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Wasser muss in öffentlichem Eigentum bleiben!

Klimt-Weithaler: „Wasserversorgung nicht privaten Profitinteressen überlassen!“

Mit der Zwangsprivatisierung der Wasserversorgung will die EU einen weiteren Schritt in Richtung Totalausverkauf der Daseinsvorsorge setzen. Das sagte KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler zur heutigen Abstimmung über die „Wasser-Richtlinie“ der Europäischen Union.

Von der EU aufgezwungene Maßnahmen wie die Liberalisierung der Energieversorgung, die Privatisierung der Post oder die Zurückdrängung der Pensionsvorsorge zugunsten auf Börsenspekulation beruhender Pensionsfonds haben der Bevölkerung nur Nachteile gebracht. Post, Versicherungs- und Energiekonzerne schütten zwar riesige Summen an ihre Aktionärinnen und Aktionäre aus, aber für die Bevölkerung und die Beschäftigten hat die Liberalisierung schlechtere Leistungen, Lohndumping und Teuerung gebracht.

Klimt-Weithaler: „Die EU macht ihre Politik auf Grundlage der Einflüsterung großer Konzerne wie Suez, RWE und Veolia, die mit Wasser Milliarden verdienen. Die Wasserversorgung ist keine geeignete Spielwiese für Konzerne und PolitikerInnen, die sich an längst gescheiterte Modelle klammern. Die Zwangsprivatisierung muss gestoppt werden, Wasser ist keine Handelsware wie jede andere auch.“

Weil große Wasserkonzerne oft beim Leitungsnetz und der Hygiene sparen, um ihre Profite zu maximieren, wird z.B. in manchen Teilen Frankreichs das Trinkwasser mit Chlor versetzt, obwohl das gar nicht nötig wäre. In Deutschland ließen private Anbieter das Leitungsnetz verfallen, einige Kommunen mussten es um teures Geld von den Konzernen zurückkaufen. Die vermeintliche Einschränkung, den Gemeinden sei eine Privatisierung mit der EU-Richtlinie freigestellt, geht angesichts der finanziellen Lage der österreichischen Kommunen an der Realität vorbei.

Die KPÖ tritt gegen weitere Privatisierungen und für die Rückführungen privatisierter Bereiche der Daseinsvorsorge in öffentliches Eigentum ein.

Eine KPÖ-Initiative aus dem Jahr 2006, mit welcher der Schutz des Wassers vor Privatisierung in der Verfassung verankert werden sollte, scheiterte an der ÖVP. Ein neuer Antrag vom 4.1.2013, der sich gegen die EU-Richtlinie zur Privatisierung der Wasserversorgung richtet, wurde von den anderen Parteien auf die lange Bank geschoben, um eine rechtzeitige Behandlung zu verhindern.

Antrag der KPÖ an den Steiermärkischen Landtag (4.1.2013)

Drohende Privatisierung der Daseinsvorsorge sowie Lohn- und Sozialdumping durch geplante EU-Richtlinie

 

LANDTAG

STEIERMARK

XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE 2013

Einl.Zahl 1655/1

eingebracht am 04.01.2013

Selbstständiger Antrag (§ 21 GeoLT)

LTAbg.: Claudia Klimt-Weithaler, Dr. Werner Murgg

Fraktion(en): KPÖ

Zuständiger Ausschuss: Europa

Regierungsmitglied(er): LH Mag. Franz Voves, LR Dr. Christian Buchmann, LR Dr. Gerhard Kurzmann, LHStv. Hermann Schützenhöfer, LR Johann Seitinger

Betreff:

Drohende Privatisierung der Daseinsvorsorge sowie Lohn- und Sozialdumping durch geplante EU-Richtlinie

Begründung:

Der Vorschlag der EU-Kommission mit dem Titel "Richtlinie für Bau- und Dienstleistungskonzessionen", KOM (2011) 897) vom 20.12.2011 stellt den Versuch einer versteckten Privatisierung der Daseinsvorsorge dar. Der Binnenmarkt soll nun völlig liberalisiert werden und auch das lebenswichtige Gut Wasser soll nicht ausgenommen werden. Die Kommission ist nämlich überzeugt, dass "die Privatisierung von öffentlichen Versorgungsunternehmen, inklusive der Wasserversorger, Vorteile für die Gesellschaft bringe ... und dazu beitrage, öffentliche Schulden zu reduzieren", wie sie selbst in einem Brief vom 26.9.2012 an eine Gruppe von NGOs ausführt.

