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Im Gespräch: Franz Parteder im Korso

Interview im steirischen Kulturmagazin Korso

In der aktuellen Nummer des "Korso" werden die Spitzenkandidaten zu Nationalratswahl über ihre Zielstellungen befragt. KORSO
Franz Stephan Parteder: „Ändere die Welt, sie brauchtes“ PDF Drucken E-Mail
Aktuelle Ausgabe - Politik aktuell
Freitag, 08 September 2006
ImageFranz Stephan Parteder: „Wenn die Vermögens- und Gewinnsteuern bei uns nur so viel zur Staatssanierung beitragen würden wie im EU-Durchschnitt, dann kämen jährlich 7 Mrd Euro zusätzlich in die Kasse des Finanzministers“

Warum KPÖ wählen?

Es geht darum, eine Alternative zur herrschenden Politik aufzubauen – unter dem Motto: Die Reichen werden nicht erfreut sein. In Österreich, Europa und auf der ganzen Welt ist ein gigantischer Umverteilungsprozess im Gange von den arbeitenden Menschen zu den größten Konzernen und zu den Privatprofiten, dem wollen wir etwas entgegensetzen. Eine Stimme für die KPÖ bewirkt etwas, das haben auch schon die Erfolge in Graz und im Land Steiermark gezeigt.


Worin besteht denn der konkrete Nutzen einer Stimme für die KPÖ?
Allein schon durch die Tatsache, dass Ernest Kaltenegger und die anderen Landtagsabgeordneten der KPÖ einen großen Teil ihres Gehaltes, der über den Lohn eines qualifizierten Facharbeiters hinausgeht, für soziale Zwecke verwenden, konnte vielen Menschen geholfen werden. Zum Zweiten wird nun auch sozialen Themen stärkeres Augenmerk geschenkt, weil die KPÖ nun in der Steiermark keine vernachlässigbare Größe mehr ist, und das wäre auch auf Bundeebene der Fall, wenn die KPÖ von ihren nun 0,5% einen deutlichen Sprung nach vorne machen könnte.

Zentraler Kampagnen-Inhalt ist eine Reichensteuer von 5%. In allen Wahlkampfauftritten steht die Verteilungsgerechtigkeit an erster Stelle. Was ist da der Unterschied zu sozialdemokratischen und grünen Positionen – erleben wir gerade die Sozialdemokratisierung der KPÖ oder gibt es in Ihren Forderungen noch solche, die über den Kapitalismus hinausweisen?
Man darf in diesem Zusammenhang nicht die Frage der Glaubwürdigkeit vergessen. Gerade bei der Sozialdemokratie herrscht ein großer Widerspruch zwischen Wort und Tat. ÖGB-Präsident Hundstorfer traut sich laut Magazinberichten bei Betriebsbesuchen nicht einmal Umverteilungsfragen oder den Casinokapitalismus anzusprechen, weil das angesichts des BAWAG-Skandals nicht gut aufgenommen würde. Wichtig ist, dass diejenigen, die die Forderung aufstellen, auch glaubwürdig sind. Das trifft auf die SPÖ-Spitze nicht zu. Die werden in einer Koalition mit der ÖVP die Umverteilungspolitik von unten nach oben weiter fortsetzen wie das die jetzige Regierung auch tut.

Die Frage der Glaubwürdigkeit ist das eine, aber es war doch nie das alleinige Ziel der der kommunistischen Bewegung, sich für Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen bei sonst unveränderten Macht- und Besitzverhältnissen … oder will sich die KPÖ einfach als glaubwürdigere Sozialdemokratie profilieren?
Es spricht natürlich nichts gegen den Versuch, einen Teil des Platzes einzunehmen, den die SPÖ freiwillig aufgegeben hat. Aber: Wir führen dieses Interview am 50. Todestag von Bert Brecht; unser Ziel ist immer noch in dem schönen Satz von Brecht enthalten, der da heißt: ,Ändere die Welt, sie braucht es.‘ Es geht nicht darum, den Kampf um die Kopeke und das Teewasser zu führen, sondern für eine grundsätzliche gesellschaftliche Umgestaltung einzutreten. Wir sind die einzige bei den Nationalratswahlen kandidierende Partei, die dieses Ziel verfolgt.

