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Leoben: Geld für Zuzahlungsmodell muss da sein

Dr. Werner G-Murgg (KPÖ)

Budgetrede in der Sitzung des Gemeinderates von Leoben (16. 12. 04)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates!

Um die österreichischen Kommunen ist es finanziell nicht zum Besten bestellt. Der neue Finanzausgleich hat zwar für die Gemeinden über 10.000 Einwohner nicht die Verschlechterungen gebracht, wie ursprünglich befürchtet. Aber die Ergebnisse bringen andererseits bei weitem nicht das, was sich vor allem die zentralörtlichen Gemeinden erwartet hatten: Der Generalsekretär des Städtebundes, Erich Pramböck, hat zu Recht darauf hingewiesen, daß sowohl Städte- als auch Gemeindebund für die während der letzten Jahre erlittenen Verluste 450 Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Gemeinden gefordert hatten. Wenn Erich Pramböck fordert "Wer mehr leistet, muß mehr kriegen!" ist ihm uneingeschränkt zuzustimmen. Von 450 Millionen mehr war dann beim Verhandlungsergebnis keine Rede mehr! Plus/minus null war das Ergebnis.

Während der jüngsten Finanzausgleichsverhandlungen, der Verhandlungen darüber, welche Mittel neu erschlossen werden könnten, und wie diese Mittel zwischen Bund, den Ländern und Gemeinden verteilt werden, gab es zwei Meldungen, die besonders ins Auge gestochen sind: Zum einen wurde bekannt, daß der Industrielle Mirko Kovats durch den Verkauf seines VA-Tech Anteiles, das er vorher vom Staat günstig erhalten hatte, mit einem Federstrich einen Gewinn von ca. 70 Millionen Euro - rund eine Milliarde Schilling - eingefahren hat. Und es wurde bekannt, daß trotz des schon unerträglichen Gejammeres über die angeblich schlechte Ertragslage der österreichischen Konzerne die Blue-Chips des ATX, also dessen Spitzenwerte, allesamt gegenüber 2003 heuer an ihre Aktionäre eine erhöhte Dividende ausschütten können und sie ihre Gewinne teilweise mehr als verdoppelt haben. Es wäre nun zu erwarten gewesen, daß bei den Finanzausgleichsverhandlungen auch über neue Steuersysteme diskutiert würde. Daß Wege gefunden würden, wie der steigende Reichtum einiger Weniger endlich zur Finanzierung der Allgemeinheit und damit auch zur Finanzierung der Gemeinden herangezogen werden könnte. Bei den Finanzausgleichsverhandlungen ist leider das Gegenteil herausgekommen! Eine weitere Belastung der Bevölkerung durch höhere Spitalskostenbeiträge, höhere Rezeptgebühren, Verschlechterungen für Brillenträger und andere Belastungen. Darauf haben sich Bund, Länder und Gemeinden letztlich geeinigt.

Eine Budgetrede sollte auch dazu verwendet werden, um ein wenig über den kommunalen Tellerrand zu blicken. In den Augen der KPÖ ist das Ergebnis der Finanzausgleichsverhandlungen eine Schande. Weder Städte- noch Gemeindebund haben ernstlich Vorschläge unterbreitet, um diese Ungerechtigkeiten in der Aufbringung der finanziellen Mittel zu durchbrechen. Deshalb ist die KPÖ auch nicht bereit, jeder Gebührenerhöhung, jeder Verschlechterung der Leistung der Gemeinde zuzustimmen, die dann damit begründet wird, daß die Gemeinde immer weniger Geld hat. Was Österreichs Kommunen notwendig hätten, wäre ein neuer, alternativer Ansatz der Aufbringung budgetärer Mittel. Weg von einer rein ausgabenseitigen Budgetsanierung zu einer einnahmenseitigen Budgetsanierung, zur Erschließung solcher Einnahmequellen, die die breite Masse der Bevölkerung nicht belasten. Stichworte: kommunale Wertschöpfungsabgabe, Einführung einer von größeren Betrieben zu entrichtenden Nahverkehrsabgabe oder einer von Mobilfunkbetreibern einzuhebenden Handymastenabgabe.

