Landtagssitzung 15. Dezember 2009

Initiativen der KPÖ

 

Maßnahmen gegen die Plastikflut

Begründung:

Der der Film „plastic planet“ hat die Aufmerksamkeit auf ein Problem gelenkt, dessen ganze Tragweite bisher noch gar nicht erfasst werden kann. Tagtäglich werden Unmengen von verschiedensten, teilweise extrem langlebigen Kunststoffprodukten erzeugt, die in die Umwelt entlassen werden. Schon jetzt ist Kunststoff ein allgegenwärtiger „Begleiter“ der Menschheit. In den Meeren beträgt das Verhältnis von Plastik zu Plankton schon jetzt 60:1.

 

Wie der Film auch drastisch vor Augen geführt hat, sind die Inhaltsstoffe von Kunststoffartikeln, z.B. Weichmacher, eine Art „Betriebsgeheimnis“ der Hersteller, und so ist die genaue Zusammensetzung dieser Erzeugnisse weitgehend unbekannt. Bei einer der meistproduzierten Chemikalien, Bisphenol A, wurde nachgewiesen, dass die Industriechemikalie auch schon bei einer „außerordentlich niedrigen Dosierung“ von 0,02 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht das Erbgut schädigen und zum Beispiel Trisomie 21 verursachen kann. Viele der Inhaltsstoffe von Kunststoffprodukten sind bezüglich ihrer Wirkungsweise aber noch gar nicht ausreichend erforscht.

 

Ein kritischer Blick auf die Kaufregale zeigt, dass ein Entrinnen aus der Plastikflut kaum möglich ist. Kunststoff-Getränkeflaschen haben das Glas weitgehend verdrängt. Kunststoffe sind als Verpackungsmaterial allgegenwärtig. Lebensmittel, selbst Bio-Produkte, ohne Kunststoffverpackung sind die Ausnahme. Es wäre an der Zeit, diesem Problem mehr Aufmerksamkeit zu widmen und auch gegenzusteuern.

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landeregierung wird aufgefordert, 

 

a) in ihrem eigenen Wirkungsbereich 

 

1. Konzepte gegen die Plastikflut zu entwickeln,  

 

2. die Forschung über die Auswirkung von Kunststoffprodukten und deren Inhaltsstoffen auf die menschliche Gesundheit zu intensivieren, 

 

3. die Forschung, Entwicklung und Anwendung von alternativen Verpackungsmaterialen zu forcieren, 

 

und die Umsetzung dieser Punkte auch auf Bundes- und auf EU-Ebene einzufordern, sowie 

 

b) auf Bundes- und EU-Ebene eine vollständige Produktdeklaration der Inhaltsstoffe von Plastikerzeugnissen einzufordern.

 

Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.

Aushöhlung der demokratischen Kontrolle über das Landeseigentum stoppen

Begründung:

Ausgliederungen sind in der Steiermark in der jüngsten Vergangenheit zu einem beliebten und immer öfter gebrauchten Instrument der Budgetkonsolidierung geworden. Vermögenswerte werden in Gesellschaften eingebracht, die zunächst vollständig im Besitz des Landes verbleiben, um unter Umgehung der Maastricht-Kriterien Geld auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen oder defizitäre Bereiche der Verwaltung in eigenen Bilanzierungskreisläufen zu parken. Es hat sich an zahlreichen aktuellen Beispielen auch gezeigt, dass die Vehikel dieser Transaktionen, die Landesimmobiliengesellschaft, die Energie Steiermark AG, die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft und ähnliche Unternehmen dazu benutzt werden, um die mittelfristige Veräußerung öffentlicher Güter vorzubereiten, die der Lukrierung von Einmaleffekten, also der Budgetkosmetik, dienen.

 

In den von Landeshauptmann Voves jüngst vorgestellten „Sozialdemokratischen Überlegungen für eine neue Wirtschaftspolitik“ wird klar dargelegt, dass bei der Auslagerung von öffentlichem Eigentum „Entdemokratisierung durch Verlust der Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand“ zu befürchten sind. Genauer wird ausgeführt, dass „Die Aushöhlung der Souveränität der Wählerinnen und Wähler kann auch schleichend durch PPP-Modelle und Auslagerungen in KEGs erfolgen. Beteiligen sich private Unternehmen an öffentlichen Unternehmen, kann es sein, dass die Interessen der privaten Inhaber die Interessen der öffentlichen Inhaber (WählerInnen) dominieren z.B. bei der Preisgestaltung. Dem ist durch klare Regelungen in den Verträgen (siehe Privatisierung/Liberalisierung) vorzubeugen.“

 

Wenn Kapitalgesellschaften, an denen das Land beteiligt ist, im nicht hoheitlichen Bereich privatrechtlich handeln und Transaktionen tätigen (z.B. den Verkauf von Liegenschaften oder den Verkauf von sonstigem Anlagevermögen der Gesellschaft), dann bedarf es dafür nach der geltenden Rechtslage keiner Beschlussfassung des LT. Die Rückbindung der Entscheidungen, die über öffentliches Eigentum in ausgegliederten Gesellschaften gefällt werden, an die gewählten VertreterInnen der steiermärkischen Bevölkerung, sind ein erster Schritt schleichendem Demokrativersagen und mangelnder Transparenz –auch im Sinne des von LH Voves vorgestellten „NEW“ Konzeptes-- entgegen zu wirken.    

