Landtagssitzung 17. Jänner 2012

 

Bundesgesetzliche Änderungen bei der Bestellung von SchulleiterInnen

Entschließungsantrag Grüne und KPÖ (keine Mehrheit, Zustimmung durch KPÖ, Grüne, FPÖ)

Mit Beschluss des Ausschusses für Bildung, Schule, Kinderbetreuung und Sport vom 20. September 2011 wurde die Steiermärkische Landesregierung aufgefordert,im Verordnungswege einen klaren Kriterienkatalog für die befristete Bestellung bzw. Definitivbestellung zur Leiterin/zum Leiter einer Schule zu erstellen, der durch eine deutlichere Beschreibung der Kompetenzen eine sachlich begründete und genaue Einschätzung der Eignung ermöglicht, zu gewährleisten, dass die Stellungnahme des Schulforums, wie auch der Personalvertretung und die Gutachten der Bezirks- und Landesschulratsbehörde als Kollegialorgane sich nach diesem Katalog richten und maßgeblich in die Entscheidungen einbezogen werden, und die Entscheidung dem Schulforum, der Personalvertretung und der Bezirksschulbehörde gegenüber zu begründen.

Der Abgeordnetenantrag wird folgendermaßen begründet: „Im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und im Landeslehrer-Dienstrechts-Ausführungsgesetz 1998 wird festgehalten, welche Fähigkeiten Personen aufweisen müssen, die mit der Leitung einer Schule betreut (richtigerweise: betraut) werden: „die fachlich-pädagogische Eignung, die Eignung zur Mitarbeiterführung, wie z.B. Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, die soziale Kompetenz und die Organisationsfähigkeit“ (LDAG). „Der Schulleiter hat drauf zu achten, dass alle an der Schule tätigen LehrerInnen ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat sie dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen“ (LDG).

Auch das Schulunterrichtsgesetz 1986 beschreibt den Schulleiter als „… der unmittelbare Vorgesetzte aller an der Schule tätigen Lehrer und sonstigen Bediensteten. Ihm obliegt die Leitung der Schule und die Pflege der Verbindung zwischen Schule, den Schülern und den Erziehungsberechtigten, bei Berufsschulen auch den Lehrberechtigten. Der Schulleiter hat die Lehrer in ihrer Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu beraten und sich vom Stand des Unterrichts und von den Leistungen der Schüler regelmäßig zu überzeugen.“

Die gesetzlichen Grundlagen umschreiben also die Anforderungen an bzw. Pflichten von LeiterInnen in groben Zügen. Ab wann ein/e Schulleiter/in tatsächlich nicht genug Fähigkeiten für ihre Funktion mitbringt, ist nirgends genauer beschrieben.

Ein Anlassfall im Mai 2011 zeigte, dass die Gesetzesbestimmungen offensichtlich nicht ausreichend genau formuliert sind, um der Schulbehörde selbst einen klaren Rahmen für Entscheidungen zu liefern. Ein Schulleiter sollte definitiv bestellt werden, obwohl das Schulforum und der Bezirksschulrat ein negatives Gutachten bzw. einen deutlich ablehnenden Beschluss gefällt hatten. Auch die LehrerInnen hatten Stellung genommen und eine Fülle an Kritikpunkten angeführt.  Es zeichnete sich ab, dass nichts davon von der Schulbehörde als ausreichend angesehen wurde – obwohl die Behörde selbst durch Aussagen und ihr Handeln auf die vorhandenen Probleme bestätigend reagierte. Der Landesschulinspektor z.B. übernahm die Hospitation der LehrerInnen, was zu den Aufgaben des Schulleiters gehört hatte, und nahm an Konferenzen teil.

