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Neue Sozialhilfe wird zu Anstieg der Armut führen

"Falsche Maßnahme zur falschen Zeit" - Kürzungen bei Wohnunterstützung ab Juli

Foto:© Pia Schmikl

Heute wurden die Details des neuen Sozialunterstützungsgesetzes von Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) bekannt. Dieses Gesetz löst ab Juli 2021 die Mindestsicherung ab. Die Umstellung während einer schweren Wirtschaftskrise und Rekordarbeitslosigkeit bringt für viele Kürzungen, während durch den enormen Verwaltungsaufwand sogar höhere Kosten für das Land Steiermark entstehen. Die KPÖ warnt vor den Folgen, Betroffene können sogar eine Delogierung drohen.

In Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise und Rekordarbeitslosigkeit benötigen immer mehr Menschen staatliche Hilfe. Mit dem neuen Sozialunterstützungsgesetz sinken die Beihilfen aber in zahlreichen Fällen. viele. Die deutlichste Verschlechterung ist, dass bei Bezug der Sozialunterstützung keine Wohnunterstützung mehr möglich ist. Die Ausgaben für die Mindestsicherung haben zuletzt ca. 0,8 Prozent der Sozialausgaben ausgemacht.

Die Wohnkosten tragen in Österreich wesentlich zur Teuerung und auch zur Verfestigung von Armut bei. In keinem anderen EU-Staat sind die Kosten von Mieten und Betriebskosten in den vergangenen Jahren so stark gestiegen. Trotzdem werden mit der neuen Sozialunterstützung die Beihilfen zu den Wohnkosten gekürzt. Das Land nützt dabei den Spielraum nicht aus, den das Bundesgesetz zulässt.

 

Elke Kahr, KPÖ-Stadträtin in Graz: „Die hohen Wohnkosten sind die häufigste Ursache, wenn Menschen von ihrem Einkommen nicht mehr leben können. Dass gerade dort gekürzt und gespart wird, ist ein sozialpolitisches Armutszeugnis für die Steiermark. Schon jetzt können sich im Winter viele nicht leisten, ihre Wohnung ausreichend zu heizen. Durch die hohe Arbeitslosigkeit wird sich die Lage weiter verschlechtern. Gerade jetzt brauchen die Menschen Unterstützung. Stattdessen beschließt der Landtag in der schlimmsten Wirtschaftskrise ein Sparpaket.“

Da die Mietzahlungen künftig immer direkt durch die Sozialhilfeverbände erfolgen soll, wird es für Betroffene außerdem noch schwerer, eine leistbare Wohnung zu finden.

Es wird künftig trotz der herrschenden Rekordarbeitslosigkeit auch schneller zu Kürzungen bei Arbeitslosigkeit kommen, obwohl Arbeitslose oft ohne eigenes Verschulden mit Sanktionen belegt wurden. „Es wird immer größerer Druck ausgeübt, obwohl es kaum freie Arbeitsplätze gibt, von denen man leben kann. Die neue Sozialunterstützung wird auch zu mehr Lohndumping und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen führen. Das wird sich bald auch auf Arbeitsplätze auswirken, die derzeit noch korrekt bezahlt werden“, warnt Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau der KPÖ im Landtag Steiermark.

 

 

Was bedeuten die Änderungen in der Praxis?

Bei der Sozialunterstützung wird der Wohnbedarf mit 40 % des Richtsatzes und der Lebensbedarf mit 60 % des Richtsatzes angenommen (d.h. € 378,00 Wohnbedarf und € 567,00 Lebensbedarf). Im Mindestsicherungsgesetz wurden 25 % für Wohnbedarf und 75 % für den Lebensbedarf angenommen (d.h. 236,25 Wohnbedarf und € 708,75 für den Lebensbedarf). Liegt der tatsächliche Wohnungsaufwand eines Beziehers unter den 40 % des Wohnbedarfes, wird der Richtsatz gekürzt. Liegt der tatsächliche Wohnaufwand darüber, kann eine Wohnkostenpauschale in der Höhe von 30 % des Richtsatzes gewährt werden (lt. Sozialhilfegrundsatzgesetz).

Leider wurde die Wohnkostenpauschale nur in der Höhe von 20 % des Richtsatzes im Stmk. Sozialunterstützungsgesetz angegeben. Die KPÖ fordert, diesen Wert auf 30 % anzuheben, denn für Menschen mit höheren Wohnungskosten entstehen sonst gravierende Nachteile.

 

Beispiel 1: Alleinstehender Mann, 65, ohne Pensionsanspruch, Wohnkosten 315 Euro, bezieht jetzt Mindestsicherung und Wohnunterst ützung. Derzeit 1.088 Euro, mit neuem Gesetz 865,41 Euro (minus 222,59 Euro).

Beispiel 2: Alleinstehende Frau, AMS-Geld € 400,00, Miete kostet € 340,00, Fernwärme € 35,00 und Strom € 72,00. Sie bezieht als Aufstockerin 688 Euro, mit neuem Gesetz 614 Euro (minus 74 Euro).

Beispiel 3: Älteres Ehepaar, Miete € 500,00, Heizkosten € 50,00, Strom € 70,00, bezieht derzeit pro Person 798,13 Euro, mit neuem Gesetz 706,90 Euro (minus 91,23 Euro).

Beispiel 4: Obdachloser Mann im Vinzitel, keine Wohnkosten, bezieht derzeit 708,75 Euro, mit neuem Gesetz 567 Euro (minus 141,75 Euro).

Beispiel 5: Alleinstehender Mann, 650 Euro AMS-Geld. Miete € 600, € 75,00 Strom. Als Aufstocker erhält er 438 Euro, mit neuem Gesetz 484 Euro (plus 46 Euro)die Bundesregelung würde allerdings 578 Euro (plus 94,50 Euro) ermöglichen, das Gesetz von LR Kampus schöpft diesen Rahmen allerdings nicht aus.

Veröffentlicht: 21. Januar 2021

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