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Volkskrankheit Spielsucht -Politik darf nicht wegschauen

Ernest Kaltenegger - Redebeitrag in der Enquete des steirischen Landtages

Ernest Kaltenegger
Klubobmann der KPÖ im steirischen Landtag

Volkskrankheit Spielsucht –
Die Politik darf nicht länger wegschauen!

Redebeitrag im Rahmen der Enquete „Kleines Glücksspiel“
Graz, 2. 10. 07

Spielsucht ist mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden. Obwohl man seitens der Politik es bisher peinlichst vermieden hat, fundierte Daten über die Auswirkungen dieses Problems erheben zu lassen und zu veröffentlichen, genügt dem aufmerksamen Menschen der tägliche Blick auf die Medienberichte. Es vergeht kaum noch ein Tag, wo nicht über eine Straftat im Zusammenhang mit Spielsucht berichtet wird.

Von der Öffentlichkeit unbeachtet bleiben dagegen meist die vielen Einzelschicksale, die es noch nicht in die Kriminalberichtserstattung gebracht haben. Da geht es um psychisch und finanziell ruinierte Menschen, zerbrochene Familien und Freundschaften, verlorene Arbeitsplätze und soziale Isolation. Auch hier heißt die Ursache oft: Spielsucht!

Die Verantwortlichen in der Politik haben hier weg- oder - noch schlimmer – zugeschaut. In der Bevölkerung ist das Problembewusstsein dagegen schon etwas stärker entwickelt, wie es unter anderem 11.000 Steirerinnen und Steirer beweisen, die mit ihren Unterschriften von der Landespolitik strengere Regeln für das „Kleine Glücksspiel“ fordern.

Beklagt wird seitens der Bevölkerung immer wieder das enorme Überangebot an Spielautomaten, Casinos und Wettcafés. Tatsache ist, dass die Bestimmungen für das „Kleine Glücksspiel“ umgangen werden und die Behörden scheinbar tatenlos zuschauen. Eine der Grundbedingungen für „Kleines Glücksspiel“, wonach nämlich pro Spiel maximal 50 Cent eingesetzt werden dürfen, werden zur Farce, wenn es heute schon fast bei jedem Geldspielautomaten möglich ist, innerhalb einer Minute 100 Euro zu verspielen. Immer wieder wird auch von Spielen berichtet, wo der Einsatz pro Spiel 9 Euro beträgt. So ist es auch kein Wunder, dass nicht selten Spielerinnen und Spieler innerhalb weniger Stunden mehrere tausend Euro verlieren.

Dies alles geschieht ohne irgendwelche Schutzmaßnahmen für Spieler, wie zum Beispiel Bonitätsprüfung und der Möglichkeit von Sperren.

Aus diesem Umstand ergeben sich für die KPÖ folgende Forderungen:

· Die Bestimmungen für das „Kleine Glücksspiel“ sind rigoros durchzusetzen. Konkret bedeutet dies, dass Geldspielautomaten mit maximal 50-Cent-Münzen beschickt werden dürfen und dass eine Mindestdauer pro Spiel von 20 Sekunden festzulegen ist.
· Jugendliche sind durch technische Zugangshürden von der Benützung der Geldspielautomaten fernzuhalten. Außerdem sollten Schutzzonen im Umkreis von Schulen festgelegt werden.
· An allen Spielautomaten sind Warnhinweise hinsichtlich der Gefahren Spielsucht anzubringen. Weiters sollte dabei noch auf die nächstgelegenen Beratungseinrichtungen hingewiesen werden.
· Bei Übertretungen dieser Bestimmungen sind Mindeststrafen für die Glücksspielbetreiber einzuführen, die auch tatsächlich eine abschreckende Wirkung erzielen.
· Letztendlich sollten auch die Abgaben auf Spielautomaten mindestens auf das Wiener Niveau von 1.400 Euro pro Monat angehoben werden. Zusätzlich wäre noch eine Standortabgabe für Wettcafés und Automatencasinos einzuheben, um die ständig zunehmende Angebotsflut einzudämmen. Die Abgaben auf das Glückspiel sollten zweckgebunden für einen großzügigen Ausbau von Beratungs- und Therapieeinrichtungen sowie für Aufklärungskampagnen an Schulen verwendet werden.

Mir ist bewusst, dass man das Problem der zunehmenden Spielsucht nicht ausschließlich den Geldspielautomaten anlasten kann. So zum Beispiel sollten auch alle anderen Angebote an Glückspielen sehr kritisch durchleuchtet werden. So zum Beispiel wird derzeit äußerst aggressiv für Internetspiele geworben.

Darum sollte der Landtag Steiermark sich mit folgenden Forderungen an die Bundesregierung wenden:

· Ein Verbot der Werbung für Glücksspiele!
· Kreditkartenunternehmungen sollten – ähnlich wie in den USA – keine Zahlungen für Glücksspiele im Internet abwickeln dürfen.
· Die zuständigen Stellen des Bundes sollten rasch eine umfassende Studie über die Entwicklung von Spielsucht, deren Folgekosten für die öffentlichen Haushalte, die Rolle von Spielsucht bei Beschaffungskriminalität sowie die Auswirkungen des Überangebotes an Glücksspielen auf die Gesellschaft in Auftrag geben.

2. Oktober 2007