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Krise bringt traurige Weihnachten für viele

Knittelfeld: Budgetrede Renate Pacher

Renate Pacher

Die Krise bringt traurige Weihnachten für viele Familien

Rede in der Budgetdebatte des Gemeinderates von Knittelfeld (15.12.08)

Vor kurzem hatten wir in der Gemeinde durch das Auftauchen des Geheimkontos
unsere eigene Finanzkrise.
Nun erleben wir eine Krise des kapitalistischen Wirtschaftssytems.
Diese Krise wird dieses - und die kommenden Gemeindebudget - stark beeinflussen, und deshalb müssen wir auch über diese Krise sprechen.

Die Folgen der Krise, wie Betriebsschließungen, Kurzarbeit oder Kündigungen
beginnen gerade erst zu wirken.
Nach den Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter erhalten nun auch Teile
der Stammbelegschaft die blauen Briefe.
Stubenberger, AT&S, ATB oder Stahl Judenburg sind nur einige Beispiele -
und für viele Menschen wird es heuer traurige Weihnachten geben.

Doch diese kapitalistische Krise fällt nicht plötzlich vom Himmel.
Sie ist das Ergebnis der Politik der letzten Jahrzehnte.
Alle Bereiche des Lebens, von den Betrieben, über die Pensionsvorsorge
bis hin zur Post, wurden für das Kapital - und damit für das Streben nach
Maximalprofit - geöffnet. Alles muss privat sein,
nur was keinen Gewinn bringt soll der Staat behalten, das war die Devise.

Die ganze Wirtschaft wurde auf der Jagd nach dem höchsten Profit in ein Casino verwandelt. Diese Blase ist nun geplatzt. Die Zeche zahlen aber nicht die Schuldigen, sondern die breite Masse der Bevölkerung. Und plötzlich ist auch wieder der Staat gefragt um den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Auch in unserer Gemeinde wurde das Seniorenpflegeheim Privaten überlassen,
und die Hereinnahme der Firma Sauermacher in unsere Abfallsbeseitigung
stand schon knapp vor dem Abschluss.

Der Bürgermeister betont immer wieder seine Freude darüber,
dass die Ausgaben für das Seniorenpflegeheim durch die Hereinnahme
der privaten Kräutergartengruppe aus dem Budget verschwunden sind.

Aber ein Teil der Ausgaben fällt über den Sozialhilfeverband wieder auf die Gemeinde zurück. Nämlich durch die enormen Steigerungen bei den Tagssätzen,
die von den privaten Pflegeheimbetreibern durchgedrückt wurden.
So werden Land und Gemeinden eben durch die Hintertür zur Kasse gebeten.
Vor wenigen Tagen feierten wir die Erklärung der Menschenrechte,
die vor 60 Jahren, auch von Österreich, beschlossen wurde.

Es lohnt sich diese Erklärung - gerade angesichts der Krise - einmal durchzulesen.
Der Artikel 23 titelt Recht auf Arbeit und gleichen Lohn und Absatz 1-3 lauten:

„Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl,
auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen
sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung,
die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz
sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.“

In diesem kapitalistischen Wirtschaftssystem, und in Österreich, dem 7.- reichsten Land der Erde, werden diese Menschenrechte laufend verletzt.
Besonders betroffen sind die Frauen,
die immer noch wesentliche weniger verdienen als die Männer.
Die Wirtschaftskrise wird das bestehende Unrecht noch verstärken.

Die wahren Ausmaße dieser Krise sind heute noch gar nicht abschätzbar,
und so kann es sein, dass die Abrechnung dieses ohnehin nicht sehr rosigen Budgets noch viel schlimmer ausfallen wird.

Verlierergemeinde Knittelfeld

Schon jetzt sind 617.000 Euro an Verlusten bei den Ertragsanteilen eingeplant.
Der neue Finanzausgleich benachteiligt Städte mit Bevölkerungsrückgängen.
Unsere Stadt liegt auf Rang drei der steirischen Verlierergemeinden.

Gerade Gemeinden mit sinkenden Einwohnerzahlen bräuchten aber
mehr Mittel für neue Investitionen, um eine halbwegs gesicherte Zukunft zu haben.
Uns ist unverständlich wie die Städte und Gemeinden einem solchen
Finanzausgleich zustimmen konnten.

