Landesbudget setzt Tradition von Tricks und Schwindeleien fort
Rede von KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler zum Landesbudget 2015
Werfen wir einen kurzen Blick zurück, wie die selbst ernannten „Reformpartner“ in den vergangenen Jahren mit ihren Budgets umgegangen sind. Auffällig ist, dass tatsächlich jedes Jahr weit mehr ausgegeben wurde, als vorher im Budget ausgewiesen war.
Das wird in dieser Darstellung verdeutlicht:
Jahr Voranschlag Rechnungsabschluss (= tatsächlich ausgegeben)
2010 5,0 Milliarden 5,4 Milliarden
2011 5,2 Milliarden 5,4 Milliarden
2012 5,0 Milliarden 5,5 Milliarden
2013 5,0 Milliarden 5,3 Milliarden
In Summe wurden seit 2010 also 1.400.000.000 (1,4 Milliarden) Euro mehr ausgegeben, als vorher behauptet. Diese Überschreitungen tauchen in den Landtagssitzungen regelmäßig unter dem Kürzel „ÜPL/APL“ („über- und außerplanmäßige Ausgaben“) auf und werden von den Abgeordneten der SPÖ, ÖVP und FPÖ regelmäßig durchgewinkt.
Dieses Budget wird uns als etwas ganz Besonderes verkauft, als ein Budget ohne Neuverschuldung. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt: Warum soll es diesmal anders ein, warum soll das Budget erstmals halten, nachdem es jedes Jahr deutlich überschritten wurde? Es schließt nahtlos an eine Tradition von Tricks und Schwindeleien an, die wir in den vergangenen Jahren kennengelernt haben. Von den Regierungsmitgliedern wird uns seit Jahren immer erzählt, dass wir uns auf dem „Weg der Konsolidierung“ befinden. Wenn man sich die Abschlüsse der vergangenen Jahre ansieht, stimmt das offensichtlich nicht!
Die viel propagierten „notwendigen Sparmaßnahmen“, die sich allesamt als Kürzungen herausgestellt haben, muss man generell in Frage stellen. Wenn einerseits Leistungen gestrichen werden und dann doch mehr Geld ausgegeben wird als vorher, dann ist wohl etwas schief gelaufen. Das ist für mich besonders gut an einem Beispiel aus dem Sozialbereich erkennbar: Die Entwicklungsförderung für Jugendliche wurde ersatzlos gestrichen, und trotzdem wurde in diesem Beriech mehr Geld ausgegeben. Warum? Weil die Menschen stattdessen andere, teilweise teurere Leistungen in Anspruch nehmen mussten. Man kann zwar Sozialleistungen streichen, aber eben nicht die Menschen, die diese brauchen, wegrationalisieren!
Wie sinnlos dieses Kürzen auf Kosten der Steirer und Steirerinnen, zeigt sich auch deutlich am gestiegenen Schuldenstand. 2010 lagen die Schulden bei rund 1, 6 Milliarden und sie sind kontinuierlich gestiegen. 2011 betrugen sie rund 2 Milliarden, 2012 schon 2,4 Milliarden Euro. Der Landesrechnungshof formulierte es so: „Während das Budgetvolumen der letzten Jahre beinahe unverändert ist, zeigt die Verschuldungsentwicklung einen kontinuierlichen Aufwärtstrend. Wird dieser Trend fortgesetzt, erreicht bzw. überschreitet der Schuldenanteil im Budgetjahr 2013 bereits das halbe Budgetvolumen.“ – Mittlerweile sind wir aber bei einem Schuldenhöchststand angelangt. 2015 sollen es rund 5,1 Milliarden sein und das bei einem Gesamtbudgetvolumen von rund 5,2 Milliarden.
Wozu werden diese Schulden aufgenommen, welche Ausgaben wurden damit finanziert?
- Das desaströse Missmanagement im Pflegebereich, das jährlich zwischen 30 und 60 Millionen Euro kostet;
- jene 90 Millionen Euro, die laut Rechnungshof das kurzfristige Verstecken des 1,2 Milliarden-Lochs in der KAGES-Tochtergesellschaft gekostet hat;
- die Verschleuderung des Geldes für teure Events und Spektakel, die selbst nach dem einschlägigen Bericht des Tourismusreferenten kaum nachhaltige Impulse für die Region lieferte (z.B. Schi-WM bei mindestens 180 Mio. Euro Ausgaben);
- die Deckung spektakulärer Skandalpleiten wie die Therme in Fohnsdorf oder die Therme in Gleichenberg;
- Abgabenrabatte und Wünsch-Dir-Was für Milliardäre mit Motorsportfimmel.
- Ständig steigende Parteienförderung und Polit-Bezüge.
Diese Politik der Refinanzierung von Inkompetenz mit Sozialabbau ist die wahre Signatur der „Reformpartnerschaft“.
Die SteierInnen bekommen vom Land also immer weniger an Leistungen und trotzdem werden die Schulden immer höher. Schulen wurden geschlossen, Abteilungen und ganze Krankenhäuser zugesperrt, in der Jugendwohlfahrt, im Sozialbereich, bei der Kultur – überall wurde gespart und trotzdem gibt es immer mehr Schulden – wie kann so etwas sein? Wir wissen alle: Geld verschwindet nicht, es wechselt höchstens den Besitzer. Wohin ist also das Geld, das den Menschen weggenommen wurde, hingekommen?
