Landtagssitzung 20. September 2016

Massiver Sozialabbau durch die Abschaffung der Wohnbeihilfe

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

Seit 1. September 2016 gilt in der Steiermark die neue Wohnunterstützung, die die Wohnbeihilfe abgelöst hat. Angesichts der radikalen Kürzungen selbst bei Mindestpensionistinnen und -pensionisten kann nur von einem brutalen Sparpaket auf dem Rücken von Menschen, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen, gesprochen werden. Wieder sind es die sozial Schwachen, auf deren Kosten ein sozialpolitisches Experiment durchgeführt wird. Wie viele Menschen ihre Wohnungen verlassen müssen und wo sie auf dem freien Markt eine neue, billigere finden sollen, wurde bisher nicht beantwortet. Ein Wohnungswechsel kostet viel Geld. Umzug, Kaution, Sanierung, Möbel – das alles muss man sich leisten können.

Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten mussten schon bisher mit deutlich weniger als 1000 Euro im Monat auskommen, jetzt verlieren sie durchgehend an die 50, 60 Euro im Monat. Für die Betroffenen ist das viel Geld. Und wer als alleinstehende Person 970 Euro im Monat verdient oder als Pension bezieht, ist nach der Neuregelung schon zu reich, um eine Unterstützung bekommen zu können. Wer Ersparnisse hat, etwa für eine Waschmaschine, eine nötige Wohnungssanierung oder auch für das eigene Begräbnis, kann ebenfalls keine Wohnunterstützung mehr beziehen – soferne die Ersparnisse 4.188,80 Euro übersteigen.

Die Kürzungen werden für viele Steirerinnen und Steirer massive persönliche Auswirkungen haben und sie vor existenzielle Probleme stellen. Dass bereits wenige Tage nach Veröffentlichung der Durchführungsverordnung zur Wohnunterstützung in der letzten Augustwoche ein Härtefonds angekündigt wurde, legt den Verdacht nahe, dass im Sozialressort keine Klarheit über das Ausmaß der Kürzungen herrscht.

Es wird daher folgende Dringliche Anfrage gestellt:

1. Wie viel hat das Land Steiermark zwischen 2009 und 2015 für die Wohnbeihilfe ausgegeben?

2. Mit welchen Kosten (Wohnbeihilfe und Wohnunterstützung zusammengerechnet) wird für 2016 und für 2017 gerechnet?

3. Wie viele Haushalte haben seit 2009 jeweils Wohnbeihilfe bezogen?

4. Von welchen Schätzungen gehen Sie dabei für 2016 und 2017 aus?

5. Nach welchen Kriterien werden Mittel aus dem am 2. September angekündigten Härtefonds vergeben und für welchen Zeitraum stehen die 5 Mio. Euro zur Verfügung?

6. In welcher Höhe erfolgen Zahlungen aus dem Härtefonds?

7. Wer entscheidet über die Vergabe von Mitteln aus dem Härtefonds?

8. Ist daran gedacht, den Härtefonds mit neuen Mitteln auszustatten, sobald der reservierte Betrag verbraucht ist?

9. Warum werden Alimente für jene, die sie beziehen, zwar als Einkommen gewertet, aber bei denjenigen, die die Zahlungen leisten, nicht vom Einkommen abgezogen?

10. Welche flankierenden Maßnahmen (wie etwa eine Wohnbauoffensive für erschwingliche kommunale Wohnungen) sind von Seiten des Landes Steiermark vorgesehen?

 

Rückkehr zu Wohnbeihilfe der Jahre 2006 bis 2011

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Pallast

Wohnen ist ein unverzichtbares Grundbedürfnis. Und Wohnen ist kein Gut wie jedes andere: Im Gegensatz zu anderen Gütern zeichnet sich das Gut Wohnen dadurch aus, dass es nicht substituierbar und zudem standortgebunden ist, die Produktionszeiten lang, die Produktionskosten sehr hoch und die Nutzungsdauern sehr lang sind. Das Eingreifen des Staates ist daher für Fragen der Verteilung und der Sozialpolitik unabdingbar.

Regulierte Mietpreise und ein ausreichendes Angebot des gemeinnützigen bzw. öffentlichen Sektors wirken sich wesentlich auf die Leistbarkeit des Wohnens aus. So haben Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen jeweils die geringsten jährlichen Steigerungen der Mietpreise zu verzeichnen.

