Landtagssitzung 24. April 2017

Drohende Preisexplosion bei der Fernwärme?

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

Zum Thema Fernwärme und Versorgungssicherheit gab es von Seiten der Grünen und der KPÖ in jüngster Zeit zwei schriftliche Anfragen, die unvollständig und widersprüchlich beantwortet wurden. Diese Beantwortungen werfen nun weitere dringliche Fragen auf.

Spätestens mit Auslaufen des zwischen Energie Steiermark und Verbund bestehenden Liefervertrags im Jahr 2020 droht eine Versorgungslücke von bis zu 250 MW für den Großraum Graz. Gleichzeitig wird von Seiten der Energie Steiermark behauptet, dass diese Lücke keinesfalls durch den permanenten Parallelbetrieb der Anlagen Puchstraße Alt und Neu kompensiert wird. Andernfalls müsste eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.

Bereits 2019 wird die gelieferte Fernwärme über die Leitung von Mellach nach Graz durch die Stilllegung des Kohlekraftwerks stark verringert, was für die Energie Steiermark zu einem prognostizierten Einnahmeverlust an Leitungsgebühren von ca. 10 Millionen Euro pro Jahr führen wird.

Nicht zuletzt deshalb wird seitens der Energie Steiermark schon eine Erhöhung des Fernwärmegrundpreises in Graz angedacht.

 

Es wird daher folgende Dringliche Anfrage gestellt:

  1. Stimmt es, dass die Anlage Puchstraße-Neu aufgrund des Feststellungsbescheids zur Umweltverträglichkeitsprüfung vom 26.9.204 nur als Ausfallsreserve betrieben werden darf?
  2. Falls ja, stimmt es, dass nur aus diesem Grund für die Anlage Puchstraße-Neu keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste?
  3. In der aktuellen Anfragebeantwortung an die KPÖ, Einl.Zahl 1472/2, behaupten Sie, dass kein permanenter Betrieb der Anlage Puchstraße-Neu vorgesehen ist, wohingegen Sie in der ebenfalls im April 2017 eingebrachten Anfragebeantwortung an die Grünen, Einl.Zahl 1462/2, erklären, die von Ihnen bestätigte Versorgungslücke könne gerade nur mit einem Parallelbetrieb geschlossen werden – welche dieser Antworten ist nun korrekt?
  4. Wenn die langfristige Versorgungslücke in Graz von etwa 200 MW nur durch den permanenten Betrieb der Anlage Puchstraße-Neu geschlossen werden kann, muss dann die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Anlage nachgeholt werden?
  5. Wie wird sich der permanente Betrieb der Anlage Puchstraße Alt und Neu auf die Luftsituation der Stadt Graz auswirken?
  6. Soll die Luftsituation von Graz nicht negativ beeinträchtigt werden, so müssen die Rauchgase an kalten Wintertagen die Inversionsschicht durchstoßen, was hohe Rauchgastemperaturen von mehr als 150°C erfordert; wie wirkt sich ein solches Vorgehen auf den Wirkungsgrad der Anlage und damit auf die Kosten der Fernwärmeerzeugung aus?
  7. Stimmt es, dass es einen Vertrag zwischen Verbund und Energie Steiermark gibt, in dem sich der Verbund verpflichtet, für ein Jahr die Fernwärmeleistung in der Puchstraße einzukaufen, um trotz der Stilllegung des Kohlekraftwerks Mellach mit der Heizperiode 2018/19 seiner Lieferpflicht bis 2020 nachzukommen?
  8. Wenn diese Frage mit Ja beantwortet wird, heißt das, dass ein Parallelbetrieb der beiden Anlagen in der Puchstraße zumindest bis 2020 notwendig ist?
  9. Wie werden die in Graz benötigten 500 MW für die Fernwärme mit Auslaufen des Vertrages mit dem Verbund ab dem Jahr 2020 aufgebracht, wenn dann die 250 MW aus Mellach nicht mehr geliefert werden?
  10. Stimmt es, dass die Energie Steiermark konkrete Überlegungen anstellt, im Tarifbeirat einen Antrag betreffend einer Erhöhung des Fernwärmegrundpreises einzubringen?

 

Versorgungssicherheit bei Fernwärme zu dauerhaft sozial verträglichen Preisen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Bereich der Fernwärmeversorgung des Großraumes Graz steht zu befürchten, dass die Kosten für die Aufrechterhaltung und Erweiterung des Fernwärmeangebots deutlich steigen werden. Die verschiedenen Szenarien, die den Ersatz der derzeitigen Anlage in Mellach zum Ziel haben, sind mit enormen Aufwand und Kosten verbunden. Damit ist zu befürchten, dass die Fernwärme-Preise für die Kundinnen und Kunden in absehbarer Zeit enorm ansteigen werden.

