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Murgg: Links von der SPÖ sind viele Fahrspuren frei

Liebe Freundinnen und Freunde,
Genossinnen und Genossen!

Gestattet, daß ich mit einem Zitat beginne: "Das Kapital übt heute in den Betrieben einen immer größeren Druck auf die Beschäftigten und Betriebsräte aus. Die immer weniger werdenden Vollzeitarbeiter werden ausgequetscht, für die anderen gibt es Teilzeitarbeit, Werkverträge und Geringfügigkeit." Diese Worte stammen nicht von einem Klassenkämpfer, sie stammen vom AK-Präsidenten Walter Rotschädl, geäußert auf der letzten AK-Vollversammlung. Und er hat sie mit Zahlen und Fakten unterlegt. Während die Gewinne explodieren, eilt die Arbeitslosigkeit von einem Rekordhoch zum nächsten: 361.000 Männer und Frauen haben in Österreich keine Arbeit! Allein durch die, durch die Steuerreform möglich gewordene Gruppenbesteuerung, spart sich das Kapital in Österreich jährlich fast 500 Millionen Euro. Insgesamt sparen sich die Konzerne durch diese Steuerreform knapp eine Milliarde Euro, das sind fast 14 Milliarden Schilling! Wenn wir einen Blick in heimische Zeitungen werfen - das selbe Bild: Josef Baumgartner vom WIFO sagt in der Kleinen Zeitung: "Die Reallöhne stagnieren, die Unternehmensgewinne steigen. Wir erleben eine Umverteilung von unten nach oben." Der Kurier titelt: "Konzerne schütten Füllhorn über ihre Aktionäre aus." Ein paar Tage später liest man dort: "So sprießen die Gewinne." Alle Blue Chips, das sind die Spitzenwerte des ATX haben 2004 so gut verdient wie noch nie. Dasselbe beim deutschen DAX - egal wo man hinschaut.

Genossinnen und Genossen!

Ich will Euch nicht mit Zahlen quälen, aber gerade am 1. Mai muß auch das gesagt werden: Die Deutsche Bank macht 2,4 Milliarden Euro Gewinn und will gleichzeitig 6.400 Leute auf die Straße schmeißen; BMW, Continental, BASF verzeichnen laut Börsen-Zeitung "goldenen Bilanzen". Die Beschäftigtenzahlen werden gesenkt. Das selbe Bild bei uns: ob Böhler-Uddeholm oder voestalpine, egal ob Verbund oder OMV - Gewinnmaximierung stehen Lohndruck und Arbeitsplatzverlagerung gegenüber. Die Post-AG wird gerade fürs Privatkapital börsefit gemacht: Das heißt: Trotz Rekordergebnis von 87 Millionen Euro sollen tausend Postlerinnen und Postler auf die Straße geschmissen werden. SPD-Chef Müntefering warnt vor der wachsenden Macht des transnationalen Kapitals. Was für uns in diesem Zusammenhang interessanter ist: Bereits zwei Drittel der Deutschen geben ihm darin Recht! Wer die Leserbriefseiten der Zeitungen verfolgt und sich ein wenig unter den Menschen umhört, ein wenig in sie hinein hört, wird feststellen, daß Arbeiterinnen und Arbeiter, daß Angestellte, daß Pensionisten sich in einem zusehends einig sind: Die Antreiberei wird größer, im Geldbörsel ist immer weniger drinnen. Ich möchte Euch eine Geschichte erzählen, weil sie symptomatisch ist. Im Kaffeehaus habe ich unlängst ein Gespräch zwischen einer Kellnerin und einem Gast aufgeschnappt. Die Kellnerin hat sinngemäß gesagt: "Das ist eigentlich ein Wahnsinn, die Unternehmen machen immer mehr Gewinne und uns unten nehmen sie immer mehr weg." Der Gast hat darauf etwas erwidert, was ich nicht genau verstanden habe, aber es dürfte die alte Leier von der Globalisierung und daß man dagegen nichts machen könne, gewesen sein. Die Kellnerin hat darauf erwidert: "Dann wird’s halt eine Revolution geben, das werden sich die Kleinen auf Dauer nicht mehr gefallen lassen!" Ich erzähle das deshalb, weil es uns zeigt, daß sich bei vielen Menschen neue Einsichten auf tun; solche Aussagen hat man vor vier, fünf Jahren noch kaum gehört. Hier gibt es für eine Kraft, die konsequent auf der Seite derjenigen steht, die vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben, neue Möglichkeiten, neue Chancen! Das hat sich in bescheidenem Umfang, dort wo die KPÖ präsent ist, bereits bei der Gemeinderatswahl gezeigt. Und deshalb kandidieren wir als KPÖ - Ernst Kaltenegger bei der Landtagswahl mit dem Ziel des Einzugs in den Landtag. Sollten wir dieses hohe Ziel erreichen, werden nicht automatisch Milch und Honig fließen. Aber es wird seit vielen, vielen Jahren wieder eine echte Arbeiterinnen- und Arbeiter-Partei im Landtag sitzen. Eine Partei, die aufzeigt, daß es kein Naturgesetz ist, daß Reiche reicher und Arme ärmer werden, daß Betriebe privatisiert und ausverkauft und Arbeitsplätze vernichtet werden. Eine Partei, die den Menschen hilft, die diese Hilfe wirklich brauchen! Konzernherren, Großgrundbesitzer und Eventmanager haben ohnehin ihre Lobby! Glaubt man hingegen dem Landeshauptmannstellvertreter Voves, dann kann die SP links von niemandem überholt werden. Ich möchte eine Metapher verwenden: Stellen wir uns die SPÖ als ein Auto vor, das auf einer Autobahn dahin fährt. Dann sind, so glaube ich, links noch mehrere Fahrspuren frei! Nur rechts, da wird’s eng - da ist nur mehr der Pannenstreifen! Der Landeshauptmannstellvertreter hat angekündigt, er werde unseren Spitzenkandidaten Ernst Kaltenegger genau fragen, wie es dieser mit der Demokratie halte. Das ist wirklich eine gute Frage. Ich stelle sie dem Herrn Landeshauptmannstellvertreter schon heute, am 1. Mai. Was ist das für eine Demokratie, wo ein Hannes Androsch durch einen Handstreich quasi über Nacht eine ganze Region in Angst und Schrecken versetzen kann, weil er einen Betrieb verlagert? Was ist das für eine Demokratie, wo ein internationaler Dosenabfüller, dem ein rechtmäßig zustande gekommener Bescheid gegen den Strich geht, über das Wohl und Wehe hunderter Menschen die auf einen Arbeitsplatz hoffen, entscheiden kann?

