Pflege: Mehrheit für mehr Kontrollen, bessere Arbeitsbedingungen und Ende der Geschäftemacherei
KPÖ-LAbg. Pacher: „Grundlegende Änderungen sind nun möglich, Umsetzung hängt von SPÖ ab.“
Mit diesen Beschlüssen wurde bei den steirischen Pflegeheime ein grundlegender Politikwechsel vollzogen. Die Landesregierung ist nun beauftragt, ein Konzept vorzulegen, das die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für die Unterbringung in stationäre Pflegeeinrichtungen auf öffentliche und gemeinnützige Heimbetreiber beschränkt. Damit soll der in der Steiermark grassierenden Geschäftemacherei in diesem Bereich ein Riegel vorgeschoben werden.
KPÖ-LAbg. Werner Murgg: „Offenbar haben die jahrelangen Argumente der KPÖ gefruchtet. Wir haben immer wieder aufgezeigt, dass es auf Dauer nicht geht, wenn private Heimbetreiber sich mit öffentlichen Steuermitteln goldene Nasen verdienen. Nur der VP sind offenbar die Profite wichtiger als die Menschen in den Pflegeheimen.“
Weiters soll es in Zukunft verpflichtend sein, dass Heimbetreiber ihr Personal zumindest mit dem BAGS-Kollektivvertrag entlohnen müssen.
Ein dritter Antrag der KPÖ, der sich mit einer verbesserten Kontrolle in den Pflegeheimen beschäftiget – hier ist es in der Steiermark immer wieder zu eklatanten Missständen gekommen –, wurde ebenfalls angenommen. So sollen Kontrollen in jeder Einrichtung mindestens einmal im Quartal erfolgen müssen, wobei in einem Kalenderjahr mindestens eine Prüfung in der Nacht, eine am Wochenende und zwei untertags stattfinden sollen.
KPÖ-LAbg. Renate Pacher: „Gerade der Pflegeberuf verdient eine ordentliche Bezahlung. Nur so kann sichergestellt werden, dass in Zukunft genügend Fachpersonal für diese verantwortungsvolle Aufgabe gefunden werden kann. Es liegt nun an der SPÖ, die Beschlüsse des Landtags so schnell wie möglich umzusetzen.“
Antrag 1: Arbeitsbedingungen im Pflegebereich
Der Bericht des Ausschusses für Soziales Einlagezahl 2890/5, betreffend des KPÖ Antrages Einlagezahl 2890/1 zu dringend gebotenen Maßnahmen im Pflegebereich erklärt lapidar, dass die dort erhobenen Forderung, die Personalausstattungsverordnung vom 27. April 2009 über die Personalausstattung in Pflegeheimen dahingehend anzupassen, dass zumindest die Anhebung des Pflegeschlüssels auf Wiener Niveau in den Pflegestufen IV-VII vollzogen wird, aus budgetären Gründen nicht möglich ist.
Klarerweise hängt die Qualität der stationären Pflegeplätze, und damit die Zufriedenheit der BewohnerInnen und MitarbeiterInnen wesentlich von dieser Kenngröße ab. Eine Verbesserung in diesem Bereich ist also dringend wünschenswert.
Eine Finanzierung dieser Forderung wäre bei gleichzeitiger Nutzung von Finanzierungsinstrumenten wie sie von der KPÖ-Fraktion etwa im selbständigen Antrag Einlagezahl 2891/1 gefordert wurde (Stichwort: Vermögensbesteuerung), ohne Schwierigkeiten möglich.
Die Fachabteilung 11a, deren Stellungnahme in den Bericht aufgenommen wurde, zieht bezüglich der Entlohnung im Pflegebereich eine durchwachsene Bilanz. Weniger als 65% der Pflegeeinrichtungen besolden ihre MitarbeiterInnen nach Standards die dem BAGS Kollektivvertrag vergleichbar sind. Wie bereits im selbständigen Antrag Einlagezahl 28901/1 ausgeführt wurde, ist die körperliche Belastung des Pflegepersonals durchaus mit jener der Bauarbeiter vergleichbar: 60 % von ihnen müssen regelmäßig schwere Lasten heben. Zwar werden genug Pflegekräfte ausgebildet, jedoch ist aufgrund der hohen Belastungen und der schlechten Bezahlung der Wechsel in andere (Sozial-)berufe enorm. Die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeberuf liegt zwischen 5 und 6 Jahren. Da ein hoher Anteil der Beschäftigten im Pflegebereich Frauen sind, bedeutet ist bessere Entlohnung in diesem Sektor auch ein Beitrag zur Verringerung der statistischen Einkommensschere zwischen Frauen und Männern in Österreich.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1.) Eine Novelle der Personalausstattungsverordnung vom 27. April 2009 über die Personalausstattung in Pflegeheimen vorzulegen, mit der die Anhebung des Pflegeschlüssels auf Wiener Niveau in den Pflegestufen IV-VII vollzogen wird, und
2) dafür Sorge zu tragen, dass die Entlohnung des Pflegepersonal zumindest dem Standard des BAGS-Kollektivvertrages entspricht.
Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.
Antrag 2: Stärkung der gemeinnützigen und öffentlichen Träger stationärer Pflegeeinrichtungen
Der Bericht des Ausschusses für Soziales Einlagezahl 2895/5, betreffend des KPÖ Antrages Einlagezahl 2895/1 über die Stärkung gemeinnütziger und öffentlicher Träger stationärer Einrichtungen im Pflegebereich führt aus, dass man in der Steiermark bereits vor Jahrzehnten den Weg beschritten hat, neben öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen auch private Einrichtungen in der Betreuung älterer und pflegebedürftiger Menschen zuzulassen.
Die Fachabteilung 11a, deren Stellungnahme in den Bericht aufgenommen wurde, äußert sich bezüglich der durch private Träger erzielten Gewinne: “Durch die normierten Tagsätze wird eine Kostendeckung erreicht. Eine Subventionierung privater Träger findet daher nicht statt.“ Die Fachabteilung 11a führt weiter aus: „Die Pflegeheimpreise wurden so festgesetzt, dass eine kostendeckende Leistungserbringung der Leistungserbringer im Hinblick auf deren betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten konform den Leistungsbeschreibungen und den marktüblichen Gegebenheiten möglich ist. Zusätzliche Mittel, die beispielsweise Cashflow fördernd sind und über einer Kostendeckung liegen, wurden nicht angesetzt.“
Private, gewinnorientierte Betreiber von stationären Pflegeeinrichtungen betreiben diese nicht um kostendeckend oder mit Verlust zu operieren. Würden sie keine Gewinne erzielen, wären sie in diesem Markt nicht tätig. Die Stellungnahme der Fachabteilung 11a, deren Stellungnahme sich im Bericht des Ausschusses für Soziales findet, entspricht offensichtlich nicht der Realität.
Auch blieb die im ursprünglichen Antrag der KPÖ Fraktion zitierte Aussage der PatientInnen- und Pflegeombudsfrau Magª. Renate Skledar unwidersprochen, die in einem Artikel der Wochenschrift Falter vom 17. April 2009 davon spricht, dass vor allem die auf Profit ausgerichteten Betreiber für das Steigen der Tagsätze verantwortlich sind.
Es ist im Sinne des Gemeinwohles die Geschäftemacherei im Pflegebereich zu beenden. Es gilt daher die gewinnorientierten Anbieter vom Markt zu verdrängen. Hinkünftig sollen nur mehr gemeinnützige oder öffentliche Anbieter stationäre Pflegeleistungen erbringen dürfen, wie dies auch in der mobilen Pflege der Fall ist. In diesem Zusammenhang ist auf das Beispiel Irlands zu verweisen, wo die Pflege generell von der öffentlichen Hand getragen wird.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert:
1.) dem Landtag ehestmöglich ein Konzept vorzulegen mit dem Ziel die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung mittelfristig auf öffentliche und gemeinnützige Heimträger zu beschränken, um in Zukunft auszuschließen, dass öffentliche Gelder zur Subventionierung privater Gewinne verwendet werden,
2.) die Kosten der stationären Pflege auf einen kostendeckenden Tagsatz zu beschränken. Gewinnmargen oder Management-Entgelte über die Kosten von Leitungstätigkeiten in den Einrichtungen sind zu streichen.
Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.
Antrag 3: Verstärkte Kontrollen in Pflegeheimen
Der Bericht des Ausschusses für Soziales Einlagezahl 2892/5, betreffend des KPÖ Antrages Einlagezahl 2892/1 betreffend die Situation in Pflegeheimen, führt zu der dort erhobenen Forderung, die Kontrollen in stationären Pflegeeinrichtungen auszuweiten, lapidar aus, dass Quartalsmäßige Routineüberprüfungen auf Grund der vorhandenen Personalressourcen nicht möglich sind.