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,

 

1) neu zu errichtende Gesellschaftsverträge so zu gestalten, dass Rechtshandlungen der Gesellschaft ab einer zu bestimmenden Wertgrenze genehmigungspflichtige Vorhaben sind, sodass das jeweilige Organ der Gesellschaft (Aufsichtsrat und Hauptversammlung ) zu befassen wäre,

 

2) bei bereits bestehenden Gesellschaftsverträgen eine Änderung im Sinne von 1) zu prüfen, und Vorschläge für die dort beschriebenen Wertgrenzen zu erstatten,

 

3) zu prüfen, ob sich Entscheidungsbefugnisse von Organen der Landesregierung als Gesellschafterrechte in bestimmten Fällen an die Zustimmung des Landtages binden lassen, indem entsendete Mitglieder der Landesregierung – um in diesem Organ wirksam von ihrem Stimmrecht betreffend das genehmigungspflichtige Vorhaben Gebrauch zu machen – die Beschlussfassung des Landtags einzuholen haben,

 

4) dem Landtag eine allfällige Novelle des L-VG 1960 im Sinne von 3) vorzulegen.

 

 


Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.


 

Steuerliche Transparenzinitiative

Begründung:

Die Studie „Mit Transparenz zu einem gerechten und effizienten Steuersystem“ der Wirtschaftswissenschaftler René Bormann, Thomas Rixen und Klaus Seipp vom Juli 2009 zeigt auf, dass die gegenwärtigen neoliberalen Vorstellungen von Effizienz, Markt und Staat nicht die Basis eines langfristig stabilen und sozialen Wirtschaftssystems sein können. Den schrumpfenden Einnahmen des Staates stehen rasant steigende Ausgaben gegenüber. Aber nicht nur die Krise mit ihren Konjunkturprogrammen, Milliardenförderungen für bankrotte Banken und deren Folgen für die Sozialsysteme reißt Löcher in den Staatshaushalt. Auch das Investitionsdefizit wie z.B. in den Bereichen Bildung, Forschung und ökologischer Wandel muss dringend ausgeglichen werden.

 

Um diesen Aufgaben in Zukunft gerecht werden zu können, ist es dringend geboten, das in Österreich herrschende Steuerrecht grundlegend zu verbessern. Es muss, so die Autoren der Studie, „sicher gestellt werden, dass sich jeder entsprechend seiner Leistungsfähigkeit an der Finanzierung der staatlichen Aufgaben beteiligt. Eine steuerliche Transparenzinitiative ist der Schlüssel zur Erreichung dieses Ziels.“

 

So wie der Staat sich verpflichtet fühlen sollte, seine Bürgerinnen und Bürger über alle Ausgaben und Förderungen umfassend zu informieren, so würde auch eine Veröffentlichung der gezahlten Steuern sowie der Steuerschulden viel zu einem gerechteren und transparenteren Gemeinwesen führen. In Schweden wurde bereits vor Jahren (1766!) ein Grundsatz eingeführt, die diesen Vorgaben gerecht wird: Jeder Bürger und jede Bürgerin kann in alle behördlichen Akten Einblick nehmen, auch in sämtliche Steuerbescheide. Beschwerden darüber gibt es kaum, schließlich werden auch die Leistungen offenengelegt, die mit dem Geld der Bevölkerung getätigt werden. Steuerhinterziehung und -tricksereien stoßen in Schweden auf wenig Verständnis: Die konservative Handelsministerin Maria Borelius etwa musste 2006 nach nur 8 Tagen von ihrem Amt zurücktreten, weil bekannt geworden war, dass sie ihr Ferienhäuschen steuerschonend über eine Tarnfirma mit Sitz auf Jersey gekauft hatte.

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich für die Einführung steuerlicher Transparenz nach schwedischem Vorbild einzusetzen, um

 

l die Einkommen und Steuerleistung aller Bürgerinnen und Bürger sowie aller juristischen Personen ohne Unterschied offenzulegen und

l die Aufrechterhaltung von Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern bei gleicher Tätigkeit zu erschweren.

 

Unterschriften:
Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.

Maßnahmen im Sozialbereich

Begründung:

Der Steirische Sozialbericht 2009 bietet einen guten Überblick über die sozialpolitischen Maßnahmen und Transferleistungen, die das Land Steiermark seinen BewohnerInnen bietet. Er zeigt insbesondere auf, wo der Vollzug der Sozialgesetzgebung verbessert werden kann.

 

Der Sozialbericht führt aus, dass die Ursachen für Schuldenprobleme immer vielfältiger werden, die Möglichkeiten zur Verschuldung von Jugendlichen und Erwachsenen immer zahlreicher und vielschichtiger: Arbeitslosigkeit und Einkommensverschlechterung, Kaufen auf Kredit, Formen der „neuen Selbstständigkeit“, die ein erhöhtes Schuldenrisiko bergen (oft auch für Verwandte und PartnerInnen, die für Verbindlichkeiten mithaften müssen), Scheidung und Trennung.

