die PatientInnen der Sonderklasse trat in der Steiermark erst 2007 in Kraft. Dies, obwohl der Bund bereits im Jahr 2002 die Einbindung der SonderklassepatientInnen im Grundsatzgesetz vorgesehen hat. Laut Bundesrechnungshof hatte der Steiermärkische PatientInnen-Entschädigungsfonds dadurch einen Einnahmensverlust von rd. 800.000 EUR.

Der Betrag von 0,73 EUR täglich ist von sozialversicherten PatientInnen der allgemeinen Gebührenklasse und Sonderklasse einzuheben. Die Finanzierung des PatientInnenentschädigungsfonds erfolgt somit ausschließlich durch die PatientInnen selbst, und auch hier nur durch die stationär aufgenommenen Personen!

Anspruchsberechtigt sind jedoch alle, die in den öffentlichen oder privaten gemeinnützigen Krankenanstalten betreut werden und im Falle eines kausalen Schadens, wobei die Verschuldensfrage nicht eindeutig geklärt werden kann (z. B. einer Infektion), zum Tragen kommt. Also auch ambulante PatientInnen, mitversicherte PatientInnen und weitere Personengruppen, die laut Gesetz keinen Solidarbeitrag leisten müssen.

In den letzten Jahren hat die Zahl jener, die eine Entschädigung über den PatientInnenentschädigungfonds erhalten haben, stark zugenommen. Da die Zuerkennung von Entschädigungen aber nur nach Maßgabe der vorhandenen Finanzmittel erfolgen darf, ist die derzeitige Finanzierung des Fonds für diesen steigenden Bedarf zu gering. Derzeit ist die Deckung des Bedarfs nur durch die Beanspruchung der aus früheren Jahren übertragenen Mittel möglich, als der Fonds noch nicht so stark in Anspruch genommen wurde.

Laut Bundesgesetz (§ 27a Abs 5 KAKuG) muss der finanzielle Beitrag nur von den beitragspflichtigen PatientInnen eingehoben werden. Pharmaindustrie, HerstellerInnen von Medizinprodukten, Versicherungen, Krankenanstaltenträger, Ärzte/Ärztinnen oder andere Angehörige der Heilberufe, müssen keinen Solidarbeitrag zur Finanzierung des Entschädigungsfonds leisten.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen: Die Landesregierung wird aufgefordert an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, eine Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz vorzulegen, mit der weitere Beteiligte, wie Pharmaindustrie, HerstellerInnen von Medizinprodukten, Versicherungen, Krankenanstaltenträger, Ärzte/Ärztinnen oder andere Angehörige der Heilberufe, zur Zahlung eines Solidarbeitrages an den PatientInnenenschädigungsfonds verpflichtet werden.

Ausschreibung von Verkehrsdienstleistungen

Selbstständiger Antrag (Abgelehnt gegen KPÖ und Grüne)

Die Europäische Union hat mit der „Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße“ (kurz als PSO-Verordnung bezeichnet) nach acht Jahren kontroversen Diskussionen eine Neuregelung für die Ausschreibung bzw. Vergaben von öffentlichen Personenverkehrsdiensten geschaffen. Mit Dezember 2009 ist diese Verordnung in Kraft getreten.

Die ersten Entwürfe entsprachen noch den neoliberalen Grundsätzen, letztlich wurde aber mit der EU-VO 1370/2007 ein Vergaberahmen geschaffen, welcher auf die speziellen Erfordernisse dieses sensiblen Sektors der „Daseinsvorsorge“ Rücksicht nimmt. Die bekannten negativen Auswirkungen des britischen Liberalisierungswahnsinns haben diesen Prozess auf EU-Ebene positiv beeinflusst.

Öffentliche Verkehrsdienstleistungen können laut dieser EU-Verordnung - vorerst beschränkt auf den Bus - vom Auftraggeber in Form von Direktvergabe, als Inhouse-Vergabe an einen internen Betreiber, als Dienstleistungskonzession oder als Dienstleistungsauftrag vergeben werden.