Es ist Aufgabe der Politik, schon jetzt entsprechende Maßnahmen zu setzen, um einen übermäßigen Anstieg der Fernwärmekosten zu verhindern und die dauerhafte Fernwärme-Versorgung im Großraum Graz sicher zu stellen.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ein Gesamtkonzept zur Fernwärmeversorgung erstellt wird, mit dem langfristig für die Haushalte sozial verträgliche Fernwärmepreise garantiert werden, die maximal mit dem Verbraucherpreisindex steigen dürfen.

Nötige Regelungen bezüglich "Kinderlärm"

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Immer wieder kommt es zu Konflikten durch sogenannten "Kinderlärm". Diese Streitereien finden nicht nur im privaten Bereich unter NachbarInnen statt, sondern werden häufig auch vor Behörden und Gerichten ausgetragen.

 

In Österreich ist in § 364 Absatz 2 ABGB die zentrale Norm des privatrechtlichen Nachbarrechts verankert. Demnach kann ein Grundstückeigentümer dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehende Einwirkung durch Geräusch (Lärm) insoweit untersagen, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreitet bzw. die Nutzung wesentlich beeinträchtigt. Diese nicht genau messbare Definition verursacht aber das Problem.

Um ein klares Zeichen zu setzen, dass Lärm, der von Kindern beim Spielen ausgeht, nicht mit anderen Arten von Geräuschen zu vergleichen ist, sollte diese Bestimmung im ABGB entsprechend überarbeitet werden. Dabei soll selbstverständlich kein uneingeschränkter Freibrief für Radau ausgestellt, sondern dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder sich ungehemmt entwickeln können und dürfen. Lärm, der von spielenden Kindern ausgeht, hat dabei grundsätzlich als sozial adäquat und als zumutbar zu gelten.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird gebeten, an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, dass sie die Möglichkeiten einer Änderung des ABGB betreffend Kinderlärm (§ 364 - Immissionen) prüft und gegebenenfalls dem Nationalrat einen Novellenentwurf zur Beschlussfassung vorlegt. Dabei soll jedenfalls sichergestellt werden, dass störende Geräusche, die von Kindern ausgehen, als Ausdruck selbstverständlicher kindlicher Entfaltung und zur Erhaltung kindgerechter Entwicklungsmöglichkeiten grundsätzlich sozialadäquat und zumutbar sind. Sie dürfen keinesfalls als ortsunübliche oder wesentliche Beeinträchtigung für NachbarInnen im Sinn des § 364 Abs. 2 ABGB dargestellt werden. Im Anschluss soll dem Landtag Bericht erstattet werden.

Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gemäß der UN-Kinderrechtskonvention

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Im Jahr 2014 haben 2.260 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Österreich einen Asylantrag gestellt. Die UN-Kinderrechtskonvention und andere völkerrechtliche Dokumente sehen für diese jungen Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten unter besonders traumatisierenden Bedingungen, ohne ihre Eltern, flüchten mussten, besondere Schutzbestimmungen vor.

Darauf weist die Kinder- und Jugendanwaltschaft in ihrem Tätigkeitsbericht 2014/15 hin und führt weiters aus, dass sich Österreich im Jahr 1992 zur Einhaltung der Kinderrechte verpflichtet hat sowie Teile davon auch in die Bundesverfassung übernommen hat. Der UN-Kinderrechte Ausschuss Nr. 6 (2005) hält fest, dass jegliche Benachteiligung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings untersagt ist.

Die Kinder- und Jugendanwalt Steiermark zeigt in ihrem Bericht jedoch auf, dass in Österreich Kinderrechte und andere völkerrechtliche Verpflichtungen gegenüber unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen „missachtet und sie […] im Lebensalltag massiv diskriminiert [werden]“. Als Beispiel wird im vorliegenden Bericht unter anderem „eine monatelange Anhaltung in ungeeigneten und überfüllten Erstaufnahmezentren – ohne Obsorge und Betreuung, Schulbesuch oder Tagesstruktur“ genannt.

