Landtagssitzung 18. Juni 2013

 

Befristete Bestellung von SchulleiterInnen

Entschließungsantrag (Abgelehnt von SPÖ, ÖVP)

Die Leitungspersönlichkeit einer Schule hat unbestrittenermaßen einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität und auch das Klima an einer Schule. Trotz unleugbarer Bemühungen um eine Objektivierung der DirektorInnenbestellung und leichter Verbesserungen bei der Transparenz des Verfahrens ist es nach wie vor so, dass die Besetzungen besonders Leitungsfunktionen im Schulbereich stark parteipolitisch motiviert sind.

 

Einen großen Schritt zur Verbesserung der Situation würde vor allem auch eine befristete Bestellung der DirektorInnen bedeuten. Nach jeweils vier bis fünf Jahren sollte die Stelle gänzlich neu ausgeschrieben werden, wobei Wiederbestellungen der bisherigen LeiterInnen möglich sein sollen. Diese und ähnlich gestaltete Forderungen nach einer zunächst befristeten Bestellung mit anschließender Verlängerung bei Bewährung des oder der SchulleiterIn stehen bereits seit Jahren zur Diskussion.  

 

Hiezu wurde seinerzeit von der Fachabteilung 6B Folgendes zu einer der diesbezüglichen Initiativen ausgeführt:

 

"Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, BGBl. Nr. 302, in der geltenden Fassung, das in den §§ 26 und 26a die gesetzlichen Grundlagen für das Leiterbestellungsverfahren schafft, hat seine verfassungsrechtliche Grundlage im Art 14 Abs. 2 B-VG. Dieser bestimmt, dass in Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrerinnen und Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, soweit im Abs. 4 lit. a nichts anderes bestimmt ist, die Gesetzgebung Bundessache und die Vollziehung Landessache ist. In diesen Bundesgesetzen kann die Landesregierung jedoch ermächtigt werden, zu genau zu bezeichnenden einzelnen Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.
Generell ist bei der Bestellung von Schulleiterinnen und Schulleitern zwischen der erstmaligen befristeten Bestellung und der unbefristeten Bestellung nach einer vierjährigen Probezeit, in der sich die Leiterin oder der Leiter zu bewähren hat, zu unterscheiden.

 

Den verfassungsrechtlichen Grundlagen entsprechend wurden durch die Novellierung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302, durch das Bundesgesetz BGBl. I  Nr. 329/1999, die Länder und die Schulbehörden des Bundes ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zum Leiterbestellungsverfahren zu erlassen. So bestimmt § 26 Abs. 6, dass die Landesgesetzgebung hiezu nähere Bestimmungen erlassen kann, wobei zusätzliche Auswahlkriterien festgelegt werden können. Weiters können die vorschlagsberechtigten Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern nähere Bestimmungen sowie zusätzliche Auswahlkriterien durch Richtlinien für die Erstellung der Besetzungsvorschläge festlegen, wobei allfällige landesgesetzliche Vorschriften zu beachten sind. […] Und weiter: Mit diesen ausführungsgesetzlichen Regelungen zum Leiterbestellungsverfahren hat das Land Steiermark den in der Bundesverfassung vorgesehenen Gestaltungsspielraum im Bereich des Dienst- und Personalvertretungsrechtes der Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Pflichtschulen für die Landesgesetzgebung ausgeschöpft. Für weitergehende landesgesetzliche Regelungen fehlt die verfassungsrechtliche Grundlage.

 

Das B-VG bestimmt außerdem im letzten Satz zum Art. 14 Abs. 2 ausdrücklich, dass Durchführungsverordnungen zu diesen Bundesgesetzen vom Bund zu erlassen sind, soweit darin nicht anderes bestimmt ist. Die derzeitigen Regelungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, in der geltenden Fassung, sehen keine Verordnungsermächtigung der Länder beim Leiterbestellungsverfahren bzw. hinsichtlich Feststellung der Bewährung oder Nichtbewährung von Schulleiterinnen und Schulleitern nach der vierjährigen Probezeit vor.
[…] Wünschenswert aus ha. Sicht wäre allerdings eine Änderung der bisherigen bundesgesetzlichen Regelung hinsichtlich der Weiterverwendung von SchulleiterInnen nach der vierjährigen befristeten Bestellung (§ 26a Abs. 3 LDG). Die derzeitige automatische unbefristete Weiterverwendung, wenn der/dem SchulleiterIn nicht drei Monate vor Ablauf der Befristung die Nichtbewährung mitgeteilt wird, sollte aufgehoben werden. Anstelle dieser Bestimmung sollte die unbefristete Weiterverwendung durch eine Entscheidung des Dienstgebers nach Einholung der schon bisher vorgesehenen Gutachten aufgrund eines Bescheides vorgesehen werden. Sollte ein derartiger Ausspruch der unbefristeten Bestellung nicht erfolgen, endet die Verwendung als SchulleiterIn. Eine derartige gesetzliche Änderung kann aber nicht durch die Landesgesetzgebung erfolgen, sondern erfordert eine bundesweite Regelung seitens des Bundesgesetzgebers."

