Landtagssitzung 6. Juli 2021

Jahresticket für die Steiermark um 365 Euro

Befragung eines Mitgliedes der Landesregierung (§ 69 GeoLT) durch LAbg. Claudia Klimt-Weithaler

Der Öffentliche Verkehr in der Steiermark kommt Pendlerinnen und Pendlern teuer. Die normale Jahreskarte für zwei Zonen – etwa für PendlerInnen aus Graz-Umgebung nach Graz – kostet mit 1. Juli 2021 701 Euro, wer mehrere Zonen durchfährt muss noch tiefer in die Taschen greifen. Im Rahmen des „1-2-3-Tickets“ soll auch eine Variante eines billigeren Jahrestickets für die Steiermark eingeführt werden. Wie nun in den Medien zu vernehmen war, soll sich der Preis allerdings nicht auf die kolportierten 365 Euro – also ein Euro pro Tag – belaufen, es wird seitens des Landes Steiermark von einem Preis in der Größenordnung von rund 550 Euro ausgegangen. Damit liegt man fast 200 Euro über dem Preis, der seitens der zuständigen Ministerin Gewessler in Aussicht gestellt worden ist.

Auch im Regierungsprogramm der Landesregierung wird unter dem Titel „Beste Verbindungen für Menschen und Umwelt sichern“ der Öffentliche Verkehr in der Steiermark thematisiert. Dabei wird die zentrale Rolle des ÖV für die steirische Bevölkerung, aber auch als Klimaschutzinstrument hervorgehoben. Unter anderem ist zu lesen, dass „die Mobilität der Zukunft“ leistbar sein muss. Die Leistbarkeit des ÖV ist für viele Menschen eine entscheidende Voraussetzung für einen längerfristigen Umstieg, was auch im Sinne der Klimaschutzmaßnahmen anzustreben ist. Fakt ist allerdings, dass die Preispolitik in der Steiermark seit Jahren einen diesen Zielen entgegenstehenden Kurs eingeschlagen hat. Auch insofern wäre es wünschenswert, dass ein Jahresticket für die gesamte Steiermark um 365 Euro pro Jahr eingeführt wird.

 

Es wird folgende

Anfrage

gestellt:

Warum wird das Jahresticket für die Steiermark nicht um den Preis von 365 Euro eingeführt?

Kinderbildungsgipfel für bessere Bedingungen in der Elementarpädagogik

Aktuelle Stunde (§ 71 GeoLT)

Mehr als 10.000 Unterschriften hat die breit angelegte parteifreie Initiative IFEB (Initiative für Elementare Bildung) von PädagogInnen und Eltern binnen kürzester Zeit gesammelt, um der Landespolitik die Forderung nach dringend notwendigen Verbesserungen im Bereich der Elementarpädagogik in der Steiermark deutlich zu machen.

Kindergärten und Kinderkrippen sind ein wesentlicher Teil des Bildungssystems in Österreich. In der Steiermark gibt es seit Jahrzehnten ungelöste Probleme: zu große Gruppen, Personalmangel durch unbefriedigende Arbeitsbedingungen und eine Bezahlung, von der man schwer leben kann.

Derzeit kommen im Kindergarten auf 25 Kinder eine Pädagogin und eine Betreuerin. Dies ist für kleine Kinder einfach nicht ausreichend, um individuell die Bedürfnisse, die auch im steirischen Bildungsrahmenplan gefordert sind, zu erfüllen.

Die IFEB fordert unter anderem einen Kinderbildungsgipfel, bei dem Bund und Land Steiermark gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus der Praxis und dem Lehr- und Forschungsbereich, SchülerInnenvertretungen, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Trägern (private und öffentliche Einrichtungen), Städte- und Gemeindebund, Elterninitiativen, Lehrenden und DirektorInnen der BAfEP und Kollegs Lösungen für die aktuellen Probleme erarbeiten.

