Pflege: Keine Bereitschaft zu echten Veränderungen
KPÖ fordert bessere Bedingungen und Ausstieg aus gewinnorientierter Pflege
Bereits vor der Sitzung des steirischen Landtags am 19. Oktober war die Pflege das beherrschende Thema: Hunderte Pflegekräfte versammelten sich vor dem Landhaus, um für bessere Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung einzutreten. Im Rahmen einer Dringlichen Anfrage brachte KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler dann am Nachmittag das Thema Pflegenotstand in den Landtag.
Die Pflegekrise hat in der Steiermark besorgniserregende Ausmaße angenommen, vor allem junge Pflegekräfte fehlen. Dies führt zu Überlastungen, Bettensperren, vermehrten Krankenständen und infolge dessen auch zu einem vorzeitigen Berufsausstieg. Durch den Verzicht auf Nachbesetzungen bei Pensionierungen wurden jährlich 1,5 Prozent an Personal eingespart. Das rächt sich jetzt, es fehlen tausende Pflegekräfte. Laut OECD-Vergleich liegt Österreich bei der Anzahl der Pflegepersonen mit 7,7 pro 1.000 EinwohnerInnen europaweit im untersten Drittel, hinter Staaten wie Tschechien, Slowenien, Frankreich, Belgien, Irland, Luxemburg und Deutschland (12,8 Pflegekräfte pro 1.000 EW).
Messbare Erfolge bei der Verbesserung der Lage des Pflegepersonals und zur Verringerung des Personalmangels konnte die zuständige Landesrätin Bogner-Strauß (ÖVP) nicht nennen. Ich ihrer Antwort gab sie keine Hinweise darauf, dass die Landesregierung über Imagekampagnen und eine eher symbolische Erhöhung der Ausbildungsplätze hinausgehende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise trifft. Dafür zeigte sich ein erschreckender Mangel an Informationen: So musste Bogner-Strauß zugeben, dass keine Zahlen zur Sperrung von Stationen in KAGes-Spitälern aufgrund von Personalmangel vorliegen. Diese Daten werden nicht erhoben, behauptete die Landesrätin in ihrer Anfragebeantwortung.
KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: „Die Debatte heute im Landtag hat gezeigt, dass keine echte Bereitschaft besteht, an diesem System, das für das Pflegepersonal immer schwerer zu ertragen ist, etwas zu ändern. Dafür wird weiterhin viel Geld in die Subventionierung gewinnorientierter Einrichtungen gesteckt, statt es dort zu investieren, wo es dem Personal und den pflegebedürftigen Menschen nützt.“
Gewinnorientierte Heime machen Pflege teuer – Landesrechnungshof darf nicht prüfen
Ein spezifisch steirisches Problem ist die extrem hohe Anzahl gewinnorientiert geführter Pflegeheime – nicht weniger als 84 % aller Häuser wird privat geführt, 55 % sind profitorientiert ausgerichtet, obwohl die öffentliche Hand den Großteil der Kosten (und somit der Gewinne) finanziert. Damit liegt die Steiermark weit vor allen anderen Ländern. Diese sind nicht nur für die enormen Kostensteigerungen im Pflegebereich verantwortlich, sie können auch nicht vom Landesrechnungshof geprüft werden. Das ist nur bei von Gemeinden betriebenen Pflegeheime bzw. die Landespflegezentren (LPZ) der KAGES möglich.
Von den derzeit in der Steiermark bestehenden 228 Pflegeheimen können nur die 36 öffentlichen Heime vom Landesrechnungshof geprüft werden. 192 (!) Heime können nicht geprüft werden, darunter 125 gewinnorientierte. Das ist aus Sicht der KPÖ ein unhaltbarer Zustand. Ein Antrag der KPÖ, dem LRH die Prüfung dieser Heime zu ermöglichen, wurde von SPÖ, ÖVP und Neos abgelehnt.
Keine Geschäfte mit der Pflege – Vorbild Burgenland
Im Burgenland wurde 2019 gesetzlich geregelt, dass mit der Pflege kein Geschäft gemacht werden darf. Pflegeheime sollen künftig nur mehr gemeinnützig betrieben werden dürfen, wenn sie Landesförderungen bekommen wollen. Für Betreiber von Einrichtungen auf gewinnorientierter Basis gibt es eine vierjährige Übergangszeit.
Landesregierung lehnt alle Vorschläge ab
Die KPÖ brachte im Anschluss an die Debatte über die Probleme eine Reihe von Forderungen ein, darunter:
- Deutliche Aufstockung der Ausbildungsplätze für Pflegeberufe;
- faire Bezahlung in der Ausbildung, während des Praktikums und im Berufsleben;
- Verbindliche Personaluntergrenzen für die stationäre Gesundheitsversorgung, die sich am tatsächlichen Bedarf und an realistischen Ausfallzeiten orientieren;
- Erhöhung des Pflegeschlüssels in der stationären Langzeitpflege auf Wiener Niveau,
- Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie eine sechste Urlaubswoche.
ÖVP, SPÖ und Neos lehnten alle Vorschläge ab.
Veröffentlicht: 19. Oktober 2021