Aus diesen und weiteren im Bericht angeführten Gründen fordert die Kinder- und Jugendanwaltschaft einen „Paradigmenwechsel, der die Gleichstellung von Flüchtlingskindern und –jugendlichen in sämtlichen Lebensbereichen beinhaltet.“

Im Sinne der Einhaltung der Kinderrechte wäre auch das Land Steiermark angehalten, die Empfehlungen der Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark im Hinblick auf die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge umzusetzen. Die Kinder- und Jugendanwalt hat zu diesem Zweck Forderungen in acht Themenbereichen formuliert (vgl. Tätigkeitsbericht 2014/15, S. 23-27), für deren Verwirklichung die Landesregierung Sorge tragen sollte.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf den jeweils zuständigen Ebenen für die Umsetzung der von der Kinder- und Jugendanwaltschaft in ihrem Tätigkeitsbericht 2014/15 formulierten Forderungen zur Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge einzusetzen und dem Landtag darüber Bericht zu erstatten.

Für ein selbstbestimmtes Österreich

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

In den 70er- und beginnenden 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der Grundstein zum österreichischen Sozial- und Wohlfahrtsstaat gelegt. Diese Entwicklung war nur möglich, weil breite Bereiche der Wirtschaft einer staatlichen Kontrolle unterworfen waren und dadurch eine ungehemmte Entwicklung der Kapitalfreiheit hintangehalten wurde. Gleichzeitig waren es diese Jahre, in denen sich in breiten Kreisen auch der Mittel- und Unterschichten unserer Republik ein österreichisches Nationalbewußtsein in Abgrenzung zu deutschen Hegemoniebestrebungen entwickelte: die immerwährende Neutralität und damit einhergehend eine tatsächlich unabhängige, auf Völkerverständigung beruhende Außenpolitik, ein starker öffentlicher Wirtschaftssektor und ein besonderes österreichisches Kulturleben waren Grundpfeiler dieser österreichischen Identität.

Mit den Vorleistungen zum EU-Beitritt bzw. mit dem Beitritt selbst wurden und werden sowohl der österreichische Sozial- und Wohlfahrtsstaat als auch die konstituierenden Elemente dieses österreichischen Nationalbewußtseins sukzessive abgebaut. An ihre Stelle treten Deregulierung und Sozialabbau bzw. ein von den Eliten getrommelter EU-„Chauvinismus“. Die in den EU-Verträgen festgeschriebenen vier Freiheiten gehören zum Grundrechtebestand der EU und sind praktisch nicht verhandelbar. Sie verunmöglichen jedes ernsthafte Eingreifen in die Maschinerie des deregulierten Kapitalismus. Die grenzenlose Freiheit des Warenverkehrs ruiniert unsere Umwelt, die grenzenlose Freiheit der Dienstleistungen untergräbt die Klein- und Mittelständische Wirtschaft, die sogenannte „Arbeitnehmerfreizügigkeit“ hat zu einem Sozial- und Lohndumping ungeahnten Ausmaßes geführt und die grenzenlose Freiheit des Kapitalverkehrs beschert Finanzblasen, welche das gesamte Finanzsystem bedrohen.

Die Verteidigung der österreichischen Neutralität und nationalstaatlichen Souveränität, sowie die Verteidigung der erkämpften demokratischen Rechte und sozialstaatlichen Errungenschaften hat nichts mit Nationalismus zu tun. Im Gegenteil: der Sozial- und Wohlfahrtstaat braucht als seine organisatorische Hülle den Nationalstaat. Um den Sozial- und Wohlfahrtsstaat zu verteidigen bzw. seine im Laufe der letzten Jahrzehnte vorgenommenen Beschädigungen rückgängig zu machen, muss der Nationalstaat seine Regulierungsfähigkeit zurückgewinnen.

Das ist innerhalb der Europäischen Union faktisch unmöglich.

Ebenso unmöglich innerhalb der Europäischen Union ist die Rückkehr zu einer offensiven Friedenspolitik Österreichs. Die Teilnahme an der euphemistisch „Partnerschaft für den Frieden“ genannten Kooperation mit der NATO spricht ebenso dagegen, wie die Teilnahme an den EU-Battle-Groups. All das geschieht unter einem gewaltigen Aufrüstungsdruck der Militärbudgets der EU-Staaten.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag Steiermark bekennt sich zu einem sozialen, demokratischen, neutralen und friedliebenden Österreich, zur Wiedererrichtung eines tatsächlichen Sozial- und Wohlfahrtsstaates und zu einer dazu notwendigen Stärkung der nationalen Souveränität. Der Landtag ist sich bewusst, dass diese Zielsetzung innerhalb der Europäischen Union nicht verwirklicht werden kann.

25. April 2017