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Kommt uns das Gesundheitssystem zu teuer?

Diskussion über Gesundheitssystem in Gratwein

Dr. Hans Peter Meister, Claudia Klimt-Weithaler, Robert Krotzer und Moderator Christopher Fröch (v.l.n.r.) diskutierten über unser Gesundheitssystem.

In Gratwein-Straßengel wurde über die Zukunft des steirischen Gesundheitswesens diskutiert. Alle waren sich einig: Reformen dürfen nicht zulasten der Patientinnen und Patienten gehen.

Kommt uns das Gesundheitssystem zu teuer? Sind Krankenhäuser in dieser Form noch erhaltbar? Und was kann man sich von den sogenannten „Primärversorgungszentren“ erwarten? Die Zukunft der steirischen Gesundheitspolitik bewegt die Menschen in unserem Bundesland. Die KPÖ hat ihre Vorschläge im Rahmen einer Diskussion im Gasthof Lammer in Gratwein-Straßengel der Bevölkerung vorgestellt.

 

Mythos Gesundheitskosten

Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau der KPÖ im Landtag, konnte gleich zu Beginn mit einem weit verbreiteten Mythos aufräumen: „Die Gesundheitsausgaben in Österreich explodieren keineswegs!“ Die laufenden Gesundheitskosten seien in den letzten Jahren zwar gestiegen, allerdings nicht in einer Höhe, welche bedenklich wäre. Zwischen 2000 und 2015 entsprach die Steigerung lediglich 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Neben Klimt-Weithaler diskutierten Robert Krotzer, Gesundheitsstadtrat der KPÖ in Graz, und der Allgemeinmediziner Dr. Hans Peter Meister. Krotzer betonte dabei, dass eine große Gefahr in der Ökonomisierung des Gesundheitswesens liegen würde. „Auch die Ärztekammer hat Anfang des Jahres ihre Bedenken darüber geäußert, dass Defizite in der Behandlung auftreten können, wenn Patienten und Patientinnen zu wenig ‚abwerfen‘“, so Krotzer.

 

Gesundheitszentrum Gratwein-Straßengel

Großes Interesse aus dem Publikum galt dem angekündigten Primärversorgungszentrum, das in Gratwein-Straßengel entstehen soll. „Die große Frage ist, wie genau diese Zentren ausgestaltet sind“, beschrieb Klimt-Weithaler ein Problem. Meist würden diese nicht in der ursprünglich angekündigten Form umgesetzt werden. Physiotherapeuten oder Hebammen – wie im Konzept vorgesehen – würden beispielsweise in den realisierten Zentren oft fehlen. Auch hier bleibt die Frage nach den Kosten, da das Land nach eigenen Angaben nur die Minimalausstattung garantieren könne. „In dieser Form werden die Primärversorgungszentren keinesfalls Krankenhäuser ersetzen, wie uns Landesrat Drexler weismachen will“, folgern Klimt-Weithaler und Krotzer. Dr. Hans Peter Meister ergänzte: „Die Frage der Finanzierung war immer ungeklärt. Wer zahlt beispielsweise die Psychotherapeuten oder Physiotherapeuten, die in den Primärversorgungszentren tätig sein sollen? Die Idee ist gut – aber wenn die Qualität der Versorgung gesteigert werden soll, kann das nicht billiger sein, als das aktuelle System.“ In diesem Zusammenhang wurde auch die Auflassung des stationären Angebots am vormaligen LKH Hörgas-Enzenbach diskutiert.

 

Gibt es zu wenig Ärzte und Ärztinnen?

Ein Mediziner aus dem Publikum brachte den aktuellen Ärztemangel zur Sprache, welcher sich durch die Veränderungen der gesetzlichen Arbeitszeiten weiter verschärfen könnte. „Vor allem gibt es zu wenige Kassenärzte“, ergänzte Dr. Meister. Der rasante Anstiegt von Wahlärzten würde dazu führen, dass es in vielen Regionen der Steiermark kaum noch Fachärzte mit Kassenvertrag gibt. Das wiederum bedeutet, dass Menschen, die sich einen Privatarzt nicht leisten können, mit immens langen Wartezeiten konfrontiert sind.

Einig war man sich am Podium und im Publikum: Das Gesundheitssystem muss sich weiterentwickeln. Im Zentrum müssen dabei aber die Menschen stehen – nicht Profite oder Sparzwang.

28. Juni 2019