Erst das nachhaltige Bemühen der Eltern um Kenntnisnahme der Probleme durch die Landesregierung und den Landesschulrat und eine öffentliche Berichterstattung führten dazu, dass die zuständige Landesrätin sich an Ort und Stelle informierte und die Entscheidung in letzter Sekunde doch anders ausfiel, als vorher bereits mündlich kommuniziert worden war. Der Schulleiter wurde nicht definitiv bestellt und wird die Schule mit Ende des Schuljahres verlassen. Dass hier einmal die Stellungnahmen der Eltern und LehrerInnen, wie auch des Bezirksschulrates gehört wurden und den Ausschlag gaben für eine Entscheidung, ist einzigartig und macht Hoffnung auf mehr sachlich fundierte LeiterInnenentscheidungen als bisher. Die Landesrätin bestätigte dies selbst, indem sie unaufgefordert öffentlich von einem Präzendenzfall sprach. Noch wenige Tage zuvor hatte es z.B. aus dem Büro der Landesrätin geheißen, solange sich ein/e Leiter/in nicht eines strafrechtlich relevanten Vergehens schuldig mache, sei eine Defintiv-Bestellung nicht abzulehnen.

Nachdem nun offensichtlich wurde, dass die Grundlagen für entsprechende Entscheidungen zu wenig handlungsleitend sind, sollen die für die Führung einer Schule nötigen Kompetenzen so klar wie möglich beschrieben werden, um eine sachliche Einschätzung anhand dieser Kriterien vornehmen zu können. Dies soll für die Landesbehörde selbst, für den Bezirksschulrat und das Schulforum zu einem Kriterienkatalog führen, der durch genaue Beschreibungen eine qualifizierte und aussagekräftige Einschätzung erlaubt. Auch Gremien sind damit aufgerufen, anhand dieses Kriterienkatalogs zu begründen, wie sie zur Bestellung einer Leiterin/eines Leiters stehen. Die Bewertungen des Schulforums können dann ebenso gründlich und verlässlich in die Gesamtbewertung einbezogen werden wie jene des Bezirksschulrates und des Landessschulrates. Dann ist es auch  nicht mehr nötig, dass sich Elterngruppen öffentlich an EntscheidungsträgerInnen wenden müssen, um wahrgenommen zu werden.“

Hiezu wird von der Fachabteilung 6B Folgendes ausgeführt:

ad 1) Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, BGBl. Nr. 302, in der geltenden Fassung, das in den §§ 26 und 26a die gesetzlichen Grundlagen für das Leiterbestellungsverfahren schafft, hat seine verfassungsrechtliche Grundlage im Art 14 Abs. 2 B-VG. Dieser bestimmt, dass in Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrerinnen und Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, soweit im Abs. 4 lit. a nichts anderes bestimmt ist, die Gesetzgebung Bundessache und die Vollziehung Landessache ist. In diesen Bundesgesetzen kann die Landesregierung jedoch ermächtigt werden, zu genau zu bezeichnenden einzelnen Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Generell ist bei der Bestellung von Schulleiterinnen und Schulleitern zwischen der erstmaligen befristeten Bestellung und der unbefristeten Bestellung nach einer vierjährigen Probezeit, in der sich die Leiterin oder der Leiter zu bewähren hat, zu unterscheiden. Den verfassungsrechtlichen Grundlagen entsprechend wurden durch die Novellierung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302, durch das Bundesgesetz BGBl. I  Nr. 329/1999, die Länder und die Schulbehörden des Bundes ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zum Leiterbestellungsverfahren zu erlassen. So bestimmt § 26 Abs. 6, dass die Landesgesetzgebung hiezu nähere Bestimmungen erlassen kann, wobei zusätzliche Auswahlkriterien festgelegt werden können. Weiters können die vorschlagsberechtigten Kollegien der Schulbehörden des Bundes in den Ländern nähere Bestimmungen sowie zusätzliche Auswahlkriterien durch Richtlinien für die Erstellung der Besetzungsvorschläge festlegen, wobei allfällige landesgesetzliche Vorschriften zu beachten sind. Diese Kann-Bestimmungen wurden durch das Steiermärkische Landeslehrer-Dienstrechts-Ausführungsgesetz 1998, LGBl. Nr. 55, in der Fassung LGBl. Nr. 52/2001, und die Richtlinien des Kollegiums des Landesschulrates für Steiermark vom 9. Februar 1998, Verordnungsblatt Nr. 16, in der geltenden Fassung, betreffend die Entscheidungshilfen für die Besetzung von Leiterfunktionen an steirischen allgemein bildenden Pflichtschulen umgesetzt. Diese Richtlinien haben den Charakter von Empfehlungen und wurden in weiterer Folge von sämtlichen Kollegien der Bezirksschulräte übernommen, wodurch sie für die allgemein bildenden Pflichtschulen rechtlich verbindlich wurden.