 

Man sollte die Gelegenheit, anlässlich der gegenständlichen Novelle der landesgesetzlichen Grundlage auch an den Bundesgesetzgeber heranzutreten um auch betreffen die Befristung von LeiterInnenposten angeht zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen.

 

Es wird daher der Antrag gestellt:Der Landtag wolle beschließen:
 
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und von dieser eine Änderung der bisherigen bundesgesetzlichen Regelung hinsichtlich der Weiterverwendung von SchulleiterInnen nach der vierjährigen befristeten Bestellung einzufordern, wodurch die derzeitige automatische unbefristete Weiterverwendung, wenn der/dem SchulleiterIn nicht drei Monate vor Ablauf der Befristung die Nichtbewährung mitgeteilt wird, aufgehoben wird. Anstelle dieser Bestimmung sollte die unbefristete Weiterverwendung durch eine Entscheidung des Dienstgebers nach Einholung der schon bisher vorgesehenen Gutachten aufgrund eines Bescheides vorgesehen werden. Sollte ein derartiger Ausspruch der unbefristeten Bestellung nicht erfolgen, endet die Verwendung als SchulleiterIn.

Lücken und Ausnahmen für PolitikerInnen und ManagerInnen im Korruptionsstrafrecht beseitigen

Entschließungsantrag (wird in einem Unterausschuss behandelt)

Korruption in Österreich war lange Zeit ein Phänomen, dessen Ausmaß und Verbreitung von der politischen Elite verharmlost oder geleugnet wurde.

 

Dies spiegelte sich auch in der Gesetzgebung der letzten Jahre wider. Die letzte Reform der Anti-Korruptionsbestimmungen stellte sogar einen deutlichen Rückschritt bei der effizienteren Bekämpfung von Bestechung und Bestechlichkeit im öffentlichen und privaten Bereich dar. Die Umsetzung entsprechender Verpflichtungen aus internationalen Übereinkommen zur Korruptionsbekämpfung, insbesondere im Bereich der Parteienfinanzierung, ist bereits vor Jahren zum Stillstand gekommen.

 

Seit mehreren Monaten erschüttert eine nicht abreißende Kette von Korruptionsskandalen die österreichische Politik, in die eine verblüffend große Anzahl von PolitikerInnen, SpitzenbeamtInnen und Managern staatsnaher Betriebe verwickelt sind. Manche der zuletzt öffentlich gewordenen Affären sind Gegenstand von Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es ist aber davon auszugehen, dass ein Großteil davon nie aufgeklärt und die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, da zahlreiche Formen von Korruption nach geltender Rechtslage nicht einmal strafbar sind.

 

Mit dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009 (KorrStrÄG 2009) wurde eine ganze Reihe wichtiger Errungenschaften des erst zwei Jahre zuvor reformierten Korruptionsstrafrechts auf Druck von Lobbyisten wieder zurückgenommen oder entschärft. Der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008 (StrÄG 2008) vereinheitlichte Tatbestand der verbotenen Geschenkannahme  304 Abs 1 StGB aF wurde je nach Zielsetzung eines pflichtwidrigen oder pflichtgemäßen Amtsgeschäfts getrennt, an die Stelle des ,,Anfütterns“ trat ein (entschärfter) Tatbestand, der keine Handhabe mehr gegen die Korrumpierung von Amtsträgern durch Gefälligkeiten ohne konkrete Gegenleistung bietet.

