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Komplizierte Fragen rechtzeitig klären!

Parteder: Referat auf der Sitzung des Landesvorstandes (28.6.08)

Franz Stephan Parteder
Nationalratswahl: Komplizierte Fragen rechtzeitig klären
Referat auf der Sitzung des Landesvorstandes der steirischen KPÖ am 28.6. 08

Seit der Einberufung dieser Landesvorstandssitzung haben sich einige Voraussetzungen unserer Arbeit geändert. Statt heute unsere Meinungen über die eine oder andere Veranstaltung im Herbst auszutauschen, müssen wir vor allem darüber reden, wie wir auf eine politische Situation reagieren, die Nationalratswahlen im Herbst wahrscheinlich macht. Dafür ist die Möglichkeit von vorgezogenen Landtagswahlen in der Steiermark um einiges geringer geworden.

Als steirische KPÖ sind wir am 1. Mai und danach in der Öffentlichkeit immer wieder mit Aktionen gegen das teure Leben hervorgetreten. Wir führen vor allem in Graz, aber auch in einigen Bezirken öffentliche Aktionen durch, wobei die Flugblattaktionen nach den Sitzungen von Landtag und Grazer Gemeinderat besonders hervorzuheben sind.
Die Menschen wissen auch, dass wir entschieden gegen die EU der Konzerne und Generäle auftreten. Die Rückmeldungen nach dem Nein der irischen Bevölkerung und auf unseren Artikel darüber im Grazer Stadtblatt bestärken uns in dieser Haltung. Wir wollen weiter Sand im Getriebe der EU sein und halten an unserer Forderung nach dem Austritt Österreichs aus der EU fest.
Es gibt ein neues, positives Element in unserer Arbeit: Der KPÖ-Bildungsverein mit seinem Veranstaltungszentrum im Volkshaus entwickelt sich zu einem Anziehungspunkt für fortschrittliche Menschen. Veranstaltungen wie die Eröffnung der Hrdlicka-Ausstellung, die Lesung von Titos Dolmetscher oder zwei Abende zum Mai 68 und den Folgen haben das gezeigt.
Wir können auf diese Ergebnisse aufbauen, wenn wir die Arbeit im kommenden Halbjahr planen.

AK-Wahl nicht vergessen
Eigentlich wollte ich heute vor allem auf die Bedeutung der bevorstehenden AK-Wahlen hinweisen und darüber informieren, dass am kommenden Samstag um 10 Uhr in Graz die Landeskonferenz des GLB stattfindet, auf der die Grundlagen für unseren Wahlkampf gelegt werden sollen. Die AK-Wahl wird wahrscheinlich im März 2009 stattfinden und es gibt Übereinstimmung darüber, dass Peter Scherz wieder als Spitzenkandidat für den GLB antreten soll.

Grundlage für Diskussionen im Sommer
Es ist aber ziemlich wahrscheinlich, dass in diesem Herbst die Nationalratswahl stattfindet. Deshalb habe ich im Auftrag des Landessekretariates eine Grundlage vorbereitet, von der wir uns leiten lassen sollten, wenn im Sommer Diskussionen über die Form der Kandidatur notwendig werden sollten.
Dieser Aufruf ist kein Wahlprogramm, er enthält aber drei inhaltliche Schwerpunkte, die für uns unabdingbar sind:
Kampf gegen die Teuerung, verbunden mit gesellschaftlicher Umverteilung, die Verteidigung des öffentlichen Eigentums
und scharfe EU-Kritik.

Weiters legen wir fest, dass wir diesmal eine Bündniskandidatur mit der Bundes-KPÖ und anderen Gruppen und Personen anstreben, bei der wir die negativen Erfahrungen mit unseren Wiener Parteifreunden aus dem Wahlkampf 2006 berücksichtigen müssen. Es darf uns nicht noch einmal passieren, dass uns der bundesweite Spitzenkandidat den Wahlkampf in der Steiermark verhaut.
In diesem Zusammenhang halte ich das Experiment, das es in Tirol gegeben hat, für überlegensweit. Dort haben KPÖ und KJÖ gemeinsam kandidiert und sind von einer linken türkischen Gruppierung unterstützt worden.
Alles, was darüber hinausgeht und auf eine „Linke“ wie in Deutschland zielt, halte ich persönlich für unrealistisch. Selbst angesichts der chaotischen Prozesse in der SPÖ sind wir noch meilenweit davon entfernt, dass sich ein linker Flügel aus der Sozialdemokratie löst.
Auf der einen Seite sehen wir eine Erosion der SPÖ in der Regierung und müssen eine Rechtsentwicklung der Grünen Partei konstatieren, die in der schwarz-grünen Rathauskoalition in Graz und in den hysterischen Pro-EU-Stellungnahmen der letzten Stunden ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

Auf der anderen Seite hat die ÖGB-Spitze sogar den Bawag-Skandal durchgesessen, ohne die Bildung einer nennenswerten internen Opposition hinzunehmen, die versucht hätte, dem Sozialpartnerschaftskurs eine Alternative entgegenzustellen.
Und in der SPÖ beschränkt sich die sichtbare Opposition auf den linken Flügel der Jugendorganisationen. Die Grünen nehmen auch den Regierungskurs eines Van der Bellen gleichmütig hin und verabschieden sich aus grundlegenden gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen.

