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Kaltenegger über Zukunftsfragen der KPÖ

Interview mit der deutschen Zeitung Junge Welt (15. 10. 05)

Interview
»Für mich gilt weiter: Besser helfen als reden!«
Volksnähe ist das Erfolgsgeheimnis der Kommunisten in der Steiermark. Absage an ein linkes Bündnis. Ein Gespräch mit Ernest Kaltenegger
Interview: Werner Pirker

* Ernest Kaltenegger, Mitglied des Landesvorstandes der KPÖ Steiermark, ist ein in ganz Österreich bekannter und geschätzter Kommunalpolitiker. In den vergangenen drei Jahren war er Stadtrat für Wohnungsfragen in Graz. Nach dem Einzug der Kommunisten in den steirischen Landtag übernahm er die Funktion des Vorsitzenden der KPÖ-Fraktion (»Klubobmann«)

F: Im Ergebnis der Landtagswahlen in der Steiermark – die KPÖ ist mit vier Mandaten in den Landtag eingezogen – sind Sie als Stadtrat in Graz zurückgetreten. Sie werden künftig die Funktion des KPÖ-Klubobmannes im Landesparlament ausüben. Wie definieren Sie Ihre neue Aufgabe?

Ziel wird es sein, unsere Politik für die arbeitenden Menschen und die sozial Schwachen, die sich bisher auf die kommunale Ebene beschränkte, auch landesweit bemerkbar zu machen. Wir dürfen dabei aber nicht in höhere Sphären entschweben, sondern müssen weiter unser Hauptaugenmerk auf die Politik vor Ort legen. Beim Studium unserer Wahlergebnisse sieht man, daß wir in vielen Orten, wo es bisher keine KPÖ-Gemeindevertretungen gegeben hat, durchaus Chancen auf eine kommunale Verankerung haben. Diese müssen wir nutzen, wenn wir die KPÖ auch in Zukunft als landesweite Kraft stabilisieren möchten.

F: Als Stadtrat für Wohnungsfragen in Graz wurden Sie zu einem Symbol für basisbezogene Politik. Wird das auch auf Landesebene möglich sein?

Ich werde mich bemühen. Natürlich wird das schwieriger werden. Das Territorium ist größer geworden und entsprechend auch der Personenkreis. Trotzdem werde ich versuchen, die von mir im Grazer Stadtrat gepflegte bürgernahe Form, Politik zu machen, beizubehalten. Ich werde weiterhin Sprechstunden vor Ort durchführen. Es gibt bereits Anfragen aus der ganzen Steiermark von Leuten, die mich in der Erwartung konkreter Hilfe kontaktieren wollen. Die unverzichtbarste Erfahrung, die ich als Stadtrat gemacht habe, bestand im persönlichen Kontakt mit bedürftigen Menschen. Für mich gilt weiterhin: besser helfen als reden.

F: Zeitungsberichten zufolge sollen Sie nun der Wiener KPÖ in ihrem Wahlkampf helfen. Glauben Sie, daß der Kaltenegger-Bonus auch in Wien wirken kann?

Das glaube ich nicht. In der Bundeshauptstadt kenne ich ja nicht so viele Leute. Wahlkampf bedeutet für Kommunisten, deren Aufgabe in der Interessenvertretung der Unterprivilegierten besteht, ja nicht nur in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Das bedeutet kontinuierliche Arbeit an der Basis. Man muß auf etwas aufbauen können. Wunder gibt es nicht.

F: Darüber hinaus heißt es, Sie sollen als Spitzenkandidat der KPÖ, eventuell auch eines linken Bündnisses, bei den kommenden Nationalratswahlen antreten. Sind Sie dazu bereit?

Ich wurde gerade erst in den Landtag gewählt. Eine neuerliche Kandidatur auf Bundesebene würde von unseren Wählerinnen und Wählern wohl kaum verstanden werden. Deshalb werde ich auch nicht bei den Nationalratswahlen antreten. Was die Kandidatur der KPÖ im Rahmen eines Bündnisses betrifft, bin ich sehr skeptisch. Einem solchen Bündnis würde es an Homogenität und deshalb auch an Durchschlagskraft fehlen. Wir sollten das bleiben, was wir sind.

F: Was müßte Ihrer Meinung nach geschehen, um das steirische Erfolgsmodell auf Bundesebene zu übertragen?

Zuallererst: beharrliche Konzentration auf Kommunalpolitik. Diese ist unabdingbar, wenn wir langfristig Erfolg haben wollen.

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Ausdruck erstellt am 16.10.2005 um 20:47:45 Uhr

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Veröffentlicht: 16. Oktober 2005

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