 

Durch Neudefinition des Amtsträgerbegriffes wurde Bestechlichkeit und Vorteilsannahme inländischer MandatsträgerInnen, also Abgeordnete zum Nationalrat, Mitglieder des Bundesrates und der Landtage genauso wie GemeinderätInnen, beinahe gänzlich einer strafrechtlichen Prüfung entzogen: Dem strafrechtlichen Amtsträgerbegriff unterliegen inländische Abgeordnete oder Gemeinderäte nämlich nur in einer Wahl oder Abstimmung bzw. in Ausübung der in den Vorschriften über die Geschäftsordnung des Vertretungskörpers festgelegten Pflichten (etwa zur Teilnahme an Sitzungen). Der wesentlich bedeutendere Bereich der Inanspruchnahme geschäftsordnungsmäßiger Rechte bleibt ausgenommen.

 

Ein Abgeordneter etwa, der im Interesse von Unternehmen oder Institutionen gegen Vorteilszuwendung parlamentarische Anfragen stellt, handelt schon definitionsgemäß nicht als Amtsträger. Allerdings sind hier Mitglieder inländischer Vertretungskörper unverständlicherweise bevorzugt. Ein österreichischer Abgeordneter zum EU-Parlament etwa, der von einem Lobbyisten für die Ausübung eines ihm geschäftsordnungsgemäß zustehenden Rechts einen Vorteil fordert, unterliegt der strafrechtlichen Prüfung nach § 304 ff StGB; identes Verhalten eines inländischen Parlamentariers ist derzeit nicht strafbar.

 

Durch Einschränkung des Amtsträgerbegriffes auf Organe von Rechtsträgern, die überwiegend Leistungen für die Verwaltung der Gebietskörperschaften bzw. andere Institutionen der öffentlichen Hand erbringen, ist das Korruptionsstrafrecht auf bedeutsame staatsnahe Unternehmen wie ASFINAG, Post AG, ÖBB-Holding oder ORF nicht anwendbar.

 

Das Ziel, Korruption in jeder Form unter Strafe zu stellen und alle in Frage kommenden TäterInnengruppen möglichst lückenlos einzubeziehen, ist noch lange nicht erreicht, man hat sich in Österreich zuletzt sogar wieder ein Stück von ihm entfernt.

 

Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, dem Bundesgesetzgeber ehestmöglich eine Novelle des Korruptionsstrafrechtes vorzulegen, mit dem

 

1. die Einschränkungen des Amtsträgerbegriffes bei Mitgliedern eines inländischen verfassungsmäßigen Vertretungskörpers gem. § 74  Abs. 1 Z 4a StGB beseitigt werden, um das Verbot von Bestechlichkeit und Vorteilnahme auf alle Aspekte ihres politischen Handelns auszudehnen,

 

2. der Amtsträgerbegriff gem. in § 74  Abs. 1 Z 4d  StGB auch auf Organe von Rechtsträgern ausgedehnt wird, die nicht überwiegend Leistungen für die Verwaltung erbringen, um leitende Angestellte und MitarbeiterInnen aller Unternehmen, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden oder deren Gebarung der Überprüfung durch den Rechnungshof unterliegt, dem Korruptionsstrafrecht zu unterwerfen,

 

3. wieder ein einheitlicher Tatbestand der verbotenen Geschenkannahme entsprechend der Rechtslage vor Inkrafttreten des KorrStrÄG 2009 eingeführt wird, der alle Formen der Geschenkannahme durch Beamte  und Amtsträger inklusive des Verbotes des sog. „Anfütterns“ umfasst.


 

Anerkennung von Abschlüssen und Schulzeiten facheinschlägiger berufsbildender Schulen

Entschließungsantrag (keine Mehrheit)

In der Steiermark besteht ein vielfältiges Angebot an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS). Zu diesen zählen vor allem die
  • technisch-gewerblichen Schulen (HTL, BULME) mit ca. 8.500 SchülerInnen
  • wirtschaftsberufliche und humanberufliche Schulen mit ca. 6.200 SchülerInnen 
  • kaufmännischen Schulen (HAK/HAS) mit ca. 6.400 SchülerInnen.

 

Insgesamt besuchen mehr als 21.000 SchülerInnen in der Steiermark diese Schulen. Sie erwarten sich nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung adäquate Bedingungen für ihren Einstieg ins Berufsleben.