Mit diesen ausführungsgesetzlichen Regelungen zum Leiterbestellungsverfahren hat das Land Steiermark den in der Bundesverfassung vorgesehenen Gestaltungsspielraum im Bereich des Dienst- und Personalvertretungsrechtes der Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Pflichtschulen für die Landesgesetzgebung ausgeschöpft. Für weitergehende landesgesetzliche Regelungen fehlt die verfassungsrechtliche Grundlage.

Das B-VG bestimmt außerdem im letzten Satz zum Art. 14 Abs. 2 ausdrücklich, dass Durchführungsverordnungen zu diesen Bundesgesetzen vom Bund zu erlassen sind, soweit darin nicht anderes bestimmt ist. Die derzeitigen Regelungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, in der geltenden Fassung, sehen keine Verordnungsermächtigung der Länder beim Leiterbestellungsverfahren bzw. hinsichtlich Feststellung der Bewährung oder Nichtbewährung von Schulleiterinnen und Schulleitern nach der vierjährigen Probezeit vor. Demgemäß wäre die Erstellung eines klaren Kriterienkatalogs für die befristete Bestellung bzw. Definitivstellung über die Einschätzung der Eignung der Leiterin bzw. des Leiters im Verordnungswege durch die Landesregierung gesetzwidrig und würde eine Kompetenzüberschreitung entgegen verfassungsrechtlicher Vorgaben darstellen.

Darüber hinaus muss auch darauf hingewiesen werden, dass in den Jahren 2001 bis 2010 insgesamt 491 Leiterbestellungsverfahren abgewickelt wurden und nur in einem einzigen Fall eine Nichtbewährung eines Schulleiters auszusprechen war.

ad 2) Hinsichtlich der Gewährleistung, dass die Stellungnahme des Schulforums, wie auch der Personalvertretung und die Gutachten der Bezirks- und Landesschulratsbehörde als Kollegialorgane sich nach diesem Katalog richten und maßgeblich in die Entscheidungen einbezogen werden, ist zunächst auf das oben Ausgeführte hinzuweisen, wonach die Erstellung eines derartigen Katalogs in Form einer Verordnung der Landesregierung verfassungsrechtlich nicht möglich ist.

Zur Forderung, dass die Stellungnahme des Schulforums und die Gutachten der Bezirks- und Landesschulbehörde als Kollegialorgane maßgeblich in die Entscheidung einbezogen werden, ist zu bemerken, dass bereits aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage (§ 26a Abs. 3 LDG) der Ausspruch der Nichtbewährung eines Schulleiters nach Ablauf der vier Jahre entsprechende negative Gutachten des Schulforums und der Schulbehörde erster Instanz (Bezirksschulrat bei allgemein bildenden Pflichtschulen und Landesschulrat bei berufsbildenden Pflichtschulen) voraussetzt. Damit sind diese Behörden nicht nur in die Entscheidung einbezogen, sondern sie schaffen durch ihre negativen Gutachten die unbedingt erforderliche Grundlage für einen Ausspruch der Nichtbewährung durch die Landesregierung. Mit dem Gutachten des Schulforums bzw. des Schulgemeinschaftsausschusses ist auch sichergestellt, dass die Eltern maßgeblich am Entscheidungsprozess beteiligt sind, da die Klassenelternvertreterinnen und Klassenelternvertreter Mitglieder dieser Gremien sind. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass – abgesehen vom Anlassfall - bislang noch keine negativen Gutachten von Schulforen bzw. Schulgemeinschaftsausschüssen oder Bezirksschulräten vorgelegt wurden, was darauf hindeutet, dass die Qualität der bestellten SchulleiterInnen für die Schulpartner doch weitgehend zufriedenstellend ist.