 

Menschen mit Schuldenproblemen benötigen entsprechende fachliche Beratung und Unterstützung, um ihre finanzielle Situation in den Griff zu bekommen. Seit 1995 besteht die Einrichtung „Schuldnerberatung Steiermark“, die seit 2002 eine eigenständige Firma ist. Die Wartezeiten, um deren Betreuung in Anspruch nehmen zu können, die über eine telefonische Abklärung hinausgeht, beträgt etwa sechs Monate. In dieser Zeit kann sich eine schwierige finanzielle Lage eines Betroffenen, der sich nicht mehr selbst daraus befreien kann, dramatisch verschlechtern. Insbesondere in Zeiten der Wirtschaftskrise sollte dieses Angebot mit dem Ziel, die Wartezeit zu verkürzen, ausgebaut werden.

 

Im Sozialbericht wird eine Reihe von informativen Foldern und Broschüren angeführt, die seitens der Abteilung 11 zu verschiedensten Themen erstellt wurden. Es wird auch auf den Sozialserver des Landes und die vielfältigen Informationen die dort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, hingewiesen. Allerdings ist dem Sozialbericht zu entnehmen, dass nur 43 Prozent der steirischen Bevölkerung über einen Zugang zum Internet verfügen. Die seit langem vom Ressort in Aussicht gestellte Broschüre bzw. ein Folder zum Thema Sozialhilfe findet sich nicht im niederschwelligen Informationsangebot des Landes. Ein solches Printprodukt könnte Hilfe suchenden Menschen eine erste Orientierung über die Leistungen aus dem Sozialhilfegesetz bieten, auf die sie Anspruch erheben können, und sollte daher in Ergänzung des bestehenden Angebotes möglichst rasch erstellt und verteilt werden.

 

Die Bearbeitung von Berufungen im Sozialhilfebereich können trotz der im AVG verankerten Frist von sechs Monaten in der Praxis auch über ein Jahr in Anspruch nehmen. Nach Auskunft der mit diesen Angelegenheiten betrauten BeamtInnen der Landesregierung liegt dies daran, dass zuwenig Personal für eine zeitgerechte Bearbeitung zu Verfügung stünde. Dies deckt sich mit den Erfahrungen, welche die KPÖ Steiermark im Rahmen ihrer Sozialberatung bei der Begleitung von Einsprüchen gegen erstinstanzliche Entscheidungen machte. Menschen, die um Leistungen aus dem Sozialhilfegesetz ansuchen, befinden sich in der Regel in akuten Notlagen, zumindest aber in sehr schwierigen Lebensumständen. Es ist daher unzumutbar wenn BerufungswerberInnen über ein Jahr warten müssen, bis geklärt ist, ob und in welcher Höhe sie auf Sozialhilfe hoffen können.

 

Bei den von der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung abgewickelten Geschäftsfällen ist es von 2007 auf 2008 zu einer Steigerung von 24 % gekommen, die Zahl der KlientInnen erhöhte sich um 19 %. Es handelt sich dabei ausschließlich um Neuzugänge ohne Berücksichtigung laufender Bearbeitungen. Der Sozialbericht weist auf die lange Erledigungsdauer bzw. Anhängigkeit der Anfragen hin. Da zahlreiche Umsetzungsschritte erforderlich sind und KlientInnen im Sinne eines „case managements“ auch über mehrere Monate unterstützt und beraten werden, kann die Anwaltschaft mit dem bestehenden Personalstand den Anforderungen kaum nachkommen. Der Leiter der Anwaltschaft selbst sprach davon, die Sprechstunden in den Bezirken einzuschränken. Der Sozialbericht verzeichnet jedenfalls, dass in den ersten beiden Jahren noch 24 % der Kontakte in Form persönlicher Gespräche zustande kamen, während dies aktuell bei nicht einmal einem Zehntel der insgesamt über 6200 Kontakte der Fall ist.

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landeregierung wird aufgefordert,

 

1.     für eine deutliche Verkürzung der Wartezeiten – derzeit beträgt diese bis zu sechs Monate – bei der Inanspruchnahme von Leistungen der SchuldnerInnenberatung Steiermark Sorge zu tragen;

2.     für die Erstellung eines Sozialhilfefolders Sorge zu tragen, damit – im Sinne der Besprechung der Arbeitsgruppe Sozialhilfeanwaltschaft vom 1. Juli 2009 lt. Protokoll – Betroffene in verständlicher Sprache Erläuterungen über das Leistungsspektrum des Sozialhilfegesetzes und die wichtigsten Schritte zur Geltendmachung von Ansprüchen bekommen;

3.     durch Aufstockung des damit betrauten Personals eine deutliche Verkürzung der Entscheidungsfristen über Berufungen gegen Entscheidungen zum Sozialhilfegesetz zu erreichen; und

4.     den Handlungsspielraum der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung durch eine Aufstockung des für sie vorgesehenen Personals zu steigern.

 

 

Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.

15. Dezember 2009