 

Durch eine Verordnung zu § 28 BAG wurde bis 1993 die Anrechnung von Schulzeiten auf Lehrzeiten und der Ersatz der Lehrabschlussprüfung genau geregelt. Dies garantierte den Betroffenen Rechtssicherheit und verhinderte, dass die Ausbildungszeit nicht unnötig verlängert wurde. Durch Änderung des Berufsausbildungsgesetzes 1993 wurde der Lehrabschlussprüfungsersatz generell gestrichen. Es verblieb somit nur die Anrechnung Schulzeit-Lehrzeit. Die entsprechende Verordnung des Wirtschaftsministeriums ist seit 1993 nicht mehr aktualisiert worden und stellt heute totes Recht dar.

 

Derzeit stellt der Abschluss einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule keinen Ersatz für die Lehrabschlussprüfung dar. Eine Anrechnung von Schulzeiten auf Lehrzeiten kann nur durch einen Beschluss im Landes-Berufsausbildungsbeirat erfolgen. Die Anrechnung ist somit nicht garantiert, der Antrag muss zudem vom ausbildenden Unternehmen gestellt werden. Überdies ist die Anrechnung auf die Hälfte der Lehrzeit begrenzt.

 

Dies führt dazu, dass AbsolventInnen berufsbildender mittlerer und höherer Schulen trotz erfolgreichem Schulabschluss in eine volle Lehrausbildung gedrängt werden. Eltern und Jugendliche stehen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt unter massiven Druck und müssen solchen Forderungen meist zustimmen. Die doppelte Ausbildung ist weder ökonomisch vernünftig noch bildungspolitisch akzeptabel.  Gut ausgebildete Jugendliche werden als Billigarbeitskräfte missbraucht; zudem erhalten die Lehrberechtigten für diese "Lehrlinge" hohe Förderungen.

 

Zum Schutz junger ArbeitnehmerInnen ist in diesem Sinne eine Neuformulierung des § 28 BAG sowie die Erlassung einer entsprechenden Verordnung zu fordern, in der klar definiert wird, welche Schulabschlüsse welche Lehrabschlüsse und Lehrjahre und welche Schulzeiten welche Lehrzeiten ersetzen.

 

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:
 
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, folgende Novellen auszuarbeiten bzw. dem Nationalrat für folgende Änderungen entsprechende Novellen zur Beschlussfassung vorzulegen:
  1. Änderung der §§ 28 und 34a BAG mit dem Ziel, dass die Abschlüsse der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit facheinschlägigen Lehrabschlüssen gleichgehalten werden und dieselben Rechtsfolge damit verbunden sind,
  2. Novellierung des Schulorganisationsgesetzes mit dem Ziel, dass Lehrzeiten bzw. Lehrabschlussprüfungen auf Schulzeiten in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen anzurechnen und
  3. eine neue Verordnung zu § 28 BAG zu erlassen, die das Ausmaß der Anrechnung von Schulzeiten regelt.


 

Drohende Privatisierung der Daseinsvorsorge sowie Lohn- und Sozialdumping durch geplante EU-Richtlinie

Entschließungsantrag (nur KPÖ)

Der Vorschlag der EU-Kommission mit dem Titel "Richtlinie für Bau- und Dienstleistungskonzessionen", KOM (2011) 897) vom 20.12.2011 stellt den Versuch einer versteckten Privatisierung der Daseinsvorsorge dar. Der Binnenmarkt soll nun völlig liberalisiert werden und auch das lebenswichtige Gut Wasser soll nicht ausgenommen werden. Die Kommission ist nämlich überzeugt, dass "die Privatisierung von öffentlichen Versorgungsunternehmen, inklusive der Wasserversorger, Vorteile für die Gesellschaft bringe ... und dazu beitrage, öffentliche Schulden zu reduzieren", wie sie selbst in einem Brief vom 26.9.2012 an eine Gruppe von NGOs ausführt.

 

Konkret schlägt die Kommission vor, dass Kommunen ihre Leistungen unter bestimmten Umständen ausschreiben müssen, etwa wenn sie über Stadt- und Gemeindegrenzen hinweg zusammenarbeiten oder wenn private Unternehmen an städtischen Dienstleistungen beteiligt sind. Betroffen sind alle Bereiche der Daseinsvorsorge wie Energie, Abfall, Gesundheitsdienste, Wasserver- und -entsorgung, Verkehr oder auch die Straßenreinigung. Rechtlich problematisch kann die Situation werden, wenn die Leistungen von ausgegliederten Unternehmen der Gemeinde besorgt werden.

