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Voitsberg III: Einige Hintergründe des Konflikts

KPÖ-Bezirkssprecher Pibernig weist auf Vorgeschichte der Schließung hin

Die aktuelle Diskussion um das Voitsberger Kraftwerk III wirft einige Fragen auf. DI Klaus Pibernig, Bezirkssprecher der KPÖ, nimmt dazu wie folgt Stellung:
„Das Dampfkraftwerk Voitsberg III verfeuert im März die restliche noch auf Lager liegende Braunkohle und soll dann stillgelegt werden. Nach dem Verlust der Arbeitsplätze bei der GKB werden auch beim Kraftwerk etwa 85 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Die Gewerkschaft hat für den Fall der Schließung Kampfmaßnahmen geplant, setzt aber noch auf Landeshauptmann Voves, der die Umrüstung des Kraftwerkes auf Steinkohle unter der Führung der ESTAG vorantreiben soll. Der Protest ist durchaus berechtigt, die Forderung auf Übernahme durch die ESTAG ist allerdings zu überprüfen.

Die Errichtung des Kraftwerkes erfolgte auf Grundlage der vorhandenen Braunkohlenlagerstätte im Voitsberg-Köflacher Kohlenrevier. Zu den bereits betriebenen Bergbauen wurde der Großtagebau Oberdorf erschlossen. Die technische Ausgestaltung des Kraftwerkes wurde auf die Qualität der weststeirischen Braunkohle ausgelegt, zusätzliche Investitionen machten das Kraftwerk zu einem der umwelttechnisch modernsten Braunkohlenkraftwerke. Der Umstieg auf andere Energiestoffe wirft das vorhandene technische Konzept über den Haufen. Umfangreiche Änderungen in der Logistik, Brennstoffvorbehandlung, Feuerungstechnik, Umwelttechnik usw. wären erforderlich.
Das Ende von Bergbau und Kraftwerk ist zum Großteil auf den Konflikt zwischen Verbundgesellschaft und GKB um den Kohlepreis zurückzuführen. Die Preisgestaltung erfolgte auf Grundlage der bei der Kraftwerkserrichtung herrschenden internationalen Energiepreise und der Herstellkosten der Kohle, wobei die noch betriebenen Grubenbetriebe und die große Masse an Abraummaterial zu berücksichtigen waren. Die Weltmarktsituation hat sich wesentlich geändert. Steinkohlekraftwerke wie Mellach, Dürnrohr usw. wurden auf Grundlage günstiger Steinkohlenpreise (hauptsächlich aus Polen) errichtet. Auch die Herstellkosten der Kohle wären mit Schließung der Grubenbetriebe und die Bewältigung der Hauptmassen an Abraum einer Überprüfung der ursprünglichen Kalkulation wert gewesen.
Statt eine sinnvolle Einigung zwischen Verbundgesellschaft und der GKB anzustreben wurde auf Kosten der Arbeitsplätze und der Belegschaft die Laufzeit des Liefervertrages von 2008 auf 2004 gekürzt und viele Millionen von Euro als Stilllegungsprämie auf Kosten der Stromkunden kassiert, die bei Weiterbetrieb voraussichtlich zurückgezahlt werden müssen. Der günstigste Zeitpunkt für Gewerkschaftsproteste in Richtung auf Einigung der beiden Streithanseln bezüglich des Kohlepreises wurde nicht genutzt, im Gegenteil waren Betriebsräte von Kraftwerk und GKB einander nicht gerade gut gesinnt. Appelle, gemeinsam vorzugehen wurden nicht gehört. Allein wegen der für Voitsberg III vergebenen Emissionszertifikate, mit denen ein schwunghafter Handel betrieben wird, ist das Kraftwerk sicher nicht für einen symbolischen € zu erhalten.

Wozu überlegt man einen Weiterbetrieb des Kraftwerkes auf Basis zu importierender Steinkohle, wenn neben dem Kraftwerk noch nutzbare Energiereserven in ausreichendem Ausmaß liegen? Verdächtig rasch hat man die Kohlegewinnung eingestellt, Maschinen verkauft, Anlagen und Fördereinrichtungen abgerissen. Der Weg der Nutzung heimischer Energieressourcen wurde konsequent abgesperrt. Trotz dem, auch wenn es wie ein Streich der Bürger von Schilda anmutet, sollte dieser Weg günstiger sein, als ein Weiterbetrieb von Voitsberg III auf Basis zu importierender Steinkohle durch die ESTAG, die nach der Übergabe ihrer Kraftwerke an die Verbundgesellschaft für eine Minderheitenbeteiligung am Verbund, wieder nach einem eigenen Energiestandort zu suchen scheint.

Veröffentlicht: 2. Februar 2006

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