Landtagssitzung 21. Jänner 2020

Ausbau des Personalschlüssels in steirischen Pflegeheimen auf Wunsch der Heimbetreiber verschoben?

Befragung eines Mitgliedes der Landesregierung (§ 69 GeoLT) - Frage an LR Bogner-Strauß

Im September 2017 hat der damalige Landesrat Drexler die Ergebnisse der langjährigen Verhandlungen mit den Pflegeheimbetreibern verkündet. In der Presseaussendung hieß es: "Bereits während der laufenden Verhandlungen wurde der Ausbauplan für mehr Pflegepersonal in den steirischen Pflegheimen beschlossen und die erste Anhebung mit 01.03.2016 in Kraft gesetzt. Am Ende der geplanten Maßnahmen wird dann 2019 eine neue Personalberechnung mit mehr als 800 zusätzlichen Dienstposten für alle steirischen Pflegeheime stehen."

Die WKO Steiermark, Fachgruppe der Gesundheitsbetriebe, Berufszweig Pflegeheime hat im Dezember folgendes verlautbart (Pflegeheim Info Nr. 15, Dez 2019):

"Personalausstattung – Vierter Ausbauschritt

Mit dem Land Steiermark war ein vierter Ausbauschritt im Jahr 2020 vereinbart. Da der ÖGB bei den Kollektivvertragsverhandlungen mit der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) zu Verhandlungsbeginn im Dezember keinerlei Lohnforderungen, dafür aber eine Forderung nach Arbeitszeitverkürzung übergeben hat, haben wir Landesrat Drexler gebeten, den vereinbarten vierten Ausbauschritt auf den Spätherbst 2020 zu verschieben."

Es wird folgende

Anfrage

gestellt:

Wurde die 2017 getroffene Vereinbarung zwischen Land und Pflegeheimbetreibern über die letzte Ausbaustufe des Ausbauplans für mehr Pflegepersonal in den steirischen Pflegeheimen auf Wunsch der Pflegeheimbetreiber verändert und damit die Personalaufstockung verschoben?

Neuer Ärzte-Bereitschaftsdienst in der Krise

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT) - Frage an LR Bogner-Strauß

Der ärztliche Bereitschaftsdienst in der Steiermark wurde im vergangenen Jahr komplett neu aufgesetzt. Im alten System bestand für kassenärztliche AllgemeinmedizinerInnen grundsätzlich die Verpflichtung, Wochenenddienste zu leisten. Doch – im Gegensatz zu zB Oberösterreich – fehlte laut VwGH die förmliche Einrichtung bzw. Verordnung von Bereitschaftsdiensten in der Steiermark. Eine solche förmliche Einrichtung durch die Ärztekammer wäre aber erforderlich gewesen, um daraus eine konkrete Verpflichtung für einzelne ÄrztInnen ableiten zu können.

2019 wurde unter dem damals zuständigen Landesrat Drexler ein neues System des ärztlichen Bereitschaftsdienstes eingerichtet. Ziel hätte sein sollen, die Versorgung zu den Randzeiten im niedergelassenen Bereich zu verbessern und die Spitalsambulanzen zu entlasten.

Mit 1. April 2019 trat das neue Bereitschaftsmodell in Kraft. Gleichzeitig nahm das Gesundheitstelefon 1450 seinen Dienst auf. Die Verpflichtung der KassenvertragsärztInnen zur Leistung von Bereitschaftsdiensten ist komplett entfallen. Nun ist die Teilnahme am Wochenend- und Feiertagsdienst ebenso freiwillig wie der schon bisher bestehende freiwillige Wochentags-Nachtdienst. Der Bereitschaftsdienst zwischen Mitternacht und 7 Uhr Früh wurde aber ersatzlos gestrichen. Für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte wurde die Bezahlung verbessert. Wer das jus practicandi hat, kann teilnehmen, also auch WahlärztInnen und FachärztInnen. Gleichzeitig aber sind die Distrikte (vormals 93, nun 25) immens vergrößert worden.