 

Doch gerade mit der Privatisierung der Wasserversorgung hat man in anderen Ländern schlechte Erfahrungen gemacht. Unter der Beteiligung von Privaten hat sich die Wasserversorgung verschlechtert und teilweise gesundheitlich bedenkliche Qualität erreicht.  Paris und Berlin sind daher gerade dabei, die Wasserversorgung wieder zu rekommunalisieren, nachdem etwa in Berlin seit der Privatisierung im Jahr 1999 der Wasserpreis um 15 Prozent angestiegen ist. London hat seit der Privatisierung vor 13 Jahren mit großen Wasserverlusten (20 Prozent) durch defekte Leitungen zu kämpfen, wobei auch dort die Wasserpreise nach einer kurzfristigen Senkung ebenfalls gestiegen sind.

 

Weitere Auswirkung der Richtlinie ist, dass bei kommunalen Leistungen das Vorsteuerverfahren verändert wird und künftig Mehrwertsteuer berechnet werden müsste, wodurch die kommunalen Leistungen verteuert und interkommunale Zusammenarbeit weiter erschwert wird.

 

Mit dieser Richtlinie und den darin enthaltenen Eingriffen in die Organisationshoheit der Behörden befindet sich die Kommission im Gegensatz zu einer Reihe von Bestimmungen des Lissabon-Vertrages. Der Richtlinienentwurf widerspricht völlig dem Subsidiaritätsprinzip der EU, das besagt, dass Entscheidungen möglichst bürgernahe getroffen werden sollen.

 

Er widerspricht auch Grundsätzen des EU-Vertrages, wie der Verpflichtung, die nationale Identität der Mitgliedsstaaten zu achten (Art. 4 Abs. 2 EUV), die Eigentumsordnung in den Mitgliedsstaaten unberührt zu lassen (Art. 345 AEUV) und in Bezug auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse einen weiten Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage zu gewähren, wie diese Dienste den Bedürfnissen der NutzerInnen entsprechend zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind.
Dienstleistungskonzessionen, mit denen staatliche oder kommunale Aufgaben an Privatunternehmen übertragen werden, stehen regelmäßig in Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Daseinsvorsorge) und sind daher besonders sensibel. Deren besondere Bedeutung für den sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Union wird auch durch das Europäische Primärrecht hervorgehoben (Art 14 AEUV, Art. 1 Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse). Ohne auf diese primärrechtliche Vorgabe einzugehen, begründet die Kommission die Notwendigkeit eines Rechtsaktes ausschließlich mit Gründen der Marktöffnung. Der eigentliche Zweck der öffentlichen Dienstleistung - nämlich den BürgerInnen einen allgemeinen, diskriminierungsfreien, flächendeckenden und erschwinglichen Zugang zu den Leistungen der Daseinsvorsorge zu gewähren - findet im Richtlinienvorschlag keine Berücksichtigung.

 

Die Bestimmungen der Europäischen Verträge und die kommunale Selbstverwaltung werden durch den Richtlinienvorschlag beeinträchtigt. Die Vorgaben des Richtlinienentwurfs stellen diese Prinzipien in Frage. Sie erklären vielmehr die kommunale Gestaltungsfreiheit zur Ausnahmesituation. Die Direktvergabe von Dienstleistungskonzessionen wird unterbunden. Damit gerät die interkommunale Zusammenarbeit unter Druck.
Der Vergabevorgang soll zusätzlich verrechtlicht werden. Damit entsteht aber nicht mehr Rechtssicherheit, sondern vor allem eine Einschränkung kommunaler Handlungsspielräume in Bezug auf Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten, gerade in Kernbereichen kommunaler Daseinsvorsorge (Wasserver- und -entsorgung, Abfall, Energie, Verkehr) und ein zunehmend intransparenter bürokratischer Vorschriften-Dschungel, der teure Verwaltungsverfahren nach sich ziehen wird.
Die Möglichkeiten, soziale Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorzuschreiben wird weiter eingeschränkt.

