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Trauer um Thomas Schönfeld

Wissenschaftler, Friedenskämpfer, Kommunist

Nachruf auf Genossen Thomas Schönfeld

Mit Genossen Thomas Schönfeld verliert die KPÖ einen ihrer profiliertesten Intellektuellen, einen marxistischen Wissenschafter, einen unermüdlichen Aktivisten der Friedensbewegung und der Partei.
Thomas Schönfeld starb nach langer schwerer Krankheit in der Nacht des 21. Mai - wenige Wochen vor seinem 85. Geburtstag - in einem Hospiz in Wien. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie insbesondere seiner Frau Mia, dem Sohn Georg und Tochter Kitty.
Thomas Schönfeld, der unter der Nazi-Herrschaft in die Emigration gezwungen worden war, nutzte seine Zeit in den USA zum Studium der Chemie, das er nach seiner Rückkehr nach Österreich 1947 fortsetzte und abschloss. Sein wissenschaftliches Interesse führte ihn am Chemischen Institut der Universität Wien mit Univ.Prof. Dr. Engelbert Broda zusammen. Gemeinsam veröffentlichten sie grundlegende Arbeiten zur Radiochemie, zu den möglichen Nutzanwendungen aber auch den Gefahren radioaktiver Strahlung.
1972 wurde er ordentlicher Professor am Institut für anorganische Chemie der Universität Wien, was er bis zu seiner Emeritierung 1993 blieb. 1997 erkannte ihm die Österreichische Akademie der Wissenschaften den Schrödinger Preis für Chemie für seine grundlegenden Untersuchungen der Radio- und Strahlenchemie zu.
Das Wissen um die Gefahren militärischen Mißbrauchs der Atomkraft und der Radioaktivität machte Thomas Schönfeld sowie Engelbert Broda zu den Wissenschaftern in Österreich, die sich am energischsten für atomare Abrüstung, für die internationale Ächtung und das Verbot der Kernwaffen und ihrer Weiterverbreitung einsetzten.
Auf zahlreichen Kongressen im In- und Ausland vertrat Thomas Schönfeld im Rahmen des Österreichischen Friedensrates, aber auch in anderen vor allem wissenschaftlichen Foren wie der Pugwash-Bewegung diese Forderungen, die er umfassend begründete und jeweils in die aktuellen internationalen Entwicklungen und Interessenslagen der Großmächte einbettete.
Sein Engagement in der Friedensbewegung machte ihn auch während des Kalten Krieges zu einem angesehenen Dialogpartner für Vertreter anderer (vor allem christlicher) Weltanschauungen, mit denen er einen gemeinsamen Nenner für den Kampf um den Frieden suchte.
Zu all dem kam seine Arbeit in der KPÖ. Er veröffentlichte zahlreiche Artikel in “Weg und Ziel” und anderen Publikationen der Partei. Er war an der Herausgabe der “Fortschrittlichen Wissenschaft” in den 80er Jahren beteiligt. Als Aktivist im 4. Bezirk und in den letzten eineinhalb Jahrzehnten in der Bezirksgruppe Favoriten beteiligte er sich an zahlreichen Versammlungen und öffentlichen Aktionen, verteilte Flugblätter und diskutierte. Er gehörte auch dem Vorstand der Alfred Klahrgesellschaft an.
2004 brachte er eine Petition für eine Volksabstimmung über die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags im Parlament ein.
Er trat stets für die Einheit der KPÖ auf einer marxistischen Grundlage und für ihre Bündnisfähigkeit ein. Das zeigte sich auch während der krisenhaften Entwicklungen der Partei in den Sechziger- und den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts.
Die steirische KPÖ arbeitete vor allem in friedenspolitischen Fragen eng mit ihm zusammen. So beteiligte er sich an der Konzeption unserer Tagung „Österreich auf dem Weg in Militärbündnisse?“, die – veranstaltet von der Alfred Klahr-Gesellschaft und dem KPÖ-Bildungsverein – im September 2007 in Graz stattfand. An der Tagung selbst konnte er aus Gesundheitsgründen schon nicht mehr teilnehmen.
Wir werden ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Seine Haltung, in der er wissenschaftliche Präzision und Geduld mit dem unbedingten Streben nach gesellschaftlicher Veränderung verband, ist uns ein Vorbild.

Franz Stephan Parteder
Steirischer KPÖ-Vorsitzender

Ernest Kaltenegger
KPÖ-Klubobmann im Landtag Steiermark

26. Mai 2008