Angesichts dieser Daten und Fakten, die alle vom Rechnungshof stammen, erscheint es besonders interessant, ja fast wie ein Wunder, dass es nun plötzlich möglich ist, keine neuen Schulden zu machen. Das lässt natürlich die Vermutung zu, dass man auch bei diesem Budget, so wie auch schon in früheren Jahren, auf einen Trick zurückgegriffen hat.
- Ich erinnere an Gelder des Bundes, die nicht mehr zweckgewidmet und als Einnahmen im Budget verbucht wurden;
- an Wohnbaudarlehensverkäufe, die in anderen Jahren verbucht wurden, um die Bilanz zu retten;
- oder der mittlerweile berühmt gewordene Immobiliendeal mit der KIG: 1,2 Milliarden Euro wurden dort sozusagen „geparkt“, dem Land wurde die Kontrolle über die Liegenschaften entzogen und obendrein kostete er noch 90 Mio. Euro – geendet hat diese Trickserei damit, dass ab heuer die gesamte in der KAGES untergebrachte Schuldenlast wieder voll im Landesbudget auftaucht, dazu kommen noch die Schulden in der Landesimmobiliengesellschaft.
Budgetschwindeleien sind nun noch einfacher durchzuführen. In der Steiermark hat es eine sogenannte Haushaltsreform gegeben, es wurde auf die doppelte Buchführung (Doppik) umgestellt. Voranschlagstellen sind dadurch verschwunden und es wird schwieriger nachzuvollziehen, wofür wie viel Geld ausgegeben wird. Das Land versteckt immer noch Schulden und kommt so zu einem vermeintlichen Nulldefizit, für das sich die so genannten Reformpartner feiern lassen wollen.
Diesem vermeintlichen Nulldefizit wurden Jahrzehnte an sozialen Errungenschaften geopfert. Leistungen wurden der Bevölkerung gestrichen, alles unter dem Deckmantel, die Steiermark „zukunftssicher“ und „enkelfit“ zu machen. Schauen wir uns an, wie „zukunftssicher“ und „enkelfit“ die Steiermark inzwischen geworden ist:
- Vor rund einem Jahr haben wir erfahren, dass 13.000 Steiererinnen unds Steirer Mindestsicherung beziehen, das war gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 24 Prozent.
- In der Vorwoche war den Medien zu entnehmen, dass immer mehr steirische Kinder armutsgefährdet sind. Die erschreckende Zahl liegt bei 38.000 – die Tendenz ist leider steigend.
- Die Arbeitslosigkeit, die Menschen in die Mindestsicherung oder in die Armut treibt, ist hoch wie lange nicht mehr und es steht außer Frage, dass die Politik der so genannten Reformpartner durch Stellenabbau und Kürzungen aktiv dazu beigetragen hat.
Und es wird weiter an dieser neoliberalen Gangart festgehalten: Auch in den Jahren bis 2018 werden weitere Hunderte Millionen gekürzt, um alte Schulden abzubezahlen und Budgets ohne neue Schulden zu erstellen. Es gilt also weiterhin: Geld für Banken statt für Menschen! Ich frage Sie, Herr Landeshauptmann und Herr Landeshauptmann-Stellvertreter: Ist eine Steiermark mit 13.000 MindestsicherungsempfängerInnen und 38.000 armutsgefährdeten Kindern „zukunftssicher“ und „enkelfit“?
Wäre es nicht so traurig, dann würde ich es ja amüsant finden, wenn ein Landeshaushalt immer mit einem Familienhaushalt verglichen wird. Nach dem Motto, wenn eine Familie weniger Einkommen hat, dann muss sie eben auch ausgabenseitig sparen. Mit Verlaub – ein Landeshaushalt funktioniert anders! Je mehr den Menschen weggenommen wird, desto weniger bleibt ihnen im Geldtascherl und dadurch sinkt die Kaufkraft, was sich natürlich unmittelbar negativ auf die Wirtschaftsentwicklung auswirkt. Und wenn man einen Blick in die Geschichte wirft, dann sieht man auch, dass die Staatsschulden nicht explodiert sind, weil Sozialsysteme ausgebaut wurden. Im Gegenteil: Sie sind explodiert, als Sozialsysteme abgebaut wurden, damit Banken gerettet werden konnten.
Im Übrigen ist ein moderner Sozialstaat kein Geschenk an die Menschen, sondern das, was ihnen zusteht, was sie sich selbst erarbeitet haben. Ausgabenseitig zu „sparen“ trifft immer die Masse der Bevölkerung, indem Leistungen und Infrastruktur zurückgefahren werden. Das ist das Rezept, den ideologischen Unterbau liefert das neoliberale Spardiktat aus Brüssel. Was die Menschen in der Steiermark brauchen, ist eine Abkehr dieser Politik. Sozialabbau und Privatisierungen lösen keine Probleme, sie legen den Grundstein für Armut und Verelendung. Wir brauchen die Erschließung neuer Einnahmen, die nicht den Großteil der Bevölkerung treffen. Wir brauchen eine Änderung des Steueraufkommens, Reichtum und Vermögen muss endlich angemessen besteuert werden.
Veröffentlicht: 21. Oktober 2014