Über steirische Interbrigadisten
„No pasaran“: SteirerInnen im Kampf gegen den Franco-Faschismus
Als die spanische Republik 1939 unter den Stiefeln von Francos Falange-Faschisten ihr kurzes Leben aushauchte, ging damit auch ein beispielloser Akt internationaler Solidarität zu Ende: Die Überlebenden der 35.000 Freiwilligen aus 54 Nationen, die auf Seiten der Republik gekämpft hatten, mussten auf schnellstem Wege das Land verlassen. Unter ihnen waren auch 161 SteirerInnen gewesen – darunter mein Vater Karl Rüstl.
<< Foto/Der Grazer Spanienkämpfer Karl Rüstl in den späten
Vierziger Jahren
Die kürzlich in Graz erfolgte Vorstellung des „Lexikons der
österreichischen Spanienkämpfer“ durch den ehemaligen
Interbrigadisten Hans Landauer, das dieser in Zusammenarbeit mit
dem Schriftsteller Erich Hackl herausgegeben hat, geriet für mich
zu einer sehr persönlichen Rückschau: Sie rief mir die Erzählungen
meines Vaters in Erinnerung, der 1938 als 21-jähriger junger
Kommunist nach Spanien gegangen war: Einen Tag vor Hitlers
Einmarsch in Österreich im März 1938 war er auf dem Grazer
Hauptbahnhof in den Zug gestiegen und in die Schweiz gefahren. Dort
traf er auf eine größere österreichische Exilantengruppe, unter
ihnen der Komponist Gottfried von Einem. Meinem Vater wurde
angeboten zu bleiben, er reiste aber weiter über Paris nach
Südfrankreich und überquerte zu Fuß die Grenze nach Spanien. Dort
trat er in die 11. internationale Brigade der republikanischen
Armee ein, verweigerte eine Ausbildung zum Offizier und kämpfte in
der österreichischen Machinengewehrkompanie.
Interniert, deportiert
Dass es zu diesem Zeitpunkt um die republikanischee Armee nicht
mehr zum Besten stand, war bereits bekannt. Die Hoffnung, das
Vordringen des Faschismus in Europa noch aufhalten zu können, war
gering. Von den anderen Staaten im Stich gelassen und von der
Sowjetunion nur halbherzig unterstützt, verloren die Republikaner
den Krieg. 1939 zogen sich die internationalen Brigaden mit anderen
Teilen der republikanischen Armee über die Pyrenäen nach Frankreich
zurück und wurden dort sofort in Lagern interniert. Mein Vater kam
zuerst nach St.Cyprien, dann nach Gurs, Argelés, Mont Louis. Im Mai
1941 wurde er mit einem der Gefangenentransporte ins
Konzentrationslager Dachau deportiert; er arbeitete dort als
Wirtschafter für die SS-Küche und konnte kranken Häftlingen mit
abgezweigten Lebensmitteln helfen. Im KZ Dachau waren insgesamt 382
österreichische Spanienkämpfer inhaftiert. Der Bruder meiner
Mutter, Emil Kostrouch, kam ebenfalls nach Dachau. Er war bereits
im November 1937 nach Spanien gekommen, geriet im April 38 bei
Villalba de los Arcos in Franco-Gefangenschaft und wurde im März
1942 an Deutschland ausgeliefert.
Die Grauen des Bürgerkrieges
Die Erzählungen über den spanischen Bürgerkrieg begleiteten mich
durch meine Kindheit und Jugend. Am deutlichsten in Erinnerung
geblieben sind mir die Schilderungen von den Grauen des Krieges:
Leichen in Trinkwasserbrunnen, ohne Ohren – (die
„Moros“-„Mauren“ auf Seiten Francos,
rekrutiert unter den Stämmen des marrokanischen Rif-Gebirges,
schnitten ihren getöteten Feinden die Ohren ab und trugen sie
aufgefädelt als Trophäe mit sich.). Die rote Erde – so
trocken, dass die Soldaten mangels Wasser auf den Boden unter die
Maschinengewehre urinierten, um den Staub einzudämmen, der beim
Abfeuern der Salven aufgewirbelt wurde. Schlechte Ausrüstung,
Uniformen, deren billiger Stoff, ursprünglich olivgrün, sich
innerhalb weniger Tage durch die Sonnenbestrahlung violett färbte.
Zum Essen hauptsächlich „Garbanzos“ (Kichererbsen).
Typhus und das damit verbundene hohe Fieber und der Brechdurchfall,
mein Vater war den Verboten des Arztes trotzend nach wenigen Tagen
aus dem Lazarett ausgerissen und mit dem nächstbesten Lastwagen
zurück an die Front gefahren. Und immer wieder die unerträglichen,
Menschenlauten ähnlichen Schreie verletzter Esel, Mulis und
Maultiere in der Nacht.
235 österreichische Interbrigadisten sind gefallen, 84 von
insgesamt 459 in KZ Internierten kamen in Lagern ums Leben oder
wurden als Euthanasie-Opfer ermordet. Einige Interbrigadisten
gingen in die Sowjetunion ins Exil und kamen dort um: Im Krieg oder
durch Stalins Geheimdienst; andere wiederum dienten in der
amerikanischen oder britischen Armee.
Susanne Haydvogel
Hans Landauer in Zusammenarbeit mit Erich Hackl: Lexikon der
österreichischen Spanienkämpfer. 1936-1939. 258 Seiten, 150 Abb.,
19x22 cm, EURO 24,- ISBN 3-901602-18-6
Veröffentlicht: 19. Dezember 2003