 

In drei Resolutionen (14.1.2004, 10.3.2004, 31.5.2006) hat das Europäische Parlament beschlossen, dass der Wassersektor nicht liberalisiert werden soll und daher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie über Dienstleistungskonzessionen fallen darf. Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3.7.2012 besagt, dass der Zugang zu Wasser ein universelles Grundrecht sein soll.

 

Dieser Richtlinienentwurf will die Öffnung der öffentlichen Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch der Wasserversorgung für den privaten Markt erzwingen. Nutznießer werden alleine internationale Konzerne sein, die Bevölkerung wird die Zeche bezahlen.
Der Richtlinienentwurf ist daher in der vorliegenden Form abzulehnen.

 

  • Zu fordern ist, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Vor allem die Bereiche der öffentlichen Infrastruktur (Wasser, Energie, Verkehr, Abfall), der sozialen Sicherheit (Sozialversicherung, Gesundheitswesen), Kultur und andere sensitive  Bereiche (Services of General (Economic) Interest) müssen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen werden.
  • Es muss sichergestellt sein, dass die Anwendung der jeweilig geltenden Kollektivverträge, sowie aller arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen in allen Phasen des Vergabeverfahrens zwingende Voraussetzung für eine Auftragsvergabe sind, um Lohn- und Sozialdumping zu unterbinden. Systematische Verstöße gegen nationale arbeits-, sozial- und umweltrechtliche Vorschriften müssen zum Ausschluss von der Konzessionsvergabe führen.
  • Konzessionsvergaben müssen verbindlich an soziale und ökologische Kriterien gebunden werden. Soziale und beschäftigungspolitische Kriterien, wie Frauenförderung, Integration benachteiligter Gruppen am Arbeitsmarkt, Arbeitsbedingungen oder externe Kosten, wie beispielsweise Umweltkosten, müssen berücksichtigt werden.

Da davon auszugehen ist, dass der EU-Ministerrat in das Verfahren einbezogen wird, gibt es die Möglichkeit für die Bundesregierung, Einfluss auf den Prozess zu nehmen.

 

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:
  1. Der Landtag Steiermark spricht sich gegen die Erlassung der Richtlinie in der vorliegenden Fassung aus und fordert die Herausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge, die zwingende Berücksichtigung aller nationalen sozial-, arbeits- und umweltrechtlichen Bestimmungen sowie Kollektivverträge und die Aufnahme von verbindlichen sozial verträglichen und ökologischen Zuschlagskriterien.
  2. Die Landesregierung möge an die Bundesregierung mit dem Ersuchen herantreten, sich in der gebotenen Form gegen die Erlassung der Richtlinie für Bau- und Dienstleistungskonzessionen in der vorliegenden Form auszusprechen, den vorliegenden Richtlinienentwurf abzulehnen und die Herausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge, die zwingende Berücksichtigung aller nationalen sozial-, arbeits- und umweltrechtlichen Bestimmungen und Kollektivverträge und die Aufnahme von verbindlichen sozial verträglichen und ökologischen Zuschlagskriterien zu fordern.

Landespflegezentrum Kindberg

Entschließungsantrag (Abgelehnt von SPÖ, ÖVP)

Die KPÖ bekennt sich, wie stets in der Vergangenheit, zur Fortführung und zur Weiterentwicklung der vier steiermärkischen Landespflegezentren als wesentliche Säule des öffentlichen Angebotes an stationären Pflegeplätzen.

 

Dies umfasst selbstverständlich auch das ergreifen notwendiger Baumaßnahmen die sicherstellen, dass die bestehenden Standorte den gesetzlich geforderten Standards was die Unterbringung, Betreuung und Verpflegung der HeimbewohnerInnen, sowie die Erfüllung der entsprechenden hygienischen, pflegerischen, bzw. technischen und brandschutzrelevanten Normen betrifft.

 

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:
 
Die Landesregierung wird aufgefordert, die zur Beschlussfassung vorliegende Regierungsvorlage vorgesehenen Baumaßnahmen dahingehend zu modifizieren, dass anstelle einer Verlagerung des Betriebes nach Mürzzuschlag eine adäquate Sanierung des LPZ Kindberg vorzusehen wäre, und zwar solcherart, dass damit die Fortführung dieses Standortes aufgrund der geltenden gesetzlichen Grundlangen möglich wäre, und dem Landtag ehestmöglich vorzulegen.

19. Juni 2013