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So werden auf Kosten von Pflegebedürftigen Geschäfte gemacht

"Betreubares Wohnen" hält nicht, was es verspricht

„Betrug an älteren Menschen“ nennt Herr Rappold ein vom Land gefördertes Wohnmodell. Die inzwischen verstorbene Mutter des Steirers hat in einer solchen Wohnung gelebt. Die weit überhöhten Kosten hätten die Pensionistin fast in den Ruin getrieben. „Das Betreubare Wohnen ist Etikettenschwindel. Es ist die Erfindung einer Wohnbaugenossenschaft, die politisch gut vernetzt ist und bei den Förderungen mitnascht. Dabei sind es normale Mietwohnungen, die Bewohner müssen sich selbst versorgen. Dafür zahlen sie aber eine um 40 Prozent überhöhte Miete“, sagt er.

Wer älter wird und im Haushalt nicht mehr alles alleine bewältigen kann, denkt natürlich darüber nach, welche Formen der Betreuung in Frage kommen. Im eigenen Zuhause zu bleiben und an Ort und Stelle Hilfe in Anspruch nehmen zu können, ist für viele das bevorzugte Modell. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Wohnungen, die unter dem Titel „betreutes oder betreubares Wohnen“ auf den Markt geworfen wurden, hoch ist.

Die Erwartungen haben sich aber sehr oft nicht erfüllt – im Gegenteil, viele Seniorinnen und Senioren stehen vor einem finanziellen Scherbenhaufen. Das Land Steiermark, das diese Wohnform gefördert hat, will von den Problemen nichts wissen. Dabei wurden für „betreutes und betreubares Wohnen“ massive Überschreitungen der für geförderten Wohnbau üblichen Gesamtbaukosten toleriert.

Für dieses betreute oder betreubare Wohnen wurde in der Steiermark in den letzten Jahren vielerorts geworben. Diese Wohnform wird auch vom Land Steiermark gefördert. Viele Seniorinnen und Senioren klagen aber über stark überhöhte Kosten, die manche in den Ruin treiben.

Der Grund dafür ist, dass die Leistungen keineswegs in den hohen Kosten inkludiert sind. Alles ist extra zu bezahlen. Das ist aber viele Betroffenen nicht klar. Sie klagen, dass sie eine Wohnung erworben haben, weil sie der Meinung waren, damit auch eine Betreuung zu erhalten. Diese muss aber, wie bei jeder anderen Wohnung, erst organisiert und bezahlt werden. Oft liegen die „betreubaren“ Wohnungen in der Nähe von Pflegeeinrichtungen. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch Betreuungsleistungen angeboten werden. Im Gegenteil: durch die oft überhöhten Kosten für die Wohnungen bleibt den Seniorinnen und Senioren nicht mehr genug Geld, um die benötigte Pflege bezahlen zu können.

 

  • Betreutes Wohnen“ ist eine Wohnform für ältere Menschen im Rahmen eines geförderten Mietverhältnisses. Die Wohnsituation muss „altersgerecht“ sein und mit mobilen Betreuungsleistungen kombiniert. Dadurch soll ein Verbleib in der eigenen Wohnung ermöglicht werden.
  • Betreubare Wohnungen“ dagegen ermöglichen Menschen mit Behinderung oder altersbedingten Einschränkungen eine selbstständige Lebensführung. Diese Wohnungen müssen barrierefrei sein.

 

Keine gesetzliche Grundlage

Für das „betreute“ bzw. „betreubare Wohnen“ gibt es in der Steiermark keine gesetzliche Grundlage. Es handelt sich um die Erfindung einer Wohnbaugenossenschaft, die über zahlreiche Querverbindungen zur ÖVP verfügt. Für die Firmen im Hintergrund ist das Geschäft lukrativ: Bis zu 40 Prozent der Baukosten werden vom Land Steiermark übernommen – oft sind sie deshalb weit überhöht! Dabei handelt es sich um geförderte Mietwohnungen.

Der für die Pflege zuständige Landesrat Christopher Drexler (ÖVP) hat nach seinem Amtsantritt 2014 ein neues Pflege- und Betreuungsgesetz angekündigt, das beide Wohnformen regeln soll. Geschehen ist aber bis heute nichts, von einem neuen Gesetz ist nach fünf Jahren keine Rede mehr.

Lediglich in der Verordnung zum Wohnbauförderungsgesetz gibt es Bestimmung, dass die Baukosten bei betreubarem und betreutem Wohnen um bis zu 200 Euro pro Quadratmeter höher sein darf als im geförderten Wohnbau höchstens zulässig ist. Und das, obwohl dafür keine besondere Leistung gesetzlich vorgeschrieben ist!

Mehrere der „betreubaren“ Wohnhäuser sind mittlerweile wieder ganz normale Mietwohnungen ohne jede Betreuungsleistung. Der überhöhte Preis ist aber weiterhin zu zahlen.

 

„Brauchen ordentliche Regelung“

Der Annuitätenzuschuss muss mit 1 % Verzinsung zurückgezahlt werden, das ist ein „versteckter manipulierter Mietzins“. So machen die beteiligten Genossenschaften und Banken mit diesem System hohe Profite.

In der Steiermark wurden beide Formen gefördert, laut einer Auskunft des zuständigen Wohnbaulandesrates Johann Seitinger (ÖVP) an die KPÖ allerdings beinahe zehnmal so viele „betreubare“ wie „betreute“ Wohnungen.

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler war in den letzten Jahren mit mehreren Fällen konfrontiert. Immer wieder klagen Betroffene, sie hätten nicht gewusst, welche Leistungen sie wirklich bezahlen, und dann vor einem finanziellen Scherbenhaufen gestanden. „Es dürfte für die Bauträger ein sehr lukratives Geschäft sein, denn die Baukosten sind wesentlich höher als bei anderen geförderten Wohnungen. Die Idee von betreuten Wohnungen ist nicht schlecht, aber es ist leider teilweise eine Geschäftemacherei mit pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen. Deshalb brauchen wir eine klare gesetzliche Grundlage für diese Wohnungen.“

Herr Rappold bei einer Protestaktion vor dem Grazer Landhaus.

Veröffentlicht: 6. Juli 2019

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