Allerdings verkleinert sich derzeit der Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes durch die Alterung des Gebäudebestandes (und die Nichtanpassung des MRG an dieses Faktum). Die Zahl der jährlich fertiggestellten bzw. sanierten Wohnungen des gemeinnützigen Sektors hat sich seit den 90er Jahren ebenfalls massiv verringert.

Von 1980 bis 2010 hatte Österreich ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von über 2,1 % zu verzeichnen. Die verfügbaren Einkommen blieben demgegenüber mit durchschnittlich 1,8 Prozent Zuwachs pro Jahr zurück. Der Verbraucherpreisindex stieg von 1980 bis 2010 jährlich im Schnitt um 2,6 %, die Mieten aber stiegen in diesem Zeitraum um jährlich durchschnittlich 4,4 Prozent (Quelle: WIFO).

Die Mietpreise steigen also weitaus stärker als das Einkommen der Menschen, aber auch stärker als sonstige Preise. In den fünf Jahren von 2011 bis 2015 verteuerten sich die Mieten (inklusive Betriebskosten) im österreichweiten Schnitt um 14,9 Prozent, das ist EU-weit der höchste Wert. Bei privat vermieteten Wohnungen sind es sogar 16,5 Prozent. Im selben Zeitraum wurden sämtliche Initiativen für mehr leistbare Wohnungen in der Steiermark von SPÖ und ÖVP abgeschmettert.

Neben der Objektförderung (Wohnbauförderung) ist eine ausreichende Subjektförderung (Wohnbeihilfe) daher ein unverzichtbares Element der Wohnungspolitik, solange nicht genügend leistbarer Wohnraum für alle Menschen in der Steiermark zur Verfügung steht. Die Wohnbeihilfe hat sich aber nach den 90er Jahren umgekehrt proportional zum Mietpreis entwickelt.

Die vom damaligen Landesrat Flecker 2006 eingeführte „Wohnbeihilfe neu“ betrug für eine Person maximal € 182. Sie wurde unter der „Reformpartnerschaft“-Regierung 2012 drastisch gekürzt und beträgt seither für eine Person maximal € 143.

Seit 1. September gibt es in der Steiermark die Wohnbeihilfe nicht mehr. Sie wurde von der neuen, noch weiter reduzierten Wohnunterstützung abgelöst. Was von Seiten der „Zukunftspartnerschaft“-Landesregierung als bloße Verwaltungsvereinfachung dargestellt wird, stellt eine massive Kürzung auf dem Rücken von tausenden Betroffenen dar, die nun auf einen Schlag nicht mehr wissen, wie sie ihr Auskommen finden sollen.

Mit sehr wenigen Ausnahmen verlieren alle Betroffenen Unterstützungsleistung. Viele werden gar keine Beihilfe mehr erhalten, obwohl sie über äußerst geringe Einkommen verfügen.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag bekennt sich dazu, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist und für alle Menschen erschwinglich sein muss und daher eine ausreichende Subjektförderung ein unverzichtbares Element der Wohnungspolitik ist.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Wohnunterstützungsgesetzes auszuarbeiten, mit der die Wohnunterstützung der in den Jahren 2006 bis 2011 geltenden Rechtslage der damaligen "Wohnbeihilfe-Neu" angeglichen wird und

b) eine Wohnbauoffensive zur Schaffung von genügend leistbarem sozialen und kommunalen Wohnraum zu starten.

 

Kontrolle und Strafen für tierquälerische Schlachtungen erhöhen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (einstimmig angenommen)

Immer wieder erreichen uns Berichte von Tierschutzorganisationen über tierquälerische Schlachtungen. Sowohl bei legalen Schlachtungen an großen Schlachthöfen, als auch bei privaten illegalen Schlachtungen in Hinterhöfen wird häufig kein Wert auf tierschonende Behandlung gelegt.

Anzeigen wegen Tierquälerei bei der Schlachtung gibt es kaum. Offenbar wird davon ausgegangen, dass beim Schlachten Tierquälerei nicht zu vermeiden ist. Tiere müssen so in ihren letzten Stunden oft unglaubliche Qualen erdulden.

