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Immobilien-Privatisierungspolitik

360.000 Euro Profit für Immobilienfirma

Das Gebäude des Bezirksgerichts Knittelfeld, nach Bezirkszusammenlegung geschlossen:
Im Dezember 2013: Vom Bund verkauft um 590.000 Euro. Mai 2016: Gekauft von der Gemeinde Knittelfeld um 950.000 Euro
 

In einer Sondersitzung des Gemeinderates wurde der Kauf des Gebäudes des ehemaligen Knittelfelder Bezirksgerichtes beschlossen. Dort wird nun umgebaut, und es entsteht ein  „Haus der Vereine“.  Die KPÖ ist für ein Haus der Vereine, aber diesem Ankauf konnten wir nicht zustimmen. 

 


Wir haben von den Plänen das Bezirksgericht zu kaufen aus der Zeitung erfahren. In der Stadtratssitzung, die der Gemeinderatssitzung vorangegangen ist, haben wir nur teilweise Antworten auf unsere Fragen erhalten. Wir wollten z.B. wissen, um welchen Betrag der jetzige Eigentümer die Liegenschaft vom Bund erworben hat. Da wir dazu keine Information bekommen haben, haben wir selbst nachgeforscht.

Preissteigerung von 360.000 Euro! 

Mit Ende Dezember 2013 hat der Bund das Bezirksgericht an die AREV Amtsgebäude Revitalisierung GmbH, einer privaten Investorengruppe, verkauft. Der Kaufpreis betrug 590.000 Euro. Das war das vom Bund verlangte Mindestgebot. Dass das Gebäude nur zum Mindestgebot verkauft wurde zeigt, dass es sich um keine begehrte Immobilie gehandelt hat. Ab Jänner 2014 bis zur Aussiedelung des Gerichts nach Judenburg bekamen die neuen Eigentümer Mieteinnahmen vom Bund. Dann stand das Gebäude leer. Der Kaufpreis, den die Gemeinde nun bezahlt, beträgt 950.000 Euro. Eine Preissteigerung von 360.000 (!) Euro innerhalb von zweieinhalb Jahren. 

Preissteigerung  nicht begründet

Wir wollten wissen, wie sich diese enorme Preissteigerung begründet. Auf unser Mail erhielten wir keine Antwort. Auch in der Gemeinderatssitzung wurde nicht schlüssig dargelegt, warum die Gemeinde nun so viel mehr bezahlt.  Finanzreferent Harald Bergmann meinte lediglich, inzwischen hätte sich die Marktlage verändert. Die KPÖ war die einzige Fraktion, die diese Steigerung angesprochen und scharf kritisiert hat. Den anderen GemeinderätInnen von SPÖ, ÖVP und FPÖ erscheinen solche Steigerungen offensichtlich akzeptabel.

Man muss sich vor Augen halten: Die öffentliche Hand privatisiert ein Gebäude, und einige Zeit später kauft ein anderer Zweig der öffentlichen Hand das Gebäude zurück - und bezahlt um 360.000 Euro mehr. So eine Preissteigerung würde man niemals hinnehmen, wenn es um das eigene Geld ginge. Mit dem Steuergeld der KnittelfelderInnen geht das offensichtlich leichter. Wir sind der Meinung, man darf nicht zulassen, dass private Investoren so hohe Gewinnspannen erzielen. Deshalb muss man einen solchen Kauf ablehnen.

Begehung: Keine wesentlichen Verbesserungen

Wir haben vor der Gemeinderatssitzung, in der über den Kauf des Objekts entschieden werden sollte, eine Begehung des Gebäudes angeregt. Diese fand statt. Wir haben im Gebäude im Wesentlichen alles so vorgefunden, wie das Gericht es verlassen hat. Lediglich im Keller wurden einige Duschtassen und einige Waschbecken installiert. Unsere Nachfrage hat auch bestätigt, dass es sonst keine baulichen Veränderungen gab. Also ist für uns nicht nachvollziehbar, womit sich eine solche Preissteigerung rechtfertigen sollte.

Drohung mit Asylheim

Der Kauf wurde auch damit begründet, dass dort die Errichtung eines Asylheims geplant sei. Es soll einen fertigen Vertrag der Besitzer mit dem Bund geben. Diesen Vertrag durften wir nicht einsehen. Wenn die Besitzer einen Vertrag mit dem Bund in der Tasche haben, dann würden sie darauf wohl nur verzichten, wenn das Angebot der Gemeinde lukrativer ist. 