ad 3) Bezüglich der Begründung der Entscheidung gegenüber Schulforum, Personalvertretung und Bezirksschulrat ist festzuhalten, dass es sich bei dem Leiterbestellungsverfahren bzw. einem Ausspruch der Nichtbewährung einer/eines Schulleiterin/Schulleiters um ein Dienstrechtsverfahren handelt, das mit Bescheid abgeschlossen wird. Dieser Bescheid wird der Partei – das ist die/der SchulleiterIn – zugestellt und auch dem Bezirksschulrat wie dem Landesschulrat zur Kenntnis gebracht. Der Bescheid beinhaltet eine Begründung, die die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasst. Damit ist dieser Forderung des Abgeordnetenantrages bereits aufgrund der aktuellen Rechtslage entsprochen.
Zum Bedarf für einen Kriterienkatalog für die Bestellung von SchulleiterInnen ist grundsätzlich festzuhalten, dass schon nach der derzeitigen Rechtslage sehr genaue Vorgaben hinsichtlich Aufgabenprofil und Eignung der SchulleiterInnen bestehen, wie z. B. im § 1 des Steiermärkischen Landeslehrer-Dienstrechts-Ausführungsgesetzes, in den §§ 26 Abs. 6, 29, 29a, 30, 31 und 32 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes sowie im § 56 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG). Eine erst kürzlich erfolgte Novellierung des § 56 Abs. 2 SchUG (BGBl I Nr. 29/2011) sieht als die Leiteraufgaben Schulleitung und Schulmanagement, Qualitätsmanagement, Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie Außenbeziehungen und Öffnung der Schule vor.

Wünschenswert aus ha. Sicht wäre allerdings eine Änderung der bisherigen bundesgesetzlichen Regelung hinsichtlich der Weiterverwendung von SchulleiterInnen nach der vierjährigen befristeten Bestellung (§ 26a Abs. 3 LDG). Die derzeitige automatische unbefristete Weiterverwendung, wenn der/dem SchulleiterIn nicht drei Monate vor Ablauf der Befristung die Nichtbewährung mitgeteilt wird, sollte aufgehoben werden. Anstelle dieser Bestimmung sollte die unbefristete Weiterverwendung durch eine Entscheidung des Dienstgebers nach Einholung der schon bisher vorgesehenen Gutachten aufgrund eines Bescheides vorgesehen werden. Sollte ein derartiger Ausspruch der unbefristeten Bestellung nicht erfolgen, endet die Verwendung als SchulleiterIn.

Eine derartige gesetzliche Änderung kann aber nicht durch die Landesgesetzgebung erfolgen, sondern erfordert eine bundesweite Regelung seitens des Bundesgesetzgebers.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und von dieser eine Änderung der bisherigen bundesgesetzlichen Regelung hinsichtlich der Weiterverwendung von SchulleiterInnen nach der vierjährigen befristeten Bestellung einzufordern, wodurch die derzeitige automatische unbefristete Weiterverwendung, wenn der/dem SchulleiterIn nicht drei Monate vor Ablauf der Befristung die Nichtbewährung mitgeteilt wird, aufgehoben wird. Anstelle dieser Bestimmung sollte die unbefristete Weiterverwendung durch eine Entscheidung des Dienstgebers nach Einholung der schon bisher vorgesehenen Gutachten aufgrund eines Bescheides vorgesehen werden. Sollte ein derartiger Ausspruch der unbefristeten Bestellung nicht erfolgen, endet die Verwendung als SchulleiterIn.

Unterschriften: Ingrid Lechner-Sonnek eh., Ing. Sabine Jungwirth eh., Lambert Schönleitner eh., Claudia Klimt-Weithaler eh.

17. Januar 2012