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Sparkasse Knittelfeld: Enteignung der Gemeinde?

Staatsanwaltschaft ermittelt.

Aus "KLIPP"

Wir geben einen Artikel des Klipp-Magazin Steiermark wieder:

Nun wird im Drama um den Total-Abverkauf der ehemaligen Gemeinde-Sparkasse Knittelfeld an die Steiermärkische mitschwerstem Geschütz aufgefahren. Die Gemeinde Knittelfeld hat die„Glorreichen Sieben“ - sprich die Vorstände der Sparkassen-Privatstiftung - geklagt. Die KPÖ in Knittelfeld, seit Monaten als einzige politische Gruppierung in dieser Sache aktiv und deshalb auch angefeindet, sieht sich nun bestätigt. Labg. Renate Pacher: „Ich hoffe, dass die Sache nun völlig aufgeklärt wird.“
Wir geben einen Artikel des Klipp-Magazin Steiermark wieder.

Die Staatsanwaltschaft Leoben erhebt vor Ort ist die Wirtschaftspolizei tätig - wegen des Verdachts der Untreue, § 153 im Strafgesetzbuch, gegen zum Teil prominente Knittelfelder. Sie hätten vereinfacht formuliert ein Vermögen von rund 20 Millionen Euro, auf das die Gemeinde einen Anspruch hat, dem Zugriff der Gemeinde entzogen. Dieses Geld stammt aus dem Verkauf des 75-prozentigen Aktienpaketes an die Steiermärkische. 49 Prozent davon wurden ja erst im Vorjahr für 12 Millionen Euro an die Steiermärkische verhökert. Bürgermeister Schafarik und mit ihm die Gemeinde-Verantwortlichen - ausgenommen Stadtamtsdirektor Rudolf Holzer – vertritt den Standpunkt, dass die Aktien gar nicht verkauft werden hätten dürfen. Sie berufen sich auf die Stiftungsurkunde der Sparkasse der Stadt Knittelfeld aus dem Jahr 1999. Damals beschloss der Stifter- sprich die mehrheitlich von der Gemeinde entsandten Vertreter in der An-teilsverwaltungssparkasse der Stadt Knittelfeld - unter anderem als Zweck der Stiftung:
•Die Förderung des Sparkassengedankens
•Die Förderung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung in jenen Gebieten, in denen die Sparkasse AG tätig ist
•Die Förderung der Jugend durch Unterstützung in ihrer Ausbildung
•Die Erfüllung sozialer, caritativer und kultureller Aufgaben.
In Punkt 3 kommt der wohl wichtigste Passus: Die Privatstiftung hat dauerhaft an der Sparkassen AG als Aktionär mit zumindest 25 Prozent der Anteile und einer Aktie beteiligt zu bleiben. Dort kommt also klar zum Ausdruck, dass die Knittelfelder immer einen Einfluss auf die Sparkasse halten wollten. Durch den Totalverkauf an die Steiermärkische ist das nicht mehr gegeben, die Gemeinde kann damit keinen wie immer gearteten Einfluss auf die Sparkasse nehmen. Dies ist eine der zentralen Fragen, weil die Aigelsperger und Co. die Stiftungsurkunde ändern ließen und der Punkt 3 einfach gestrichen wurde.
Die Gemeinde klagt nun bei Gericht ein, dass der Punkt 3 niemals hätte gestrichen werden dürfen. Das Gericht in Leoben sei dabei fahrlässig vorgegangen, lautet ein weiterer massiver Vorwurf. Es zeichnet sich ab, dass der Streit um die Sparkasse und die Privatstiftung für die regierende SPÖ in Knittelfeld zu einer Zerreißprobe wird. Stiftungsvorstand Herber Aigelsperger gibt sich äußerlich dennoch gelassen: „Selten, dass jemand eine Prüfung und Erhebungen der Wirtschaftspolizei so herbeisehnt wie ich.“ Die knapp 20 Millionen Euro aus dem Verkauf des 75-prozentigen Aktienpaketes seien bestens angelegt. Zum Vorwurf, dass das 49-prozentige Aktienpaket ungerechtfertigt verkauft worden sei: „Wir wollten ja nicht verkaufen, weil wir ja die Arbeitsplätze und die Mitgestaltung im Sinne der Bevölkerung erhalten wollten. Doch der wirtschaftliche Druck war zu gross, die drohenden Kreditverluste hätte die Sparkasse Knittelfeld nie allein verkraften können. Das ist die Wahrheit.
Das kann auch Steiermärkische-Generaldirektor Fabisch bestätigen, wenn man ihn vor den Vorhang holt. Die Sparkasse war an die Wand gefahren. Ich will aber nicht als der Totengräber gelten, daher nenne ich keine genauen Zahlen.“

Weit weniger dramatisch sieht das Sparkassen-Vorstandsdirektor Robert Wieser. Was die Sache noch delikater macht, auch Wieser ist einer der „Glorreichen Sieben“ als Vorstand der Privatstiftung. Er in einem Statement: Von einer existenziellen Bedrohung der Sparkasse Knittelfeld könne keine Rede sein, wie das von ehemaligen Minderheitsgesellschafter-Vertretern behauptet wird.
Wieser erklärt dazu, dass die Sparkasse Knittelfeld im Jahr 2005 einen erhöhten Risiko-Vorsorge-Bedarf gehabt habe. In keiner Phase sei die Sparkasse „praktisch konkursgefährdet“ gewesen, so Direktor Wieser nach eigenen Angaben. Wichtige Kennzahlen der Sparkasse Knittelfeld belegen, dass die Sparkasse diese höhere Risikovorsorge im Jahr 2005 aus der eigenen Substanz heraus wirtschaftlich verkraften kann und wird. Die im Jahr 2005 bekannt gewordenen Kreditprobleme sind zwar sicherlich erheblich, wären von der Sparkasse Knittelfeld aber betriebs-wirtschaftlich verkraftbar gewesen.

