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Magna: Warum Gesundheit auch im Interesse des Unternehmens ist

Interview mit Magna-Betriebsrätin Hilde Tragler

Hilde Tragler ist eine der fünf BetriebsrätInnen des Gewerkschaftlichen Linksblocks im Grazer Magna-Werk. Das ehemalige Puchwerk ist das einzige des Konzerns, in dem ganze Autos gefertigt werden. Wir haben mit Hilde Tragler über die Situation im größten Grazer Industriebetrieb gesprochen.

Hilde, das Grazer Magna-Werk stand in den letzten Wochen weitgehend still. Wie ist die Situation jetzt?

Hilde Tragler: Da kommen bei einem großen Industriebetrieb, wie Magna es ist, mehrere Faktoren zusammen. Einerseits sind wir von den Lieferketten der Zulieferer abhängig, hier kommt es natürlich zu Schwierigkeiten. Dann sind wir zweitens Auftragsfertiger für die großen Automobilkonzerne und von deren Aufträgen abhängig. Auch da ist derzeit vieles unsicher. Und drittens kommen in einem derartig großen Werk in normalen Zeiten tausende Menschen zur Arbeit, auch das bedeutet Herausforderungen.

Die Produktion soll ja wieder anlaufen, wie wird da vorgegangen?

Hilde Tragler: Es gibt jetzt natürlich besondere Maßnahmen. Beschäftigte erhalten zwei Masken pro Tag, die sie bei der Arbeit tragen müssen. Besondere Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen wurden gesetzt. Das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung soll beispielsweise zu Hause und nicht mehr am Arbeitsplatz erfolgen. Abstandhalten ist angesagt. Bei Verdacht auf Krankheit sollen die Betroffenen unbedingt zu Hause bleiben. Man versucht das Ansteckungsrisiko zu minimieren.

Das ist durchaus interessant. Der Druck auf die Beschäftigten ist in vielen Unternehmen in den vergangenen Jahren massiv angestiegen. Krank oder halb krank zur Arbeit zu gehen wurde üblich. Kranke wurden unter Generalverdacht gestellt. Wie siehst du das?

Hilde Tragler: Aktuell ist es natürlich so, dass die Weiterverbreitung des Virus in einem derart großen Unternehmen zu enormen wirtschaftlichen Schäden führen kann. Von daher gibt es auch von Unternehmensseite ein Interesse daran, dass sich das Coronavirus nicht ausbreitet. Ob das in vielen kleineren Unternehmen, denen das Wasser jetzt oft bis zum Hals steht, auch so ist, das wage ich zu bezweifeln.

Wirtschaftlich sind das aber natürlich auch für Magna schwierige Zeiten. Und ich nehme an, dass es einiges an Unsicherheit gibt?

Hilde Tragler: Auch wenn es jetzt mit der Produktion des Mercedes G weitergeht: Wir wissen nicht wie sich der Automarkt generell entwickelt, wie bei uns die Produktion der anderen Modelle anläuft bzw. wie hoch die Stückzahlen sein werden.

Eines ist klar, die gesamte Metallindustrie hat in den letzten Jahren enorme Gewinne gemacht. Da kann es nicht sein, dass man sich seiner Verantwortung nicht stellt, wenn es einmal schlecht läuft. Nur eine Zahl: Die AK hat in ihrem Branchenreport zur Metallindustrie erhoben, dass 2018 in den untersuchten Unternehmen auf einen Euro an Lohn- und Gehaltszahlungen 43 Cent an Gewinnausschüttungen kamen. Und es war nicht nur 2018 so, dass massiv Gewinne erzielt und ausgeschüttet wurden. Allein mit den Gewinnausschüttungen eines Jahres könnte man im Branchenschnitt also für rund fünf Monate die Löhne und Gehälter weiterzahlen.

Veröffentlicht: 9. April 2020

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