Die Besonderheiten bei Vergaben von öffentlichen Personenverkehrsdiensten werden in der EU-Verordnung sehr konkret wie folgt angesprochen: „Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip steht es den zuständigen Behörden frei, soziale Kriterien und Qualitätskriterien festzulegen, um Qualitätsstandards für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, beispielsweise bezüglich der Mindestarbeitsbedingungen, der Fahrgastrechte, der Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität, des Umweltschutzes, der Sicherheit von Fahrgästen und Angestellten sowie bezüglich der sich aus Kollektivvereinbarungen ergebenden Verpflichtungen und anderen Vorschriften und Vereinbarungen in Bezug auf den Arbeitsplatz und den Sozialschutz an dem Ort, an dem der Dienst erbracht wird. Zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern, sollten die zuständigen Behörden besondere soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben können.“

Der Europäische Gesetzgeber hat damit die Gefahren des Sozialdumpings für diesen Bereich in bemerkenswerter Schärfe thematisiert und den Behörden auf nationalstaatlicher und regionaler Ebene die entsprechenden Instrumente an die Hand gegeben, um Sozialdumping in diesem sensiblen Bereich der „Daseinsvorsorge“ verhindern zu können.

Auch betreffend Übergangsfristen und Spielräume, inwieweit eine Ausschreibung überhaupt notwendig ist und welche Alternativen es dazu gibt, ermöglicht diese EU-Verordnung neue Handlungsspielräume – Bundesländer wie Tirol und Vorarlberg nutzen diese Spielräume jedenfalls in diesem Sinne.

Die Möglichkeiten derartige Kriterien zur Verhinderung von Sozialdumping sind mit dem allgemeinen vergabegesetzlichen Grundlagen (Bundes- und Landesvergabegesetz) kaum entsprechend zu berücksichtigen. Eigentlich handelt es sich beim Bundes- und Landesvergabegesetz nun nach Inkrafttreten der PSO-Verordnung um ein nicht mehr adäquates Verfahren zur Vergabe von Verkehrsdienstleistungen im öffentlichen Verkehr.

Das Land Steiermark fasste den Beschluss, öffentliche Busleistungen als Dienstleistungsaufträge nach Linienbündeln auszuschreiben. Laut PSO-Verordnung muss in diesem Fall der Dienstleistungsauftrag nun nicht an den Billigstbieter vergeben werden, sondern kann auch an den Bestbieter gehen. Der öffentliche Auftraggeber, das Land Steiermark, kann somit soziale Kriterien und Qualitätskriterien festlegen, um die Standards für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auf hohem Niveau zu halten. Diese beinhalten unter anderem Mindestarbeitsbedingungen, Fahrgastrechte, die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität, Umweltschutz, Sicherheit von Fahrgästen und des Personals sowie Kriterien bezüglich Arbeitsplatzgestaltung.

Es ist daher angebracht, in die Kriterien für kommende Ausschreibungen von öffentlichen Verkehrsdienstleistungen entsprechend der Möglichkeiten der PSO-Verordnung auch Sozial- und Qualitätskriterien aufzunehmen.
Die von den Aufgabenträgern verwendeten Mittel sind Steuermittel; die Leistungen werden für die SteuerzahlerInnen bereitgestellt. Öffentliche Verkehrsleistungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge, vor allem im ländlichen Raum. Mit Steuergeld darf kein Lohn- oder Sozialdumping unterstützt werden!

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, in Hinkunft dem Thema Sozialkriterien bei Leistungsbeschaffungen bzw. Ausschreibungen für den öffentlichen Kraftfahrlinienverkehr einen höheren Stellenwert einzuräumen, die Möglichkeiten des EU-Rechts, insbesondere der EU-Verordnung 1370/2007, im Sinne der MitarbeiterInnen und Fahrgäste im Personennahverkehr zu nützen und in diesem Sinne für die Ausschreibung von öffentlichen Busleistungen einen verpflichtenden Katalog von Sozial- und Qualtitätskriterien unter Mitwirkung der Sozialpartner auszuarbeiten und diesen zur Grundlage für Vergaben in diesem Bereich zu machen.

25. April 2012