Das System hatte von Anfang an große Probleme. PatientInnen bemängelten die langen Wartezeiten am neu eingerichteten Gesundheitstelefon 1450. Auch meldeten sich von Beginn an viel zu wenige Ärzte und Ärztinnen für die vergrößerten Distrikte. An manchen Wochenenden liegt der Besetzungsgrad in zahlreichen Regionen unter einem Drittel. Aus den Spitalsambulanzen ist zu hören, dass seit Einführung des neuen Systems die PatientInnen vermehrt in den Ambulanzen behandelt werden müssen. In „prekären“ Regionen müssen die Ambulanzen sogar verstärkt werden (Kleine Zeitung, 19.12.2019).

In den vergangenen Weihnachtsferien zeigte das neue System seine Schwächen in aller Deutlichkeit. Die Visitendienste waren stark unterbesetzt, weil sich nicht genügend ÄrztInnen bereit erklärten teilzunehmen.

Die Kleine Zeitung berichtete zudem über fehlgeleitete PatientInnenströme in den Weihnachtsferien. Die PatientInnen waren vom Gesundheitstelefon 1450 zu Ordinationen verwiesen worden, die während der Ferien gar nicht geöffnet hatten, und standen dort vor verschlossenen Türen.

Der damals zuständige Landesrat Drexler sagte am 12.2.2019 im Landtag, dass das neue Bereitschaftsmodell einer Evaluierung unterzogen werden solle. Und: „Wenn sich das nach drei Jahren nicht bewährt, flugs ist die Verpflichtung wieder in Kraft.“ Nun zeigen sich schon im ersten Jahr massive Mängel und eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem früheren System.  

Es wird daher folgende

Dringliche Anfrage

gestellt:

  1. Wie lange dauert ein Erstgespräch am Gesundheitstelefon derzeit im Durchschnitt?
  2. Wie viele Visiten konnten in den einzelnen Regionen im Rahmen des Bereitschaftsdienstes pro Monat absolviert werden?
  3. Wie viele Bereitschaftsdienste bleiben in den 25 Regionen jeweils im Durchschnitt pro Monat unbesetzt, Montag bis Freitag abends und am Wochenende bzw. Feiertagen?
  4. Welche Regionen sind von der Unterversorgung besonders betroffen, wenn unbesetzte Bereitschaftsdienste als Maßstab dafür herangezogen werden?
  5. In wie vielen Fällen kam es seit 1.4.2019 zu Nullmeldungen, also zu einem Komplett-Ausfall des Bereitschaftsdienstes in einer Region und welche Regionen waren betroffen?
  6. Wie hoch war die Abdeckung des Bereitschaftsdienstes in den einzelnen Regionen zwischen Weihnachten 2019 und 6. Jänner 2020?
  7. Wie hat sich die Inanspruchnahme der Spitalsambulanzen an Wochenenden/Feiertagen und an Wochentagen in den Stunden zwischen 18 und 24 Uhr seit 1.4.2019 entwickelt?
  8. In wie vielen Fällen musste seit 1.4.2019 in Ermangelung eines Bereitschaftsdienstes nach 24 Uhr der Rettungsdienst des Roten Kreuzes außerhalb von Graz die Versorgung übernehmen?
  9. Warum existiert in der Steiermark keine verpflichtende Notdienstordnung, wie etwa in Wien und Oberösterreich, aber auch in ganz Deutschland, die die Teilnahme von KassenärztInnen an den Bereitschaftsdiensten verpflichtend regelt?
  10. Welche Maßnahmen werden gesetzt, um trotz mangelnder Teilnahme der KassenärztInnen am freiwilligen Bereitschaftsdienst den ärztlichen Notdienst in der gesamten Steiermark in Zukunft sicherzustellen?

Evaluierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (einstimmig angenommen)

Mit 1. April 2019 wurde der ärztliche Bereitschaftsdienst komplett umgestellt. Dies ging unter anderem mit einer Verringerung der Sprengel sowie mit einer zeitlichen Verkürzung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes außerhalb von Graz einher. Zwischen 24 Uhr und 7 Uhr steht im Notfall nur die Rettung im gesamten Landesgebiet (mit Ausnahme der Stadt Graz) im Einsatz.

Die Änderung des Bereitschaftsdienstes führte dementsprechend nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei Ärztinnen und Ärzten zu Verunsicherung. Mehrmals wurde bereits nachjustiert, unter anderem was das Personal des Gesundheitstelefons, die Öffnung von Ordinationen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen oder die Anzahl der Sprengel betrifft. Dennoch kommt es seit der Neugestaltung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes immer wieder zu Engpässen, was die Besetzung des selbigen betrifft. Zuletzt war dies bei der Besetzung des Bereitschaftsdienstes über die Weihnachtsfeiertage der Fall. Dies hängt damit zusammen, dass anstelle von verpflichtenden Diensten für ÄrztInnen nunmehr ein Freiwilligkeitsprinzip eingeführt wurde.