Die in der IFEB engagierten PädagogInnen und Eltern sowie die über 10.000 UnterzeichnerInnen wollen durch diesen Gipfel erreichen, dass

  • dem Personalmangel entgegengewirkt wird, indem der Beruf der/des Elementarpädagogin/Elementarpädagogen durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kinder, Beschäftigte und Eltern sowie durch eine angemessene Entlohnung attraktiver wird;
  • eine qualitätsvolle Bildung und Betreuung in allen steirischen elementarpädagogischen Einrichtungen möglich ist,
  • kleinere Gruppen,
  • mehr Vorbereitungs- und Reflexionszeit (Supervision) für PädagogInnen, mehr Freistellung für LeiterInnen für administrative Tätigkeiten.

Vehement tritt man gegen die von der Landesregierung eingeführte Senkung der Anstellungserfordernisse für ElementarpädagogInnen ein und fordert eine umfassende – auch politische – Auseinandersetzung und Weiterentwicklung qualitätsvoller Elementarbildung.

Mehr als 10.000 Unterschriften sind ein Signal, dass die Landespolitik nicht überhören darf!

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen daher gemäß § 71 Abs 1 GeoLT die Abhaltung einer Aktuellen Stunde zum oben angeführten Betreff.

Zufahrtswege zu Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge

Abänderungsantrag (§ 46 GeoLT) (Zustimmung durch KPÖ und Neos)

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis G 259/2019 die Änderung der Legaldefinition der Interessentenwege aus dem Jahr 2016 aufgehoben. Diese Gesetzesänderung war einzig zu dem Zweck vorgenommen worden, um die Verbindungsbauten des Shoppingcenters Seiersberg zu legalisieren. 

Nun soll die neue Straßenkategorie "Zufahrtsstraße" im LStVG implementiert werden, und zwar rechtzeitig, bevor die Aufhebung durch das oben genannte VfGH-Erkenntnis mit 30.9.2021 schlagend wird.

Wenn es einzig um das Anliegen geht, dass öffentliche Einrichtungen wie Spitäler, Schulen und Abfallentsorgungseinrichtungen durch diese neuen "Zufahrtsstraßen" mit höherwertigen Straßen verbunden werden sollen, dann ist der unklare Begriff "bedeutende Infrastruktureinrichtungen" nicht passend.

Stattdessen soll der unmissverständliche Begriff "öffentliche Daseinsvorsorge" verwendet werden.
      

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

In dem in EZ 1503/4 enthaltenen Gesetzestext hat der § 7 Abs. 2a zu lauten:

„2a.  Zufahrtstraßen, das sind öffentliche Straßen, welche die Verbindung zu Einrichtungen, die ausschließlich der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, herstellen und als solche erklärt wurden (§ 8).“ 

Verbesserung des psychosozialen Angebots für Kinder und Jugendliche

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (abgelehnt von ÖVP, SPÖ)

Außerstationäre Wohneinrichtungen für psychisch kranke Kinder und Jugendliche sind in der Steiermark Mangelware. Schon bei den sozialpädagogischen Wohnplätzen ist die Steiermark mit 21,3 Plätzen pro 10.000 EinwohnerInnen Schlusslicht in Österreich. Doch für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen braucht es sozialtherapeutische Wohneinrichtungen, die speziell auf diese Erkrankungen ausgerichtet sind und dementsprechend auch unterschiedliche therapeutische Angebote mit multidisziplinären Betreuungsteams vorhalten. Und auch hier liegt die Steiermark laut einer Studie der Gesundheit Österreich GmbH und des Österr. Bundesinstitut für Gesundheitswesen (GÖG/ÖBIG, Außerstationäre psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen, 2013) österreichweit an letzter Stelle: In der ganzen Steiermark existieren laut der zitierten Studie gerade einmal 12 Wohnplätze für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Oberösterreich, das von Größe und EinwohnerInnenzahl mit der Steiermark vergleichbar ist, hat demgegenüber 143 sozialtherapeutische Wohnplätze für Kinder und Jugendliche.