Leoben ist durch den Verkauf seiner Sparkasse mit einem guten Finanzpolster ausgestattet. Leider werden aber auch bei uns die Mittel all zu oft nicht dorthin umgeschichtet, wo sie am dringendsten gebraucht würden! Großbetriebe, die zu den Reichsten unseres Landes gehören, werden mit Sonderwirtschaftsförderungen bedacht. 2004 waren es AT&S bzw. RHI über die das kommunale Füllhorm außertourlich ausgeschüttet wurde. Gleichzeitig kürzt man für soziale Beschäftigungsprojekte die Mittel. Wer an die 100 Millionen Schilling für ein innerstädtisches Einkaufszentrum zur Verfügung stellt sollte auch Geld für ein soziales Zuzahlungsmodell zu den Heiz- und Betriebskosten haben. Rund 200.000 Euro jährlich würde ein derartiges Modell kosten. Es würde gewährleisten, daß auch Familien mit geringem Einkommen maximal 30 Prozent ihres Familienbudgets für die Wohn-, Betriebs- und Heizkosten auszugeben hätten. Oder denken wir an den Heizkostenzuschuß. Durch die steigenden Energiepreise sind immer mehr Menschen darauf angewiesen. Die auf drei Jahre befristete zusätzliche Sonderzahlung zum Heizkostenzuschuß, die Leoben gewährt, ist erfreulich. Aber müßte nicht auch einmal über eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für diesen Zuschuß nachgedacht werden? Sagen Sie nicht: Das kann nicht Aufgabe der Kommune sein. Oder anders gefragt: Ausfallshaftungen für Konzertereignisse sind Aufgabe der Kommune?

Die KPÖ ist immer dafür eingetreten, den Kommunen und ihren Stadtwerken über die Ersschließung neuer Geschäftsfelder auch neue Einnahmequellen zu erschließen. Deshalb begrüße ich prinzipiell die Idee, sich an der Errichtungsgesellschaft eines innerstädtischen Einkaufszentrums zu beteiligen. Leoben könnte dann aliquot zu seiner Beteiligung an den Mieteinnahmen profitieren. Frei nach dem Motto: Warum den Gewinn immer nur den Privaten überlassen. So weit, so gut. Geht es nach der SPÖ-Mehrheit, soll die Gemeinde aber neben einer 2005 fälligen Stammeinlage von 3,27 Millionen Euro für eine derartige Gesellschaft, 2006 nochmals über 7 Millionen Euro, 100 Millionen Schilling, als Kapitalzuführung für die Errichtung des EKZ zur Verfügung stellen. Das heißt: Wir werden 30 Prozent der allenfalls fließenden Mieteinnahmen kassieren, werden aber 50 oder 60 Prozent der Errichtungskosten getragen haben. Da spreche ich noch gar nicht von den 1,5 Millionen Euro, die für die dann notwendige Verlegung der Dominikanergasse budgetiert sind. Auch für die Au-Vision sind im Voranschlag 2005 7,5 Millionen Euro vorgesehen. Ich hätte nichts dagegen, wenn sich die Stadtgemeinde mit rund 50 Prozent an der Errichtungsgesellschaft beteiligt. Aber dann muß jetzt schon gewährleistet sein, daß wir auch 50 Prozent an der Betreibergesellschaft halten und damit 50 Prozent der künftigen Einnahmen lukrieren. Bei einer derartigen Lösung wäre es möglich die Einnahmen aus dem luxuriösen Teil teilweise für Eintrittspreisstützungen im Familienbereich zu verwenden. Das wäre für die KPÖ eine der Grundvoraussetzungen, um 100 Millionen Schilling für ein derartiges Projekt frei zu geben. Abgesehen davon, daß die Meinung der Leobenerinnen und Leobener zu diesem Projekt bisher bestenfalls manipulativ erfaßt wurde!

Dem Voranschlag unserer Stadtwerke wird die KPÖ wieder die Zustimmung erteilen. Sie kennen meine Philosophie: Ich halte es für sozial gerechtfertigt, weniger mobilen Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen effektiven Nahverkehr zur Verfügung zu stellen und dessen Kosten durch Einnahmen aus anderen Sparten zu finanzieren. Wer glaubt, daß ein funktionierender Personennahverkehr mit gutem rollenden Material, günstigen Fahrpreisen und ohne brutalen Lohndruck gegenüber den dort Beschäftigten gewinnbringend geführt werden kann, der träumt. Ich freue mich, daß meine Anregung, endlich Ersatz für die eingestellte Citybuslinie zu schaffen, mit dem Rufbus hoffentlich bald umgesetzt wird.

Glück auf!

Veröffentlicht: 16. Dezember 2004

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