Das menschliche Leid und die Folgekosten, die aus der behördlich verordneten Räumung eines Pflegeheimes und der Umsiedelung seiner BewohnerInnen erwächst, wie dies jüngst in Graz bei einem privaten Pflegeheim geschehen ist, bleiben bei dieser Antwort unberücksichtigt.
Die Fachabteilung 11a, deren Stellungnahme in den Bericht aufgenommen wurde, zieht darüberhinaus die Sinnhaftigkeit von Kontrollen an den Wochenenden und des Nachtbetriebes aus „fachlicher Sicht“ in Zweifel, wobei letzteres mit dem Gebot begründet wird, die Nachtruhe der BewohnerInnen zu sichern. Derzeit, so wird in der Stellungnahme ausgeführt, würden Routinekontrollen zweimal jährlich durchgeführt.
Diese Stellungnahme steht in scharfem Kontrast zum bestürzenden Befund, den die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft dem Landtag Steiermark im Rahmen ihres Berichtes 2008 vorgelegt hat:
Dort ist festgehalten, dass die einschlägigen Erlässe der Landesregierung, denen zufolge stationäre Pflegeeinrichtungen mindestens zweimal jährlich zu kontrollieren sind, an beinahe 60% der Einrichtungen nicht befolgt werden. Erschreckend –so die Diktion der PatientInnen- und Pflegeombudsschaft— sei die Tatsache, dass 2008 23,33% aller steirischen Heime überhauptnicht kontrolliert wurden.
Die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft stellt in ihrem Bericht wörtlich folgendes fest: „Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist für die PPO, dass im Bezirk Graz
Umgebung, aus welchem massive Mängel im Pflegeheim- und
Pflegeplatzbereich sowohl von Angehörigen als auch von den
HeimbewohnervertreterInnen gemeldet werden, im Jahr 2008 keine einzige
Routineüberprüfung der privaten Pflegeheime stattgefunden hat. Bei den zwei
kontrollierten Pflegeheimen handelt es sich um öffentliche Einrichtungen.“
Die im Antrag Einlagezahl 2892/1 geforderten Kontrollen am Wochenende und in der Nacht, waren bereits Gegenstand des Landtagsbeschluss Nr. 808 vom 16. Oktober 2007, wonach Pflegeheime und Pflegeplätze auch an Wochenenden und in der Nacht kontrolliert werden sollten. Dieser Beschluss wurde bis heute nicht umgesetzt. Diese Kontrollen, die von der Fachabteilung 11a aus „fachlicher Sicht in Frage gestellt werden“, beurteilt die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft folgendermaßen:
„Die Kontrollen an Wochenenden und in der Nacht sind aus Sicht der PPO jedenfalls auch durchzuführen. Dies deshalb, weil damit eher vermieden werden kann, dass von manchen HeimbetreiberInnen verschiedentlich Mängel kaschiert werden, welche bei Routineüberprüfungen nicht erkannt werden könnten. Beispielsweise wird der PPO von Angehörigen der BewohnerInnen, HeimbewohnervertreterInnen oder von hauseigenem Personal berichtet, dass der erstellte Dienstplan nicht mit den diensthabenden Personen übereinstimme und besonders in der Nacht und an Wochenenden weniger Personal als angegeben vorhanden sei.“
Dass Heimbetreiber ihre Personalstruktur durch Manipulation der Dienstpläne verschleiern könnten, liegt für die Fachabteilung 11a außerhalb des Vorstellbaren, wenn sie im Bericht des Ausschusses für Soziales festhält, dass die Personalsituation am Wochenende „auch durch eine Erfassung dieser Strukturen am Dienstplan festgestellt werden [kann].“
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1.
als ersten Schritt dafür Sorge zu tragen das die schon bisher vorgeschriebenen zweimal jährlichen Kontrollen der Pflegeheime tatsächlich stattfinden und dass der Landtagsbeschluss 808 umgesetzt wird
2.
eine ehestmöglich eine Novelle des Steiermärkischen Pflegeheimgesetzes vorzulegen, die folgende Bestimmung umfasst:
In § 14 des Stmk. Pflegeheimgesetzes soll vorgesehen werden, dass Kontrollen in jeder Einrichtung mindestens einmal im Quartal erfolgen muss, wobei in einem Kalenderjahr mindestens eine Prüfung in der Nacht, eine am Wochenende und zwei untertags stattfinden sollen.
Unterschriften:
Ernest Kaltenegger eh., Claudia Klimt-Weithaler eh., Ing. Renate Pacher eh.
Veröffentlicht: 20. November 2009