Dass der Bedarf dringend gegeben ist, ist unter Fachleuten unbestritten. Geht man doch davon aus, dass etwa 10 Prozent der Kinder und Jugendlichen von einer behandlungsbedürftigen psychiatrischen Störung im engeren Sinne betroffen sind. Von diesen benötigt natürlich nur ein Bruchteil tatsächlich einen außerfamiliären Wohnplatz - ExpertInnen gehen von einem Richtwert von 3 bis 5 Wohnplätzen pro 10.000 Kindern und Jugendlichen aus. In der Praxis stellt sich meist heraus, dass sozialpädagogische Einrichtungen mit der Betreuung dieser Kinder und Jugendlichen überfordert sind.

Auch die Volksanwaltschaft hat darauf hingewiesen, dass in der Steiermark flächendeckende sozialtherapeutische und sozialpsychiatrische Angebote fehlen. Unterschieden werden Kinder- und Jugendwohngruppen, sozialpädagogische Wohngemeinschaften für Kinder und Jugendliche, Wohngemeinschaften für Mütter mit Kindern und familienähnliche Wohngemeinschaften.

Die Kinder- und Jugendwohngruppen betreuen Kinder von 5 bis 15 Jahren. Ausschließungsgründe für eine Aufnahme sind körperliche oder geistige Beeinträchtigung, wenn spezielle Förderung und Betreuung benötigt wird, selbst- und fremdgefährdende Gewaltbereitschaft und akute Alkohol- und/ oder Drogen- bzw. Medikamentenproblematik, die eine nicht kontrollierbare Selbst-und Fremdgefährdung beinhaltet. Der Personalbedarf ist mit 50 % Dienstposten pro Kind inklusive Leitung umschrieben. Die Einrichtungen können 13 Kinder und Jugendliche aufnehmen. In Wien und Salzburg sind nur 8 Kinder pro Gruppe erlaubt. Das Burgenland wird die Gruppengröße ebenfalls auf 10 Kinder reduzieren. So große Gruppengrößen wie in der Steiermark widersprechen laut Volksanwaltschaft den Erkenntnissen der modernen Sozialpädagogik und zeitgemäßen Standards der Fremdunterbringung. Die menschenrechtliche Gewährleistungspflicht in Bezug auf Minderjährige in der Fremdunterbringung erfordere eine Reduzierung der Gruppengröße zumindest auf ein Maß, das Bedingungen für eine fordernde und fördernde Pädagogik schafft.

In den sozialpädagogischen Wohngemeinschaften für Kinder und Jugendliche werden Kinder von 10 bis 18 Jahren aufgenommen. Ausgeschlossen sind Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung spezielle Förderung und Betreuung benötigen, Minderjährige mit Suizidproblematik, mit selbst- und fremdgefährdender Gewaltbereitschaft, mit akuter Alkohol- und oder Drogen- bzw. Medikamentenproblematik, die eine nicht kontrollierbare Selbst- und Fremdgefährdung beinhaltet. Die Gruppengröße ist mit 9 Kindern und Jugendlichen beschränkt. Der Personalbedarf beträgt 65,5 % Dienstposten pro Kind und Jugendlichen inklusive Leitung.

Daneben gibt es noch familienähnliche Wohngemeinschaften. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 10 Jahren zum Zeitpunkt der Aufnahme. Der Aufenthalt kann bis zum 21.Lebensjahr verlängert werden. Ausgeschlossen sind Kinder und Jugendliche mit Problemen, die für das familiäre System eine nicht bewältigbare Überforderung darstellen, Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung spezielle Förderung und Betreuung benötigen und Kinder und Jugendliche mit akuter Alkohol- und oder Drogen- bzw. Medikamentenproblematik, die eine nicht kontrollierbare Selbst- und Fremdgefährdung beinhaltet. Es dürfen in dieser Einrichtung maximal sieben Kinder oder Jugendliche betreut werden. Der Personalbedarf beträgt 23 % Dienstposten pro betreutes Kind.

