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Neuer Trick bei „Mindestsicherung“ führt zu sozialem Kahlschlag

KPÖ-Klubobfrau Klimt-Weithaler für sofortige Reparatur des Gesetzes

Seit 1. März 2010 gibt es in der Steiermark keine Sozialhilfe mehr. Diese wurde durch die Mindestsicherung ersetzt, die, wie die KPÖ nachgewiesen hat, für alle Bezieherinnen und Bezieher gegenüber der Sozialhilfe eine finanzielle Schlechterstellung bringt. Dazu kommt eine offenkundige Planlosigkeit auf Seiten der verschiedenen zuständigen Behörden, wie das Gesetz umzusetzen ist.

Nun wurde im politischen Verantwortungsbereich von LH-Stv. Schrittwieser eine neue Methode erfunden, um jenen Menschen, die bereits jetzt mit sehr wenig Geld auskommen müssen, noch mehr wegzunehmen. Dies ist möglich, weil durch eine phantasievolle Auslegung des Gesetzes nun die Wohnbeihilfe als Einkommen betrachtet wird. Dadurch verlieren die meisten Bezieherinnen und Bezieher der Mindestsicherung gegenüber der alten Sozialhilfe noch weitaus mehr als bisher angenommen. Ein Überleben ist für viele Betroffene mit der verbleibenden Summe kaum noch möglich.

In einer Pressekonferenz stellten KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler und die Sozialarbeiterin Karin Gruber ihre Erfahrungen mit dem neuen Gesetz vor und demonstrierten anhand eines (realen) Rechenbeispiels, wie eine alleinstehende Pensionistin aus Knittelfeld statt 4048 Euro im Jahr nur mehr 1521 Euro zugestanden bekommt.

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: „Die Mindestsicherung ist der absolute Tiefpunkt in der steirischen Sozialgesetzgebung. Mit dem ursprünglich behaupteten Ziel der Armutsbekämpfung hat sie nichts mehr zu tun, es geht ausschließlich um Einsparungen auf Kosten der ärmsten Bevölkerungsteile. Die bürokratischen Hürden und die umständliche Berechnung bleiben bestehen, es gibt weiterhin neun Gesetze in Österreich. Der einzige Unterschied ist, dass in der Steiermark alle weniger bekommen als vorher.“

„Die Politikerinnen und Politiker, die sich solche Regelungen ausdenken, haben den Bezug zur Realität von Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, längst verloren. Der Landtag muss diese Regelung schnellstens reparieren, sonst stehen in der Steiermark in wenigen Monaten viele vor dem Nichts“, kündigt Klimt-Weithaler eine Initiative im Landtag an.

Nochmalige Verschlechterungen bei der Mindestsicherung

Rechenbeispiel vom 2. März 2011, DSA Karin Gruber

Seit 28. Februar 15.00 Uhr (1 Tag vor Einführung der Mindestsicherung)  ist bekannt, dass auch die Wohnbeihilfe als Einkommen gerechnet werden soll, was weitere massive Verschlechterungen auf die Höhe der Mindestsicherung bedeutet.

Gestern bekam ich mehrere Anrufe von betroffenen ehemaligen SozialhilfebezieherInnen, die bereits einen Termin im Sozialamt der Stadt Graz hatten und deren Mindestsicherung noch weniger ausmacht, als sie sich schon erwartet hatten.

Mein  Beispiel der letzten Pressekonferenz möchte ich noch einmal hernehmen und mit der jetzt praktizierten Vollzugspraxis vergleichen.

Beispiel: Eine 70jährige Frau aus der Obersteiermark, war Hausfrau und Mutter und ist keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Vor rund 10 Jahren hat sich der Ehemann scheiden lassen. Er bezahlt Unterhalt für die geschiedene Frau in der Höhe von € 530,-- pro Monat 12 Mal im Jahr. Die Frau hat keinen Anspruch auf eine Pension. Die Frau wohnt in einer Mietwohnung, für welche sie Miete in der Höhe von € 380,-- pro Monat zu bezahlen hat, die Wohnbeihilfe beträgt € 152,--, somit beträgt der Eigenanteil an Miete € 228,--. Die Frau bezieht derzeit Sozialhilfe als Richtsatzergänzung zum Unterhalt in folgender Höhe:

Sozialhilfe derzeit

€       548,--  Lebensbedarf für einen Alleinstehenden
€       228,--  Eigenanteil Miete (Miete minus Wohnbeihilfe)
€       776,--  Sozialhilferichtsatz minus eigenes Einkommen   
€       530,--  Unterhalt vom geschiedenen Mann
       246,--  Sozialhilfe monatlich 12 mal jährlich, das sind             € 2.952,-- im Jahr 

       548,--  Sonderzahlung im Juni und November, das sind            € 1.096,-- im Jahr

Derzeit bezieht die geschiedene Frau Sozialhilfe in der Höhe von      € 4.048,-- im Jahr

 

 

Mindestsicherung

 

€    752,93   Mindeststandard für Alleinstehende inklusive Mietanteil (25 %)

      39,77   ungedeckter Mietanteil (ist noch nicht klar geregelt)

    792,70   Mindestsicherungsrichtsatz minus eigenes Einkommen

    530,--    Unterhalt vom geschiedenen Mann

    262,70   Mindestsicherung monatlich 12 mal jährlich, das sind               € 3.152,40 im Jahr

 

Das Steiermärkische Mindestsicherungsgesetz sieht keine Sonderzahlungen vor, d.h. die Frau, die schon derzeit am Existenzminimum lebt verliert jährlich € 895,60 (€ 4.048,-- minus € 3.152,40).

 

Mindestsicherung derzeitiger Vollzug (worst case)

€    752,93   Mindeststandard für Alleinstehende inklusive Mietanteil (25 %) plus

    244,04   höchstzulässiger Wohnungsaufwand Knittelfeld (siehe Verordnung)

    996,97   minus

    188,23   Mietanteil vom Mindeststandard (25 %) minus

    152,--    Wohnbeihilfe minus

    530,--    Unterhalt vom geschiedenen Mann

    126,74  Mindestsicherung monatlich 12 mal jährlich, das sind                          1.520,88  im Jahr

 

Im Unterschied zur bis jetzt bezogenen Sozialhilfe verliert die Frau jährlich € 2.527,12, im Unterschied zur bisher angenommenen Berechnung Mindestsicherung verliert die Frau € 1.631,52.

 

 

2. März 2011