 

Konkret schlägt die Kommission vor, dass Kommunen ihre Leistungen unter bestimmten Umständen ausschreiben müssen, etwa wenn sie über Stadt- und Gemeindegrenzen hinweg zusammenarbeiten oder wenn private Unternehmen an städtischen Dienstleistungen beteiligt sind. Betroffen sind alle Bereiche der Daseinsvorsorge wie Energie, Abfall, Gesundheitsdienste, Wasserver- und -entsorgung, Verkehr oder auch die Straßenreinigung. Rechtlich problematisch kann die Situation werden, wenn die Leistungen von ausgegliederten Unternehmen der Gemeinde besorgt werden.

 

Doch gerade mit der Privatisierung der Wasserversorgung hat man in anderen Ländern schlechte Erfahrungen gemacht. Unter der Beteiligung von Privaten hat sich die Wasserversorgung verschlechtert und teilweise gesundheitlich bedenkliche Qualität erreicht.  Paris und Berlin sind daher gerade dabei, die Wasserversorgung wieder zu rekommunalisieren, nachdem etwa in Berlin seit der Privatisierung im Jahr 1999 der Wasserpreis um 15 Prozent angestiegen ist. London hat seit der Privatisierung vor 13 Jahren mit großen Wasserverlusten (20 Prozent) durch defekte Leitungen zu kämpfen, wobei auch dort die Wasserpreise nach einer kurzfristigen Senkung ebenfalls gestiegen sind.

 

Weitere Auswirkung der Richtlinie ist, dass bei kommunalen Leistungen das Vorsteuerverfahren verändert wird und künftig Mehrwertsteuer berechnet werden müsste, wodurch die kommunalen Leistungen verteuert und interkommunale Zusammenarbeit weiter erschwert wird.

 

Mit dieser Richtlinie und den darin enthaltenen Eingriffen in die Organisationshoheit der Behörden befindet sich die Kommission im Gegensatz zu einer Reihe von Bestimmungen des Lissabon-Vertrages. Der Richtlinienentwurf widerspricht völlig dem Subsidiaritätsprinzip der EU, das besagt, dass Entscheidungen möglichst bürgernahe getroffen werden sollen.

 

Er widerspricht auch Grundsätzen des EU-Vertrages, wie der Verpflichtung, die nationale Identität der Mitgliedsstaaten zu achten (Art. 4 Abs. 2 EUV), die Eigentumsordnung in den Mitgliedsstaaten unberührt zu lassen (Art. 345 AEUV) und in Bezug auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse einen weiten Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage zu gewähren, wie diese Dienste den Bedürfnissen der NutzerInnen entsprechend zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind.

Dienstleistungskonzessionen, mit denen staatliche oder kommunale Aufgaben an Privatunternehmen übertragen werden, stehen regelmäßig in Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Daseinsvorsorge) und sind daher besonders sensibel. Deren besondere Bedeutung für den sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Union wird auch durch das Europäische Primärrecht hervorgehoben (Art 14 AEUV, Art. 1 Protokoll über Dienste von allgemeinem Interesse). Ohne auf diese primärrechtliche Vorgabe einzugehen, begründet die Kommission die Notwendigkeit eines Rechtsaktes ausschließlich mit Gründen der Marktöffnung. Der eigentliche Zweck der öffentlichen Dienstleistung - nämlich den BürgerInnen einen allgemeinen, diskriminierungsfreien, flächendeckenden und erschwinglichen Zugang zu den Leistungen der Daseinsvorsorge zu gewähren - findet im Richtlinienvorschlag keine Berücksichtigung.