Die Volksanwaltschaft kritisiert, dass es in der Altersgruppe bis zehn Jahre keine Möglichkeit der Unterbringung in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft mit höherem Betreuungsschlüssel und kleinerer Gruppengröße gibt. Wie die Volksanwaltschaft beobachtete, würden viele der dort untergebrachten Kinder im Volksschulalter aufgrund ihrer Traumatisierungen mehr Betreuung benötigen, als ihnen in einer Gruppe mit 13 Kindern geboten werden kann. 2013 wurden sechs stationäre Plätze in einer WG mit traumapädagogischem Schwerpunkt geschaffen, die im Rahmen eines Sondervertrages eingerichtet sind. Dieses Angebot reicht allerdings bei weitem nicht aus. Durch das fehlende sozialpädagogische Angebot für unter 10-Jährige und den Mangel an speziellen Betreuungsplätzen in der Steiermark muss die Kinder-und Jugendhilfe auf Plätze in anderen Bundesländern zurückgreifen.

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt es bei den gesetzlichen Erfordernissen für die Ausbildung des sozialpädagogischen Personals, obwohl ein besonderer Schwerpunkt des B-KJHG 2013 die weitere Professionalisierung der Fachkräfte war. Für die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe dürfen nach der Intention des Gesetzgebers nur noch ausgebildete und persönlich geeignete Fachkräfte, insbesondere aus den Bereichen Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Psychologie und Psychotherapie herangezogen werden. In der Steiermark ist eine berufsbegleitende Ausbildung möglich, wobei zwei Drittel der Ausbildung abgeschlossen sein müssen. Die Volksanwaltschaft kritisiert in ihrem Bericht, dass bis zu 30 % des Personals einer Wohngruppe ohne abgeschlossene Ausbildung arbeiten dürfen und diese Regelung auch für sozialpädagogische Wohngemeinschaften gilt.

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Bericht des Rechnungshofes zum psychosozialen Angebot in der Steiermark ebenfalls das mangelnde Angebot und die mangelnde Steuerung des Landes Steiermark, das im Gegensatz zum Bundesland Salzburg die Versorgung über private Vereine abwickelt (S. 9). Auch im RSG 2025 werden keine Planungsaussagen zur psychosozialen mobilen Betreuung oder psychosozialen Wohnangeboten getroffen (S. 19). Eine auf die strategischen Ziele ausgerichtete konkrete Angebotsplanung erfolgt in der Steiermark bislang nicht (S. 19).

Der Landtag hat in der vorigen Periode daher auf Antrag der KPÖ (EZ 336/1) die Landesregierung mit einstimmigem Beschluss (Landtagsbeschluss Nr. 72 vom 24.11.2015) aufgefordert, ein Konzept auszuarbeiten, um das Angebot an sozialtherapeutischen Wohnplätzen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche in der Steiermark deutlich zu erhöhen.

Im vorliegenden Bericht kritisiert die Volksanwaltschaft zum wiederholten Mal das Fehlen von Krisenplätzen und die Ausbildungs- und Personalsituation in den Betreuungseinrichtungen für Kinder- und Jugendlichen in der Steiermark.   

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

das Angebot an sozialtherapeutischen Wohnplätzen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche in der Steiermark deutlich zu erhöhen,

in sozialpädagogischen Einrichtungen zur vollen Erziehung die Gruppengrößen abzusenken und den Personalschlüssel im Sinne einer Qualitätsverbesserung des Betreuungsverhältnisses anzuheben,

grundsätzlich Doppelbesetzungen der Fachkräfte in den Einrichtungen sicherzustellen die Dienstzeiten auf maximal 24 Stunden zu beschränken,

für Kinder unter 10 Jahren mit speziellem Betreuungsbedarf (Traumatisierung, Gewalterfahrung, Eigen- oder Fremdgefährdung) ein ausreichendes Ausmaß an Betreuungsplätzen mit speziellen traumapädagogischem Schwerpunkt und intensiver Betreuungsmöglichkeit (kleine Gruppen, hoher Betreuungsschlüssel) zu schaffen und

den geforderten Ausbildungsstand des sozialpädagogischen Personals anzuheben und den Prozentsatz des Personals ohne abgeschlossene Ausbildung in Einrichtungen der vollen Erziehung abzusenken.

Veröffentlicht: 28. September 2021

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