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Spielberg: Rechtsgutachten zeigt viele Mängel auf

Schlampiges Gesetz könnte Projekt zu Fall bringen

In einem Rechtsgutachten zur geplanten Änderung des Steiermärkischen Veranstaltungegesetzes, die so genannte "Lex Spielberg", zeigt Univ.-Doz. Dr. Kind auf, dass das Projekt Spielberg rechtlich auf tönernen Füßen steht. Die KPÖ setzt sich nun für eine offene Diskussion ein, bevor erneut viel Geld verschwendet wird.

KPÖ-LAbg. Renate Pacher, die selbst aus dem von hoher Jugendarbeitslosigkeit und Abwanderung betroffenen Aichfeld stammt, betont die Bedeutung von "Spielberg neu" für die gesamte Region. Die Bevölkerung setzt große Hoffnungen in das Projekt und hätte kein Verständnis, sollte es durch mangelhafte Vorbereitung scheitern.

Pacher: "Ich fordere die SPÖ auf, jetzt eine Nachdenkpause einzulegen und endlich eine offene Diskussion zuzulassen. Gerade weil das Projekt so wichtig für die Region ist, darf es nicht daran scheitern, dass die rechtliche Grundlage unzureichend ist."

KPÖ-Klubobmann Ernest Kaltenegger gibt auch zu bedenken, dass die vorliegende Novelle des Veranstaltungsgesetzes ungeahnte Folgen haben könnte. An allen öffentlichen Plätzen könnten demnach sämtliche Lärmbeschränkungen zu Fall gebracht werden.

Kaltenegger bekräftigt die Position seiner Kollegin Pacher: "Die gesetzlichen Grundlagen müssen stimmen, sonst wird wieder viel Geld in den Sand gesetzt."

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Lex Spielberg verfassungswidrig

Novelle zum Veranstaltungsgesetz verstößt gegen die Bundesverfassung

Das Steiermärkische Veranstaltungsgesetz soll novelliert werden. Motorsportanlagen wie der geplante A1-Ring in Spielberg sollen nach dem Veranstaltungsgesetz genehmigt werden können. Dazu sollen erstmals Lärmgrenzwerte im Gesetz festgelegt werden, die wesentlich höher sind als bisher üblich. Überdies soll bei „volkswirtschaftlichem Nutzen“ und „Bedeutung der Anlage“ der Lärm für Nachbarn zumutbar sein.

Die Steiermärkische KPÖ hat hierzu ein Rechtsgutachten von Univ.-Doz. Dr. Martin Kind eingeholt. Das Gutachten, das unter www.kpoe-steiermark.at abrufbar ist, zeigt auf, dass der Landesgesetzgeber mit der Novelle nicht nur gegen die Kompetenzverteilung verstößt, sondern auch gegen Grundrechte. Zudem steht der Novelle das verbindliche Staatsziel über den umfassenden Umweltschutz entgegen.

Für die Errichtung von Motorsportanlagen ist nicht das Land, sondern der Bund (Betriebsanlagenkompetenz) zuständig. Ähnlich wie im Fall des Semmering-Basistunnels untergräbt das Land mit der Novelle die Zuständigkeit des Bundes: Der im Anlagenrecht gewährleistete Nachbarschaftsschutz wird durch die Novelle unterlaufen. Sollte daher das unzuständige Land dennoch die Novelle verabschieden, droht ein Einspruch des Bundes.

Die Novelle greift auch in das Eigentum der Nachbarn ein. Die durch den Lärm verursachten Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit der Liegenschaften stehen im Sinne der Rechtssprechung nicht im öffentlichen Interesse. Gemessen an einem Ist-Zustand in Spielberg sind die gesundheitsgefährdenden Grenzwerte auch unverhältnismäßig.

Im Rechtsstaat gehen Eigentum und Gesundheit vor Vergnügen wie Autorennen und Popkonzerte. Die Novelle privilegiert hingegen den Motorsport, beschränkt Eigentum und gefährdet die Gesundheit der Nachbarn. Dabei verkehrt sie die sachliche Differenzierung ins Gegenteil: Zu Gunsten des Veranstaltungslärms wird hier der für leisere Anlagen übliche Standard samt Schutz der Nachbarn aufgehoben.

Die Novelle ist auch mit dem Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz unvereinbar. Statt die Umwelt zu schützen und Lärm zu vermeiden, werden Gesundheits- und Umweltbeeinträchtigungen in Kauf genommen. Sollte das Land an der Förderung von Spielberg festhalten, leistet es hierzu noch einen Beitrag; denn die Folgekosten (wie Erkrankungen) tragen nicht die Verursacher, sondern die Nachbarn und die Allgemeinheit.

Die im Rechtsgutachten aufgezeigten verfassungsrechtlichen Mängel bewirken, dass die Novelle auf „tönernen Füßen“ steht. Die Novelle ist für den Landesgesetzgeber kein Ruhmesblatt und für den Investor des A1-Ringes kein Vorteil. Letzterer muss nämlich damit rechnen, dass ein Gericht einen allfälligen Genehmigungsbescheid aufhebt. Und das wäre nicht nur für ihn, sondern auch für das Land ein Déjà-vu-Erlebnis.

Veröffentlicht: 12. Oktober 2006

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