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Zum Landwirtschaftsbudget des Landes

Anmerkungen von KPÖ-Agrarsprecherin Renate Pacher

Es gibt Vorstellungen davon wie Landwirtschaft betrieben werden sollte – und es gibt die Realität. Und leider klaffen Vorstellung und Realität immer mehr auseinander.
Was sind nun unsere Vorstellungen wie Landwirtschaft betrieben werden sollte?
Zum einen sollten Bäuerinnen und Bauern von den Produkten ihrer Arbeit leben können und Förderungen nur für Höfe in benachteiligten Lagen notwendig sein.

Dazu braucht es aber faire Preise für die ProduzentInnen, aber auch Menschen, die diese fairen Preise bezahlen können. Also auch faire Löhne, Gehälter und Pensionen.

Da aber die Bedingungen, unter denen landwirtschaftliche Produkte
erzeugt werden können sehr unterschiedlich sind, wird ein steirischer Bergbauer nie mit einem holländischen Betrieb in Konkurrenz treten können, daher müsste es Schutzmaßnahmen geben. Schutzzölle, einen Gebietschutz, den Aufbau einer engen Kooperation mit der regionalen Verarbeitung und dem regionalen Vertrieb,
damit die landwirtschaftlichen Produkte vor allem in der Region konsumiert werden in der sie erzeugt werden. Das wäre gut für die bäuerliche Landwirtschaft und für die Umwelt, denn damit würde z.B. unnötiger Verkehr vermieden werden.

Die Gesellschaft kann von den bäuerlichen Betrieben die Erzeugung von hochwertigen und gesunden Produkten erwarten. Dafür wäre eine naturnahe und naturschonende Produktionsweise - das heißt eine biologische Kreislaufwirtschaft - nötig,  Das Verbot von Gentechnik wäre selbstverständlich.

Eine solche Landwirtschaft würde die Umwelt schonen, die Menschen mit hochwertigen regionalen Nahrungsmitteln versorgen und den Beschäftigten in der Landwirtschaft ihre Arbeitsplätze und den Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft auf ihren Höfen sichern.

Und wie sieht die Realität aus?
Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und der Menschen, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind, geht ständig zurück. 1960 gab es in Österreich noch rund 402.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. 2007 waren es nur mehr rund 187.000.

1960 gab es noch rund 1,148 Mio. Arbeitskräfte in diesen Betrieben, 2007 sind es nur mehr rund 495.000.  Bauernsterben ist dafür die traurige Bezeichnung.

Heute erleben die LandwirtInnen einen Preisverfall ihrer Produkte  und sind vom Fördertropf abhängig. Und - in diesem kapitalistischenWirtschaftssystem wird alles zum Spekulationsobjekt
- auch die Lebensmittel.

Die Fördersysteme nutzen den Großen und benachteiligen die Kleinen. Nun mussten die Agrarförderungen veröffentlicht werden. Das Bild, das sich hier abzeichnet ist wahrlich ein Skandal. Statt  ökologisch wirtschaftenden Klein- und Mittelbetriebe zu fördern, fließt der Löwenanteil in die Agrarindustrie und in Großbetriebe.

Die zwölf größten Förderungsempfänger sind Agrarkonzerne wie Rauch Fruchtsäfte, Kraft Foods oder VA-Intertradingan der 13. Stelle kommt erst ein landwirtschaftlicher Betrieb
allerdings – wie könnte es anders sein - ein Großbetrieb, die Stiftung Fürst Lichtenstein.

Das ist die traurige Realität, der einzige Fortschritt ist, dass die Agrar-Förderungen veröffentlicht werden müssen und so für öffentliche Diskussionen sorgen. Eine Offenlegung, die wir für alle Arten von Förderungen einfordern.

Statt einer Kooperation mit regionalen Verarbeitern und Händlern sind die LandwirtInnen immer mehr einigen wenigen Handels- und Agrarkonzernen ausgeliefert, die die Preise diktieren können.

Statt Schutzzöllen und Gebietsschutz müssen auf Geheiß der EU und der WTO die Märkte für alle Produkte geöffnet werden. Ausländische Billigprodukte überschwemmen die Kaufregale.

Statt aus einer naturnahen Kreislaufwirtschaft kommt das Lebensmittelangebot immer mehr aus einigen Großbetrieben. Konzentration und Industrialisierung stehen in der Landwirtschaft
auf der Tagesordnung.

Statt einer naturnahen und umweltschonenden Bewirtschaftung gibt es Monokulturen, Kunstdünger und den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln.

Anstatt dem Recht die Landwirtschafts- und Ernährungspolitik unseres Landes selbst zu bestimmen, stehen wir unter dem Diktat der EU. Das geht soweit, dass uns nicht einmal erlaubt ist gentechnisch veränderte Produkte in unserem Land zu verbieten.

Das alles ist Ausdruck der EU-Agrarpolitik der Liberalisierung und Deregulierung.
Diese Politik ist nicht im Interesse der Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern und der Gesellschaft. Dabei sind die LandwirtInnen die getriebene dieses Systems,
das in dem Sinne, wie ich es am Beginn meiner Rede aufgezeigt habe, verändert werden müsste.

Die EU handelt im Interesse der Agrar- und Lebensmittelkonzerne und der landwirtschaftlichen Großbetriebe. Das steirische Agrarbudget ist eingebettet in diese EU-Politik
Daher ist auch klar dass wir dieses Budget ablehnen.

16. Dezember 2008