Genossinnen und Genossen, Freunde!

Wer darauf zukunftsweisende Antworten geben will, dem wird mehr einfallen müssen, als mit Bittprozessionen bei internationalen Konzernherren aufzutauchen! Wer will, daß Arbeitsplätze geschaffen und nicht vernichtet werden, wer will, daß Löhne erhöht und nicht gesenkt werden, wer will, daß die Gewinne der Multis nicht für ein Gemetzel an den internationalen Finanzmärkten eingesetzt, sondern in die Taschen derer wandern, die sie erwirtschaften, wer das alles will, der wird sich um eine Grundeinsicht auf Dauer nicht mehr herum drücken können: Dringend notwendig ist eine Umverteilung von oben nach unten, vom Kapital zu den Arbeitern und Angestellten. Diese Umverteilung wird nur dann nachhaltig wirksam sein, wenn gleichzeitig Konzernmacht und Konzerneigentum beschnitten werden!

Genossinnen und Genossen!

Gestern lese ich in der FAZ, daß der ehemalige Daimler Chef Reuter die, wie er sich ausdrückt, heutigen katastrophalen Zustände - das sind wirklich seine Worte, die heutigen katastrophalen Zustände - einer neuen geldgierigen Managerkaste in die Schuhe schieben möchte.

Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde!

Die Zustände sind heute nicht so, weil die Manager heute alle geldgierig und verkommen sind, während sie vor zehn, fünfzehn Jahren vielleicht noch alle feine Burschen waren. Nein! Die Zustände sind so, weil der Kapitalismus so funktioniert! Bis vor fünfzehn Jahren war er durch eine weltweite Gegenmacht gehemmt. Heute ist diese Hemmschwelle weggefallen. Heute ist er hemmungslos! Er kann nicht anders als dafür zu sorgen, daß Wert sich unentwegt wieder verwertet. Was dem im Wege steht, wer dem im Wege steht, wird in Grund und Boden gestampft! Je früher die Arbeiterbewegung, die gesamte fortschrittliche Bewegung, diese Einsicht beherzigt, umso rascher wird die Menschheit einen Ausweg aus dem derzeitigen weltweiten Dilemma des Sozialabbaus nach innen und der zunehmenden Aggressivität der imperialistischen Mächte nach außen finden! Das sollte unsere Botschaft am 1. Mai sein! Es lebe der 1. Mai! Freiheit!

Veröffentlicht: 3. Mai 2005

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