Der Initiative von Tierschutzorganisationen ist es zu verdanken, dass das Tierleid immer wieder an die Öffentlichkeit gelangt. Die Behörden, aber auch die Politik ist gefordert, endlich Maßnahmen zu setzen, dass die Schlachtungen von über 5 Millionen Schweinen, 600.000 Rindern, etwa 150.000 Schafen und 77 Millionen Hühnern,

die in Österreich jährlich geschlachtet werden, objektiv und scharf in Hinblick auf Tierquälerei kontrolliert, etwaige Vergehen konsequent verfolgt und die zu verhängenden Strafen empflindlich erhöht werden.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im eigenen Wirkungsbereich und auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass

die Kontrollen der Schlachtungen massiv verstärkt,

etwaige Vergehen in Bezug auf tierquälerisches Schlachten konsequent verfolgt und

der Strafrahmen empfindlich erhöht werden.

 

Sozialtherapeutische Wohnplätze für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche

Befragung eines Mitgliedes der Landesregierung (§ 69 GeoLT)

Die Steiermark ist österreichweites Schlusslicht in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit sozialtherapeutischen Wohnplätzen.

Der Landtag hat daher in der Sitzung vom 24.11.2015 mit einstimmigen Beschluss die Landesregierung aufgefordert, in Zusammenarbeit des Sozial- und Gesundheitsressorts ein Konzept auszuarbeiten, um das Angebot an sozialtherapeutischen Wohnplätzen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche in der Steiermark deutlich zu erhöhen und dem Landtag darüber zu berichten (LT-Beschluss Nr. 72).

Ich stelle daher folgende Anfrage:

Welche Maßnahmen haben Sie seit November 2015 gesetzt, um dem Landtagsbeschluss zu entsprechen und die Anzahl an sozialtherapeutischen Wohnplätzen für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche in der Steiermark deutlich zu erhöhen?

 

Bessere medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Die medizinische Versorgung der Kinder- und Jugendlichen auf dem Gebiet der Pädiatrie ist - wie auch die Volksanwaltschaft jüngst wieder feststellte - in Österreich leider nicht ausreichend. Es ist unabdingbar, dass flächendeckend genügend Kinderärzte und -ärztinnen sowohl wochentags als auch am Wochenende in Ordinationen erreichbar sind sowie ein kinderärztlicher Notdienst, der auch Hausbesuche macht.

Auch im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie tut sich eine Versorgungslücke auf. Zunehmend mehr Minderjährige in Österreich brauchen eine spezialisierte kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung. Weder die in kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten noch das ambulante Angebot decken den Bedarf ab. Sowohl die im österreichischen Strukturplan Gesundheit ausgewiesenen Bettenkennzahlen von 0,08 Betten pro 1000 EinwohnerInnen als auch der quantitative Richtwert für sogenannte „ambulante KJP-Einheiten" (eine ambulante kinder- und jugendpsychiatrische Einheit pro 250.000 EinwohnerInnen) werden bundesweit deutlich unterschritten.

Bereits im Vorjahr hatte die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht an das Parlament auf die „eklatante Versorgungslücke“ mit FachärztInnen für die Kinderpsychiatrie hingewiesen. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass bis zu 200 000 Kinder und Jugendliche in Österreich von psychiatrischen Störungen betroffen sind, demgegenüber fehlen Hundertschaften an ausgebildete Fachärztinnen und Fachärzten,“ so Kräuter. Obwohl ambulante und tagesklinische Behandlungsangebote im Vorfeld von Krisen weniger in die Lebensverhältnisse der Kinder und jungen Menschen eingreifen würden, sind auch diese ungenügend ausgebaut. Es gibt zu wenig Fachärztinnen und Fachärzte der Kinder- und Jugendpsychiatrie und zu wenige Ausbildungsplätze.

Die Volksanwaltschaft fordert eine Lockerung des 1:1 Ausbildungsschlüssels, damit ein ausreichendes Versorgungsangebot für dringend psychisch behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche sichergestellt werden könne.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei der Bundesregierung für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

flächendeckend genügend kinderärztliche Kassenstellen,

flächendeckender kinderärztlicher Notdienst nachts und an Wochenenden,

Behandlung von Minderjährigen ausschließlich auf Stationen für Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Aufstockung der Ausbildungsplätze von Fachärztinnen und Fachärzten der Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Ausbau der tagesklinischen und ambulanten Strukturen der Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Ausbau der Bettenkapazitäten der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrien, sowie

Reha-Einrichtungen für Kinder und Jugendliche nach psychiatrischen Klinikaufenthalten.

 

18. Oktober 2016