Zwar wurde bei Einführung des Bereitschaftsdienstes seitens der Landesregierung bereits angekündigt, diesen nach drei Jahren evaluieren zu wollen, angesichts der Situation erscheint eine frühere Evaluierung jedoch sinnvoll.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, den ärztlichen Bereitschaftsdienst ein Jahr nach Einführung zu evaluieren und diese Evaluierung dem Landtag vorzulegen.

Abhaltung einer Enquete zum Thema "ÄrztInnenmangel in der Steiermark"

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Keine Mehrheit, Zustimmung durch KPÖ, FPÖ, Grüne, Neos)

Immer wieder wird behauptet, dass Österreich eine im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sehr hohe Ärztedichte hätte. Dem subjektiven Empfinden der ÖsterreicherInnen entspricht diese Darstellung keinesfalls. Gerade außerhalb von Ballungsräumen wird das Problem des Ärztemangels immer deutlicher.

Tatsächlich stellt sich die Situation in Österreich nämlich anders dar, als gemeinhin angenommen. Die Zahl der WahlärztInnen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Gab es früher mehr Kassen- als WahlärztInnen, so hat sich dieses Verhältnis in den letzten 10 bis 15 Jahren umgedreht. Kassenstellen bleiben teilweise langfristig unbesetzt.

Verschärft wird die Situation durch die Altersstatistik. In den nächsten 10 Jahren werden in Österreich 55 Prozent aller Ärzte mit einem Gebietskrankenkassen-Vertrag das Pensionsalter erreichen. Bei den Fachärzten mit GKK-Vertrag werden sogar 60 Prozent in zehn Jahren in Pension gehen.

Statistisch gesehen liegt Österreich innerhalb der OECD-Länder mit 5,05 Ärzten pro 1.000 EinwohnerInnen an zweiter Stelle. Doch bei realistischer Betrachtung (ohne reine WahlärztInnen, ohne TurnusärztInnen und unter Abzug der ÄrztInnen im Pensionsalter) fällt Österreich aber vom zweiten auf den 17. Platz (mit 3,3 ÄrztInnen pro 1000 EW) zurück!

In der Steiermark sind etwa 2200 HumanmedizinerInnen im niedergelassenen Bereich aktiv, davon sind nur etwa 1.000 AllgemeinärztInnen. Nur etwa die Hälfte von ihnen hat überhaupt einen Vertrag mit einer (kleinen) Kasse. Und etwa zwei Drittel sind älter als 50 Jahre und werden somit in absehbarer Zeit in Pension gehen.

Zudem ist die räumliche Verteilung der Ordinationen sehr unterschiedlich. So befinden sich mehr als 32 Prozent aller Allgemein-Ordinationen in Graz. Besonders schlecht versorgt sind die Bezirke Murtal und Südost-Steiermark, aber auch Liezen, Bruck/Mürzzuschlag und Weiz.

Bei den FachärztInnen ist die regionale Verteilung noch deutlicher: Mehr als 50 Prozent der niedergelassenen FachärztInnen sind in Graz tätig, obwohl hier nur 22 Prozent der SteirerInnen und Steirer leben. Bei den FachärztInnen ist der Anteil der WahlärztInnen besonders hoch.

Hinzu kommt, dass in der jüngeren Generation der Wunsch nach einer ausgewogeneren Work-Life-Balance stärker ausgeprägt ist. Diese Situation, in Zusammenhang mit Zugangsbeschränkungen bei der Ausbildung und Abwanderung ausgebildeter ÄrztInnen ins Ausland, lässt für die zukünftige medizinische Versorgung im Land Schlimmes befürchten.

Es wird daher vorgeschlagen, im Landtag Steiermark eine Enquete zu diesem Thema abzuhalten, in der die konkrete Situation in der Steiermark beleuchtet und geeignete Maßnahmen diskutiert werden sollen.

     
Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag Steiermark hält im Jahr 2020 eine Enquete zum Thema "ÄrztInnenmangel in der Steiermark" ab.

21. Januar 2020