Eine Addition bestehender Organisationen links von der SPÖ beziehungsweise eine formale Kopie der Linkspartei in unserem Nachbarland durch die steirische KPÖ wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Konkrete Themen im Vordergrund
Es ist sinnvoller, sich vorerst auf konkrete Themen wie Umverteilung, Wohnen, Öffentliches Eigentum oder die EU zu konzentrieren.
Ein ermutigendes erstes Beispiel dafür war die Schaffung und Entwicklung der Plattform „Volxabstimmung“. Zahlreiche Organisationen haben sich hier auf das gemeinsame Ziel einer fortschrittlichen Bewegung gegen den neuen EU-Vertrag konzentriert und mit der Demonstration am 5. April in Wien ein deutlich sichtbares Zeichen gesetzt.
Auf diesem Weg sollten wir weitergehen, was die EU betrifft, aber auch bei aktuellen sozialen Fragen.

Und hier drängt sich die Frage der Teuerung bei Grundnahrungsmitteln und Energie auf. Diese trifft Menschen mit geringem Einkommen besonders stark. Die steirische KPÖ hat mehrere Forderungen zu diesem Thema aufgestellt. Wenn sich verschiedene Gruppen und Personen bei diesem Thema auf eine zentrale Forderung einigen könnten und österreichweit Initiativen in diese Richtung zustande kämen, wäre mehr erreicht als auf vielen Diskussion, ob und wie eine Linkspartei in Österreich geschaffen werden sollte.

Ich schlage vor, dass der Landesvorstand dem Landessekretariat das Mandat erteilt, Gespräche mit der Bundes-KPÖ, mit der KJÖ und mit anderen Interessierten aufzunehmen, wenn Neuwahlen beschlossen werden. Dabei sollen alle Möglichkeiten ausgelotet werden, um in einem Wahlbündnis unsere Ziele durchzusetzen. Dabei geht es um inhaltliche und Kandidatenfragen. Es gibt aber auch die finanzielle Seite: Wir sind als Landesvorstand derzeit nicht in der Lage, einen Nationalratswahlkampf in der Steiermark (und schon gar nicht österreichweit) ausreichend zu finanzieren.
Entscheidungen über die Kandidatur könnte dann nur eine Landesversammlung treffen, auf der alle Mitglieder der steirischen KPÖ stimmberechtigt sind.
Was die Person des Spitzenkandidaten angeht, so muss ich mitteilen, dass ich meine persönliche Altersgrenze für Kandidaturen schon überschritten habe und bei keiner allgemeinen Wahl mehr antreten werde.

Soweit zu möglichen Nationalratswahl.

90 Jahre KPÖ –Wege zum Fortschritt
Wir werden im Herbst einige sehr interessante Veranstaltungen durchführen. Dabei denke ich in erster Linie an das Volkshausfest in Graz und an unseren Nationalfeiertag in Rot-Weiß-Rot, den wir diesmal in Weiz durchführen werden, wo unser Freund Wolfgang Feigl einige Monate lang sogar als Gemeinderat in unserem Sinne wirken wird.
Gemeinsam mit der Alfred Klahr-Gesellschaft führen wir am 9. November in Graz die Tagung „Wege zum Fortschritt – 90 Jahre Republik – 90 Jahre KPÖ“ durch. Hans Hautmann, Friedl Garscha, Manfred Mugrauer, Gerhard Oberkofler und Ernest Kaltenegger werden dort referieren.
Am Abend des 8. November findet aus diesem Anlass in Graz ein Konzert mit fortschrittlichem Inhalt statt.

Aus Anlass des 90. Jahrestages der KPÖ-Gründung schlagen wir vor, in allen Bezirken in würdigem Rahmen eine Ehrung langjähriger Mitglieder durchzuführen und zu diesem Zweck eine Medaille „90 Jahre KPÖ“ herzustellen.

Weiters planen wir eine Diskussionsreihe über „Wege zum Fortschritt heute“.
Für eine Podiumsdiskussion mit österreichischen TeilnehmerInnen sollen fortschrittliche Persönlichkeiten und auch jemand vom SPÖ-Establishment angesprochen werden. KPÖ-Vertreter ist Ernest Kaltenegger.

Organisation verbessern
Wir haben uns in zwei Klausuren des Landessekretariates mit den verschiedenen Aspekten unserer Arbeit befasst und sind dabei unter anderem zum Schluss gekommen, dass wir der organisatorischen Seite unserer Arbeit ein größeres Augenmerk widmen müssen. Deshalb schlagen wir vor, die erste Landesvorstandssitzung im Herbst zu einer Bestandsaufnahme unserer Arbeit zu nützen.
Hoffentlich lässt uns die politische Entwicklung Zeit und Raum für diese wichtige Arbeit.

Veröffentlicht: 1. Juli 2008

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