Wir haben uns in Sachen Asylheim direkt beim Innenministerium erkundigt. Allerdings erhielten wir, trotz Mail und mehreren Telefonanrufen keine Auskunft. Sehr wohl hat aber das Innenministerium die Gemeinde informiert, dass wir uns erkundigt haben. Im Gemeinderat sprach Bürgermeister Gerald Schmid von 400 bis 450 Asylwerbern im Gebäude. In einem Interview in der „Murtaler Zeitung“ steht aber folgende Aussage des Bürgermeisters zu lesen: „Wir reden hier von über 100 Asylwerbern mitten in der Stadt.“

Mindeststandards


Es gibt Mindeststandards für die Einrichtung von Asylheimen. Nur wenn diese erfüllt sind, gibt es einen endgültigen Vertrag mit dem Bund. Was wir bei der Begehung gesehen haben (leere Zimmer, einige leere Wohnungen und einen einzigen Wasch- und Duschraum im Keller), ist noch weit davon entfernt, eine genehmigungsfähige Unterkunft für eine größere Anzahl von AsylwerberInnen zu sein. Die Besitzer müssten noch viele Investitionen tätigen. Das brauchen sie nun aber ohnehin nicht mehr - sie erhalten ja 950.000 Euro von der Gemeinde. 

Es ist strikt abzulehnen, dass in Knittelfeld ein weiteres Asylheim entsteht, solange andere Gemeinden ihre Quote nicht erfüllt haben. Aber gegen solche Pläne ist ein politischer Kampf zu führen. Im Bund regieren SPÖ und ÖVP, dort sitzen die verantwortlichen Ansprechpartner, dort müssen wir uns zur Wehr setzen. 

Wir können nicht alle Häuser kaufen Wenn es aber so ist, dass SPÖ und ÖVP im Bund über die Bedürfnisse der Gemeinden einfach drüberfahren, dann gibt es keine Garantie, dass nicht ein anderes Objekt gefunden wird. Dann haben wir wieder die gleiche Situation. Die Gemeinde kann nicht alle Häuser in Knittelfeld aufkaufen, um ein Asylheim zu verhindern. Die Drohung mit einem Asylheim kann kein Kriterium sein ein Gebäude zu kaufen. Damit macht man sich erpressbar. Auch die ÖVP hat sich gegen die Vermischung der Themen Asylheim und Haus der Vereine ausgesprochen. 

Was ist das beste Haus der Vereine?

Architekt DI Günter Reissner hat dem Gemeinderat drei Varianten präsentiert: Das Bezirksgericht, das City-Kaufhaus und einen Neubau in der Reselgasse. Er hat sich für das Bezirksgericht ausgesprochen, diese Variante sei, obwohl viele Umbauten nötig sind,  die beste und günstigste. 

Unser Eindruck bei der Begehung: Es gibt sehr viele Räume in einem guten Zustand. Es ist ein sehr großes Gebäude, uns erschien es für ein Haus der Vereine überdimensioniert. Das Bezirksgericht ist rund 120 Jahre alt, die Fassade steht unter Denkmalschutz. Es hat die Nachteile eines alten Hauses, wie z.B. eine schlechte Energieeffizienz. Das bedeutet höhere Betriebskosten, was sich durch die hohen Räume und breiten Aufgänge noch verstärkt. Der Keller ist muffig.  Es ist für einen Laien schwer, die Vor- und Nachteile wirklich beurteilen zu können. Aber der Hausverstand rät dazu, es sich sehr gut zu überlegen, ein sehr großes und sehr altes Haus anzukaufen.

Energieeffizienter Neubau

In der Bewertung der Objekte wurden die Kosten des laufenden Betriebes nicht berücksichtigt. Das Haus der Vereine ist ein Projekt für viele Jahrzehnte. Ein energieeffizienter Neubau nach dem Stand der neuesten Technik, der durch Solarenergie und Photovoltaik geringe Betriebskosten hat, erscheint uns zukunftsweisender. Es sollte ein auf die Vereine zugeschnittenes Objekt mit geringen Betriebskosten sein. Etwas, das sich die Vereine und die Gemeinde auch langfristig leisten können.

Das Neue Volkshaus in der Reselgasse ist desolat. Früher oder später wird damit etwas getan werden müssen. Auch das wird Kosten verursachen. Ein Neubau hätte dieses Problem gelöst. Auch dieser Aspekt fand in der Bewertung keine Berücksichtigung. 

Die Entscheidung ist gefallen. SPÖ, ÖVP und FPÖ haben für den Ankauf des Bezirksgerichts gestimmt. Obwohl wir für ein Haus der Vereine sind, konnten wir nicht zustimmen. Denn das würde bedeuten, damit einverstanden zu sein, dass private Immobilienfirmen durch den An- und Verkauf öffentlicher Gebäude große Gewinne machen.

KPÖ Knittelfeld, Renate Pacher in der KPÖ Ortszeitung "Knittelfelder Nachrichten"

17. Mai 2016