Wohnunterstützung verfassungswidrig?
Steirische Oppositionsparteien ziehen vor Höchstgericht
Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierten die Klubobleute der Oppositionsparteien im steirischen Landtag am 21. Februar eine gemeinsame Initiative. Die 19 Mandatare von FPÖ, Grünen und KPÖ beantragen ein Normprüfungsverfahren des Steiermärkischen Wohnunterstützungsgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). „Bisher wurde das Recht auf Normenkontrolle durch den VfGH von Oppositionsparteien in der Steiermark noch nie in Anspruch genommen“, streichen die Klubchefs unisono die Besonderheit des geschlossenen Vorgehens der Opposition hervor.
Die Abschaffung der Wohnbeihilfe im September 2016 hat zu großen Problemen bei Eltern geführt, die auf diese Unterstützung angewiesen sind. Durch die Einbeziehung der Familienbeihilfe und Alimente in das Einkommen, mit dem die nun geltende Wohnunterstützung berechnet wird, verlieren diese Familien durchwegs die nötige Wohnbeihilfe. Auch mit der seit 1.1.2017 geltenden Neufassung des Gesetzes hat sich an dieser Problematik nichts geändert.
Dabei gehört besonders die Gruppe der Alleinerziehenden zu den Menschen, die massiv von Armut gefährdet sind. Natürlich sind auch die Kinder betroffen. Über 40.000 steirische Kinder und Jugendliche leben an oder unter der Armutsgrenze.
Zu großen Verzögerungen bei der Auszahlung ist es bereits nach der übereilten Einführung der Wohnunterstützung im September des Vorjahres gekommen. Auch bei der neuerlichen Gesetzesänderung im Dezember 2016 wurden die Rechtsgrundlagen und der Berechnungsmodus für die Auszahlung der Wohnunterstützung geändert, sodass die zuständige Behörde jeden Fall neu berechnen muss. Die Abteilung war schon zuvor nicht ausreichend mit Personal ausgestattet und ist daher chronisch überlastet.
Da die wesentlichen Schwachstellen des Gesetzes mit der Novelle im Dezember 2016 nicht behoben, sondern teilweise noch verschlechtert wurden, haben sich die Oppositionsparteien im steirischen Landtag auf eine gemeinsame Vorgangsweise geeinigt und ziehen vor das Höchstgericht. Dafür sind die Unterschriften eines Drittels der Abgeordneten im steirischen Landtag nötig. Eine Hürde, die keine Partei aus eigener Kraft überspringen kann.
„Man kann in der Gesamtbetrachtung getrost von einem ‚parlamentarischen Desaster‘ sprechen“, kritisierte FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek den unsauberen und überhasteten Prozess im Landtag, der zum Wohnunterstützungsgesetz führte.
"Dadurch, dass SPÖ und ÖVP bei der Wahl ihre Zweidrittelmehrheit verloren hat, hat die Opposition nun neue Möglichkeiten: Ich freue mich, dass wir sie hier im Sinne der vielen betroffenen Menschen, die seit Monaten auf die Verschlechterungen durch das Gesetz hinweisen, ergreifen", betonte der Grüne Landtagsklubobmann Lambert Schönleitner.
KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler hob hervor, dass einige Regelungen willkürlich und ungerecht seien. „Besonders Alleinerzieherinnen verlieren durch die Einrechnung der Familienbeihilfe ins Einkommen die gesamte oder zumindest einen Teil der Unterstützung. Das trifft eine Gruppe, die es ohnehin schwer genug hat. Und für Studierende ist es noch schwerer geworden, eine Wohnung zu finanzieren. Wer keine reichen Eltern hat, verliert.“
Veröffentlicht: 21. Februar 2017