 

Die Bestimmungen der Europäischen Verträge und die kommunale Selbstverwaltung werden durch den Richtlinienvorschlag beeinträchtigt. Die Vorgaben des Richtlinienentwurfs stellen diese Prinzipien in Frage. Sie erklären vielmehr die kommunale Gestaltungsfreiheit zur Ausnahmesituation. Die Direktvergabe von Dienstleistungskonzessionen wird unterbunden. Damit gerät die interkommunale Zusammenarbeit unter Druck.

Der Vergabevorgang soll zusätzlich verrechtlicht werden. Damit entsteht aber nicht mehr Rechtssicherheit, sondern vor allem eine Einschränkung kommunaler Handlungsspielräume in Bezug auf Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten, gerade in Kernbereichen kommunaler Daseinsvorsorge (Wasserver- und -entsorgung, Abfall, Energie, Verkehr) und ein zunehmend intransparenter bürokratischer Vorschriften-Dschungel, der teure Verwaltungsverfahren nach sich ziehen wird.

Die Möglichkeiten, soziale Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorzuschreiben wird weiter eingeschränkt.

 

In drei Resolutionen (14.1.2004, 10.3.2004, 31.5.2006) hat das Europäische Parlament beschlossen, dass der Wassersektor nicht liberalisiert werden soll und daher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie über Dienstleistungskonzessionen fallen darf. Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3.7.2012 besagt, dass der Zugang zu Wasser ein universelles Grundrecht sein soll.

 

Dieser Richtlinienentwurf will die Öffnung der öffentlichen Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch der Wasserversorgung für den privaten Markt erzwingen. Nutznießer werden alleine internationale Konzerne sein, die Bevölkerung wird die Zeche bezahlen.

Der Richtlinienentwurf ist daher in der vorliegenden Form abzulehnen.

 

Zu fordern ist, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Vor allem die Bereiche der öffentlichen Infrastruktur (Wasser, Energie, Verkehr, Abfall), der sozialen Sicherheit (Sozialversicherung, Gesundheitswesen), Kultur und andere sensitive  Bereiche (Services of General (Economic) Interest) müssen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen werden.

Es muss sichergestellt sein, dass die Anwendung der jeweilig geltenden Kollektivverträge, sowie aller arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen in allen Phasen des Vergabeverfahrens zwingende Voraussetzung für eine Auftragsvergabe sind, um Lohn- und Sozialdumping zu unterbinden. Systematische Verstöße gegen nationale arbeits-, sozial- und umweltrechtliche Vorschriften müssen zum Ausschluss von der Konzessionsvergabe führen.

Konzessionsvergaben müssen verbindlich an soziale und ökologische Kriterien gebunden werden. Soziale und beschäftigungspolitische Kriterien, wie Frauenförderung, Integration benachteiligter Gruppen am Arbeitsmarkt, Arbeitsbedingungen oder externe Kosten, wie beispielsweise Umweltkosten, müssen berücksichtigt werden.


Da davon auszugehen ist, dass der EU-Ministerrat in das Verfahren einbezogen wird, gibt es die Möglichkeit für die Bundesregierung, Einfluss auf den Prozess zu nehmen.

 

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

1.   Der Landtag Steiermark spricht sich gegen die Erlassung der Richtlinie in der vorliegenden Fassung aus und fordert die Herausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge, die zwingende Berücksichtigung aller nationalen sozial-, arbeits- und umweltrechtlichen Bestimmungen sowie Kollektivverträge und die Aufnahme von verbindlichen sozial verträglichen und ökologischen Zuschlagskriterien.

2.   Die Landesregierung möge an die Bundesregierung mit dem Ersuchen herantreten, sich in der gebotenen Form gegen die Erlassung der Richtlinie für Bau- und Dienstleistungskonzessionen in der vorliegenden Form auszusprechen, den vorliegenden Richtlinienentwurf abzulehnen und die Herausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge, die zwingende Berücksichtigung aller nationalen sozial-, arbeits- und umweltrechtlichen Bestimmungen und Kollektivverträge und die Aufnahme von verbindlichen sozial verträglichen und ökologischen Zuschlagskriterien zu fordern.

 

 

 

Unterschriften:
Claudia Klimt-Weithaler eh., Dr. Werner Murgg eh.

 

 

Veröffentlicht: 24. Januar 2013

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