Ein anderer zentraler Punkt, der die KPÖ bis vor kurzem von den im Parlament vertretenen Parteien unterschied – jetzt hat ja auch BZÖ-Haider diese Parole aufgegriffen – ist die Forderung nach einem möglichst raschen Austritt aus der EU. Nun lese ich aber im Programm der steirischen KP, dass sie die die Stärkung des europäischen Parlaments und die Aufhebung der Verträge von Amsterdam, Maastricht und Nizza fordert – ist es nicht widersprüchlich, den Austritt und gleichzeitig Reformen zu fordern?
Das ist ein Widerspruch, in dem alle stehen, die grundlegende Veränderungen unserer Gesellschaft wollen. Der Austritt aus der EU ist keine aktuelle Tagesfrage, sondern ein länger andauernder Prozess. Wir analysieren die EU als Herrschaftsinstrument der europäischen transnational operierenden Konzerne, die die EU zu einer dritten Supermacht aufbauen wollen; gleichzeitig haben wir viele gemeinsame Interessen mit Menschen, die eine bessere EU wollen; mit ihnen können wir gemeinsam gegen die EU-Verfassung, gegen die Dienstleistungsrichtlinie, gegen die Aufrüstung und für mehr Rechte der arbeitenden Menschen eintreten. Beides hängt miteinander zusammen. Gefährlich wird es nur, wenn man seine Politik nur mehr nach den Vorgaben der EU gestaltet; noch stärker als in den Nationalstaaten sind nämlich auf EU-Ebene Sicherungen ins System eingebaut, die verhindern, dass selbst bei einem gewaltigen Wahlsieg von Linkskräften auf europäischer Ebene sich etwas an der Verfasstheit der EU ändern würde.

Die KPÖ Steiermark hat ein eigenes politisches Programm, das Verhältnis zur Bundespartei ist nicht friktionsfrei …
Wir haben uns in vier nicht konfliktfreien Verhandlungsrunden auf das gemeinsame Projekt Nationalratswahlen 2006 geeinigt. Ich bin bei Wahlprognosen vorsichtiger als meine Wiener Parteifreunde. Trotzdem glaube ich, dass es notwendig ist zu kandidieren, und zwar ausdrücklich als KPÖ. Wir glauben, dass es sinnvoll ist, sich als KPÖ einen Platz im politischen Leben zu erarbeiten und dann erst zu schauen, welche Möglichkeiten es zu einer echten Erweiterung gibt in der Zusammenarbeit mit anderen Kräften. Wir haben ja in der Steiermark auf unseren Listen 10 parteilose KandidatInnen, darunter einen früheren grünen Gemeinderat aus Weiz, und verschiedene parteifreie Personen. Das ist ein Zeichen dafür, in welche Richtung wir gehen wollen.
Wenn es nach dieser Wahl zu einer großen Koalition kommt oder zu einer grünen Regierungsbeteiligung, dann könnten sich interessante politische Konstellationen ergeben, die eine echte Erweiterung unserer Bewegung ermöglichen könnten.

Also Brüche bei der Sozialdemokratie oder den Grünen, die bewirken, dass ein Teil ihrer Mitgliedschaft zur KPÖ abwandert?
Nicht unbedingt. In Deutschland gibt es einen sehr interessanten Vereinigungsprozess von zwei unterschiedlichen Parteien – das ist eine Variante, die ich nicht ausschließen will.

Dazu fehlt aber die zweite Partei.
Richtig, darum war es jetzt sinnvoll, als KP und als soziale Alternative zu kandidieren und ich freue mich, dass das in unserer Partei auch österreichweit so gesehen wird.

Was sind die wichtigsten aktuellen politischen Ziele für die kommende Legislaturperiode?
Ob innerhalb oder außerhalb des Parlaments – wir werden für den Frieden eintreten, für soziale Gerechtigkeit, Umverteilung von oben nach unten und die Aufrechterhaltung des öffentlichen Eigentums. Das heißt: Wir sind gegen die Privatisierung der Post; das zweite Verstaatlichungsgesetz, in dem die Mehrheit der öffentlichen Hand an der Elektrizitätswirtschaft festgelegt ist, darf nicht angetastet werden, sonst würden die österreichischen Wasserkraftwerke über kurz oder lang zum Spielball der internationalen Konzerne. Wir sind strikt gegen die Aufrüstung Österreichs mit Eurofightern – das passiert ja im Interesse der entstehenden Europa-Armee – und für aktive Friedenspolitik und Vermittlungstätigkeit, wie sie etwa Bruno Kreisky im Nahen Osten betrieben hat. Wir werden in Kürze einen steirischen Reichtumsbericht veröffentlichen, damit man sieht, wie die Vermögensverteilung wirklich aussieht; die Gehälter der Manager haben sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt, gleichzeitig sind Pensionen und Reallöhne gesunken – das wollen wir nicht länger hinnehmen. Darum fordern wir die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Schließung der Steuerschlupflöcher für Privatstiftungen und die Vereinheitlichung der Gewinnsteuern in Europa auf dem höchsten Niveau, um den Steuerwettlauf zu stoppen. Wenn die Vermögens- und Gewinnsteuern bei uns nur so viel zur Staatssanierung beitragen würden wie im EU-Durchschnitt, dann kämen jährlich 7 Mrd zusätzlich in die Kasse des Finanzministers.
Es wird behauptet, das Kapital sei ein scheues Reh, und man dürfe es nicht vertreiben – und dann merkt man anhand des Jacht-Ausfluges von Grasser und Flöttl mit Julius Meinl, was in Wirklichkeit gespielt wird.

Franz Stephan Parteder ist Magistratsbediensteter und Landesparteivorsitzender der KPÖ.

Veröffentlicht: 30. Mai 2009

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