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Pflegeregress abschaffen!

Rede Claudia Klimt-Weithaler zur "Dringlichen" im Landtag

Als eine der größten politischen Fehlentscheidungen, die in dieser Legislaturperiode bisher getroffen wurde, muss man wohl die Wiedereinführung des Regresses bezeichnen.

Nicht umsonst gibt es dagegen eine breite Front unterschiedlichster AkteurInnen, die dagegen ankämpft: Abgesehen von den Grünen und der KPÖ, die hier im Landtag seit 2011 dagegen kämpfen, meldeten sich dazu auch schon die Volksanwaltschaft, Caritas-Präsident Küberl, Sozialminister Hundstorfer und nun sogar sogar die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen zu Wort.

 

Bekanntermaßen ist die Steiermark mittlerweile das einzige Bundesland Österreichs, das diesen Regress von Angehörigen einfordert. Und was jene dazu sagen, die ich ihnen vorhin aufgezählt habe, darf ich kurz zitieren:

Fritz Ploner (FSG): „Es ist nicht einzusehen, dass die Steirer als Einzige für die Pflege von Angehörigen zur Kasse gebeten werden.“ Er fordert die ersatzlose Abschaffung!

Sozialminister Hundstorfer (SPÖ): „Die Einführung des Regresses noch dazu ohne Bescheid ist nicht nachvollziehbar. Wir haben einen eigenen Pflegefonds eingerichtet, der den Ländern hilft, den Anstieg bei den Sozialhilfekosten zu bewältigen.“

Caritas-Direktor Küberl: „Hoffentlich fällt er bald. Der Regress ist eine Zusatzbelastung für Familien. Es zahlt die Person, die gepflegt wird, schon mit ihrer Rente, mit ihrem Pflegegeld. Es zahlen die Ehegatten und jetzt sollen die Kinder auch noch zahlen. Ich glaube, dass es an der Zeit wäre, den Regress in das Buch der Geschichte einzutragen und zu vergessen.“

 

Der Regress ist für die Bevölkerung unzumutbar und wird als besonders ungerecht empfunden. Wenn es in einer steirischen Familie zu einem Pflegefall kommt, steht die Existenz von Angehörigen und deren gesamter Lebensertrag auf dem Spiel. Ab einem Einkommen von 1286 Euro (bzw. 1.500, wenn man kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bezieht) muss man zahlen. Andere Unterhaltsverpflichtungen werden ebenso wenig berücksichtigt wie persönliche Notlagen.

 

Herr LH Voves: Sie haben noch in dieser Woche Ihren GenossInnen bei einem Organisationstreffen in Frohnleiten gesagt, dass es darum geht, „mit den richtigen Themen die Menschen anzusprechen. Themen, die die Menschen wirklich beschäftigen: Soziale Fairness, gleiche Chancen und gerechte Verteilung.“ – Wenn Sie das ernst meinen, müssten sie dann nicht auf der Stelle ihrem Kollegen in Kärnten folgen und den Regress auch in der Steiermark abschaffen?

 

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser hat immer davon gesprochen, dass der Regress „unsolidarisch und entwürdigend“ ist. Begründet unter anderem mit der Aussage: „Ältere Menschen zur Verzweiflung zu bringen, indem man ihnen das Gefühl gibt, ihren Kindern auf der Tasche zu liegen, ist das Schlimmste, das man ihnen antun kann.“ Seine „ erste Maßnahme als Landeshauptmann wird die Abschaffung des Regresses sein“ – hat er versprochen und eingehalten.

 

Blicken wir kurz zurück ins Jahr 2008, da wurde der Regress von LH-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer aufs Schärfste verurteilt und die SPÖ aufgefordert, ihn abzuschaffen. Die Abschaffung wurde kurze Zeit später einstimmig im Landtag beschlossen.

 

Das Vermögen ist in Österreich besonders ungleich verteilt und diese Schere ist in den letzten Jahren noch weiter auseinander gegangen. Den Wirtschaftsnachrichten des Standard vom 9.4.2013 ist zu entnehmen, dass die Diskrepanz beim Nettovermögen nur in Deutschland noch größer ist, das hat eine Studie der Europäischen Zentralbank aufgezeigt. Über alle Eurostaaten gerechnet halten die obersten 5% der Haushalte 37,2% des Nettovermögens. In Österreich liegt der Wert sogar bei 45%. Das oberste Zehntel hat in Österreich ein durchschnittliches Nettovermögen von 1,64 Millionen und rangiert damit über dem Euro-Schnitt von 1,17 Millionen Euro. Und während die Reichen immer reicher werden und vergleichsweise kaum Steuern zahlen, werden die Armen ärmer und viele können sich das tägliche Leben bald nicht mehr leisten. Ihnen werden Kürzungspakete aufgebrummt und Regelungen wie der Regress bei Pflege und Mindestsicherung verordnet. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Ihre Politik, die Politik der so genannten Reformpartner.

 

2011 haben diese „Reformpartner“ den Regress wieder eingeführt. Sie reden dabei von Solidarität und davon, „dass einem die Eltern das wohl wert sein müssen“. Dass die Bürgerinnen und Bürger eines einzelnen Bundeslandes mit 10 Mio. Euro zur Budgetentlastung der anderen acht Bundesländer beitragen müssen, ist ein seltsames Verständnis von Solidarität. Und was das Argument von den bösen Kindern, die für die Eltern nichts zahlen wollen, betrifft: Mit den Gehältern einer Landeshauptmannes, einer Landesrätin, ist es leicht, solche Aussagen zu tätigen. Aber der Großteil der Bevölkerung verdient weitaus weniger und vielen Eltern ist es mehr als unangenehm, dass ihre Kinder nun zur Kasse gebeten werden – Kinder, die keine GroßverdienerInnen sind. Darüber sollten auch sie, Frau Landesrätin Edlinger-Ploder, nachdenken, und zwar bevor sie wieder einmal vorhaben, den Regress in der Öffentlichkeit als eine „pädagogische Maßnahme“ zu bezeichnen.

 

Ich bin froh, dass die Menschen, die sich für die Abschaffung dieses unfairen und unsozialen Regresses stark machen, nun immer lauter werden. Ich bekomme täglich Mails, Briefe und Anrufe von Menschen, die unsere Kampagne unterstützen wollen. Wir werden nicht aufhören dafür zu kämpfen. Wir werden alle unsere Möglichkeiten wahrnehmen und hoffen, dass der Regress bald Geschichte sein wird.

Veröffentlicht: 16. April 2013

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