Die Liste der Verdächtigen mit einer kurzen Charakteristik
Herbert Aigelsperger, 74, Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung; Altmitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG; Geschäftsführer der Murtal-Golf Errichtungs- und Betriebs-GmbH, Präsident des Golfclubs. Er fährt ein Dienstauto, bezahlte nach eigenen Angaben sämtliche Golfreisen selbst, außer Sitzungsgelder der Stiftung keine weiteren „Privilegien“ und sieht persönlich kein Fehlverhalten.

Steuerberater Mag. Hannes Zehenthofer, 51 Stellvertreter des Vorsitzenden des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung; Geschäftsführer der AVS Holding Beteiligungsgesellschaft m.b.H.; Geschäftsführer der AiZ Unternehmerzentrum GmbH & CoKEG, er führt in vielen Dingen als Wirtschaftsmann die Regie, als alleiniger Geschäftsführer der AVS Holding kann er praktisch nach seinem Gutdünkenschalten und walten. Was das im Klartext heißt: Zehenthofer ist der wirkliche Herr über das Vermögen der AVS Holding und könnte es theoretisch auch völlig zweckentfremdet anlegen.

Fritz Kaufmann, 70, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung; Mitglied des Aufsichtsrates der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG; Altbürgermeister der Stadtgemeinde Knittelfeld. Seine „Feindschaft“ mit dem nunmehrigen Bürgermeister Schafarik ist eine Ursache für das derzeitige Dilemma.

Margarete Seidl, 66, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung; Altmitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG. Seit vielen Jahren eine enge Mitarbeiterin von Ex-Bankdirektor Herbert Aigelsperger.

Dr. Rudolf Holzer, 56, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung, Stadtamtsdirektor der Stadtgemeinde Knittelfeld und Mitglied des Aufsichtsrates der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG. Er muss sich über kurz oderlang entscheiden, ob er auch in Zukunft in der Privatstiftung verbleibt. Als Stadtamtsdirektor ist er laut Diensteidverpflichtet, nur zum Wohle der Gemeinde zu arbeiten. Bürgermeister Schafarik wird mittelfristig vor die Wahl gestellt sein, Holzer mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu drohen, sollte er weiterhin seine Vorstandsfunktion ausüben. Während Schafarik und Co meinen, dass Holzer als Jurist der Stadtgemeinde in die diversen Sparkassengremien geholt wurde, behauptet Holzer, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hätte.

Robert Wieser, 37, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung und Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG. Er wird verantwortlich dafür gemacht, dass die Sparkasse Knittelfeld aufgrund von gewaltigen Kreditausfällen einen hohen Sanierungsbedarf hat. Bei etlichen Krediten soll auch sein Vorstandskollege in der Privatstiftung, Steuerberater Hannes Zehenthofer, ein Fürsprecher gewesen sein.

Ex-Bankdirektor Aigelsperger, ebenfalls Vorstandskollege von Wieser in der Privatstiftung, behauptet, dass ohne den gewaltigen Sanierungsbedarf und die Kreditausfälle man für das 49-prozentige Aktienpaket etwa 20 Millionen Euro bekommen hätte können. Wieser hingegen sagt nach eigenen Angaben, dass er - entgegen anderen Meldungen – sämtliche Gremien was speziell die Kredite betrifft laufend und richtig informiert habe.

Ingrid Kogler, 48, ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung und ehemalige Prokuristin der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG. Sie war Betriebsrat(Obfrau) der Sparkasse Knittelfeld, als sehr tüchtige Arbeitskraft, verließ vor wenigen Monaten einvernehmlich die Sparkasse, nach 29 Jahren soll sie allerdings keine Abfertigung erhalten haben. Ihr wird neben Direktor Wieser die Hauptverantwortung für die Kreditausfälle angelastet. Auch sie hat mit ihrem Vorstandskollegen in der Stiftung, Hannes Zehenthofer, in dessen Funktion als Steuerberater, bei Kreditvergaben zu tun gehabt.

Weitere Verdächtige in der Anzeige sind Petra Liebmann, 39, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung und Mitarbeiterin der Sparkasse der Stadt Knittelfeld AG und Dr. Bernd Lorber, Öffentlicher Notar, beratender und beurkundender Notar der Sparkasse der Stadt Knittelfeld Privatstiftung sowie deren Tochtergesellschaften sowie möglicherweise einzelner Stiftungsvorstände. Dieser wehrt sich vehement gegen den Vorwurf, irgendwelche Aktivitäten unterstützt zu haben, die gegen seinen Ehrenkodex als Notar verstoßen hätten.

Chronik der Sparkasse:
-Gründung der Sparkasse im Jahre 1869.
-Am 31.12.1988 wurde die Sparkasse der Stadt Knittelfeld in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
-Den Einfluss hielt zu 100 Prozent die Stadt Knittelfeld über die Anteilsverwaltungssparkasse.
-In der Folge beteiligte sich die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG (Firmennummer FN 34274d) im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit rund 26 Prozent.
-Im Jahr 1996 gab die Anteilsverwaltungssparkasse der Stadt Knittelfeld weitere Anteile an die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG ab. Die neuen Mehrheitsverhältnisse: 51 Prozent Steiermärkische, 49 Prozent die damals gegründete Privatstiftung der Sparkasse der Stadt Knittelfeld.
-Im Herbst 2005: Verkauf des 49-prozentigen Aktienpaketes an die Steiermärkische.

Veröffentlicht: 22. März 2006

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