„Versorgung sichern, Ausbildung und Beruf attraktiver machen!“
„Hätte das Land rechtzeitig in die Gesundheit investiert, wäre uns jetzt viel erspart geblieben“
Trotz der immer schwerwiegenderen Krise der steirischen Spitäler hält die zuständige Landesrätin Dr.in Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) unbeirrt an der Streichung von 900 Spitalsbetten fest. Das wurde heute im Rahmen einer Dringlichen Anfrage von KPÖ-LAbg. Werner Murgg deutlich, der der Multi-Landesrätin, die auch für Pflege, Bildung und Gesellschaft zuständig ist, den Rückzug aus dem Ressort nahelegte.
„Wir werden bis aufs Blut ausgebeutet“, „seit Jahren personell ausgehungert“, nicht als Menschen behandelt“ – mit diesen drastischen Schilderungen konfrontierten Beschäftigte der steirischen Spitäler in den letzten Tagen die Politik. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr stellte Landesrätin Bogner-Strauß in Abrede, dass es zu wenig Personal oder zu wenig Betten gibt – diese seien „überflüssige Infrastruktur“, das Land solle besser in Vorsorge und Seuchenexperten investieren.
Die aktuelle Situation macht aber deutlich, dass diese Aussagen mitten in einer Pandemie nicht haltbar sind. Denn der zweite Lockdown wurde damit begründet, dass die Kapazitäten unserer Spitäler beinahe erschöpft sind. Hätten wir rechtzeitig für ausreichend Personal und Kapazitäten vorgesorgt, wäre uns viel erspart geblieben. „Ich verstehe nicht, wie Sie behaupten konnten, dass es nicht um die Betten gehe. Warum hat man dann das LKH Hörgas wieder aufgemacht? Statt nach dem ersten Lockdown das System aufzurüsten, ist in Wahrheit nichts geschehen!“, sagte Werner Murgg in Richtung Landesrätin Bogner-Strauß.
Jetzt sind wir mit einer verheerenderen Situation konfrontiert als im ersten Lockdown. Wir lesen von Nachtdiensten, in denen ganze Stationen von einer einzigen Pflegekraft versorgt werden. Das ist unzumutbar. Der Direktor des Uniklinikums in Graz, Wolfgang Köle, bestätigt in einem Zeitungsinterview: „Unser Gesundheitssystem hat keine Reserven, das ist kein Geheimnis.“
Dass die Steiermark bei weitem nicht so gut dasteht, wie es die Landesregierung darstellt, zeigt der Vergleich mit anderen Regionen. Beim Personalstand liegen Österreichs Spitäler mit 6,9 Pflegekräften pro 1000 EinwohnerInnen im OECD-Vergleich im untersten Drittel. Obwohl die Landesregierung an der Behauptung festhält, dass kein Personal verfügbar sei, schildern PflegerInnen, dass junge Fachkräfte, die sich beworben haben, eine Absage erhielten. Es sei kein Bedarf gegeben, heißt es von Seiten der KAGes. Schon seit dem Frühjahr werden laufend Behandlungen auf unbestimmte Zeit verschoben, in Summe sind davon weit über 10.000 Patientinnen und Patienten betroffen.
KPÖ-Anträge von ÖVP und SPÖ abgelehnt
Die KPÖ brachte vier Anträge ein, die alle von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP abgelehnt, aber von Grünen, FPÖ und Neos unterstützt wurden:
1. Anpassung des Planungen an die tatsächlichen Bedürfnisse: Rücknahme des RSG 2025, vor allem: kein weiterer Abbau von Spitalsbetten und keine Schließung von Stationen und Spitälern mit dem damit verbundenen Personalabbau. Im RSG fehlen auch Pläne und Strategien im Sinne eines aktualisierten Pandemieplans.
2. Einberufung eines Personalgipfels für Krankenhäuser, um ein verbindliches Planungsinstrument zu erarbeiten, mit dem das Ausbildungssystem an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden kann.
3. Mehr FH-Ausbildungsplätze für Gesundheits- und Krankenpflege: An der Fachhochschule Joanneum werden nur 120 Ausbildungsplätze für Gesundheits- und Krankenpflege angeboten, für die sich zuletzt 360 Personen beworben haben. In Oberösterreich stehen fast dreimal so viele FH-Ausbildungsplätze zur Verfügung, auch in Tirol und Niederösterreich.
4. Attraktivierung der Pflegeausbildung durch Einführung einer Entlohnung der Auszubildenden und eine Erhöhung des Taschengeldes für SchülerInnen der Krankenpflegeschulen auf Wiener Niveau, auch in der Pflegefachassistenz und Pflegeassistenz.
„Man kann unterschiedliche Zugänge und politische Anschauungen haben. Vor Tatsachen sollte man aber nicht die Augen verschließen. Es kann nicht sein, dass die Fakten, die auf dem Tisch liegen, bei den Entscheidungen gar keine Rolle spielen“, warnte KPÖ-Klubobfrau Klimt-Weithaler die Regierungsparteien davor, aus ideologischen Gründen an Kürzungen und Einsparungen festzuhalten und alle Probleme schönzureden, während die Hilferufe der Beschäftigten im Gesundheitsbereich unüberhörbar sind.
Für die KPÖ steht fest: Die Steiermark hat nicht zu viele Krankenhausbetten, sondern zu wenig Personal. Ohne gerechte Bezahlung und ohne Attraktivierung der Arbeitsbedingungen und Ausbildung wird die Krise auch in Zukunft nicht zu lösen sein.
Veröffentlicht: 17. November 2020