Eine weitere Belastung sind die steigenden Sozialausgaben. Rund 590.000 Euro
Mehrausgaben. Der Knittelfelder Sozialhilfeverband hat das Budget abgelehnt.
Berechtigt ist die Kritik der Gemeinden, dass sie, obwohl sie Mitzahler sind,
bei den Entscheidungen nicht richtig eingebunden werden.
Richtig ist auch der Aufschrei der Gemeinden, dass sie die Ausgaben
aus den derzeitigen Einnahmen nicht mehr tragen können.
Aber völlig falsch ist die Forderung nach Rücknahme von sozialen Leistungen.
Der Gratiskindergarten und die Abschaffung des Regresses in der Pflege und der Sozialhilfe sind Meilensteine in der Sozialpolitik und waren schon längst überfällig.

Auch hier möchten wir auch die Erklärung der Menschenrechte verweisen.
Im Artikel 22 ist das „Recht auf soziale Sicherheit“
verankert und im Artikel 25 das „Recht auf Wohlfahrt“.

Die Menschen haben in einem reichen Land wie Österreich ein Recht
auf ein gut ausgebautes Sozialsystem, das ist ein Menschenrecht.

Für gerechtes Steuersystem

Anstatt eines Aufschreis der Gemeinden nach Rücknahme von Leistungen,
müsste es einen Aufschrei nach einem sozial gerechten Steuersystem geben.
Nach Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist die Grundsteuer
die einzig verbliebene Vermögensbesteuerung in Österreich.

Waren es vor dieser Abschaffung traurige 2,4 Prozent, die die Vermögenssteuern am gesamten Topf der Steuereinnahmen ausmachten, so geht dieser Wert nun gegen Null. Österreich ist ein Steuerparadies für Reiche und das ist ein sozialpolitischer Skandal.
Die Menschen haben ein Recht auf einen Anteil am Reichtum,
denn sie sind es, die den Reichtum erst durch ihre Arbeit schaffen.

Bedauerlich finden wir es, dass die SPÖ unseren Antrag auf Erhöhung des Heizkostenzuschusses für MindestpensionistInnen und SozialhilfeempfängerInnen um 20 Euro ab heuer abgelehnt hat. Diese Erhöhung findet sich dadurch natürlich auch nicht im Budget 2009. Angesichts der Krise sollte diese Haltung überdacht werden.

Spielsucht: Politik schaut weg

So ziemlich der einzige Bereich, in dem es Zuwächse gibt sind die Einnahmen
bei der Lustbarkeitsabgabe. Das sind die Einnahmen aus den Spielautomaten.
Die Geschäfte mit der Spielsucht blühen. Gerade in Krisenzeiten wird diese Branche noch mehr boomen. Es ist eine Schade, dass die Politik wegschaut,
anstatt dem Geschäft mit der Spielsucht einen Riegel vorzuschieben.

Im außerordentlichen Haushalt wurden nur die notwendigsten und dringlichsten Vorhaben veranschlagt. Gerade in Krisenzeiten wäre es nötig viele Investitionen zu tätigen, um einen Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung zu leisten.

Und gerade jetzt kann man von der Sparkassenstiftung erwarten, dass nun angesichts der Krise viele Mittel aus der Sparkassenstiftung für die Gemeinde Knittelfeld und damit für unsere BürgerInnen fließen.

Es heißt ja immer eine Krise sei auch eine Chance. Vielleicht bietet diese Krise
die Chance die Politik der letzten Jahrzehnte zu überwinden.
Nur soziale Gerechtigkeit und ein starker öffentlicher Sektor können einen Ausweg bieten. Ansonsten wird das alte System wiederbelebt -
und die nächste, noch tiefere Krise ist nur eine Frage der Zeit.

Die KPÖ stimmt dem Budget 2009 zu, mit Ausnahme der Höhe der Bezüge der GemeindefunktionärInnen und jener Gebühren, deren Erhöhungen wir bereits in den vergangen Gemeinderatssitzungen abgelehnt haben.
Außerdem lehnen wir heuer das Kapitel Neun „Finanzwirtschaft“ ab,
denn hier findet dieser völlig ungerechte Finanzausgleich seinen Niederschlag.

Veröffentlicht: 16. Dezember 2008

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