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Hrdlicka schuf Relief für Schwester Restituta im Stephansdom

Ernest Kaltenegger einer der Redner bei der Einweihung - "Sie war wie eine liebe Genossin"

Wien (KAP) Ein Bronzerelief der 1998 seliggesprochenen Ordensfrau und NS-Märtyrerin Sr. Restituta Kafka, geschaffen vom Wiener Bildhauer Alfred Hrdlicka, ist seit Mittwoch in der Barbarakapelle des Stephansdoms zu sehen. Bei der feierlichen Enthüllung und Segnung des Kunstwerkes betonte Dompfarrer Toni Faber, das Abbild der 1943 zusammen mit sechs kommunistischen Straßenbahnern hingerichteten Hartmannschwester stehe für die Verpflichtung, auch heutigen Bedrohungen der Menschenwürde - über weltanschauliche Unterschiede hinweg - zu widerstehen.

Vor zahlreichen Festgästen segnete Faber das in Kreuzform gestaltete Porträt Sr. Restitutas und ein ebenfalls von Hrdlicka geschaffenes Kruzifix aus Bronze. Die Zusammensetzung der Anwesenden verdeutlichte das politische "Lager" überbrückende Anliegen hinter dem Auftragswerk der Wiener Dompfarre: Anwesend waren neben dem 81-jährigen deklarierten Kommunisten Alfred Hrdlicka u.a. die Generaloberin der Franziskanerinnen von der christlichen Liebe ("Hartmannschwestern") Sr. Hilda Daurer, der frühere Vizekanzler Wilhelm Molterer, der Wiener Vizebürgermeister Michael Ludwig, der steirische KPÖ-Landespolitiker Ernest Kaltenegger, der ehemalige SP-Zentralsekretär Heinrich Keller und auch einige ehemalige im NS-Widerstand befindliche Zeitzeugen.

Faber ging eingangs auf die "gar nicht selbstverständliche" Zusammenarbeit zwischen der Dompfarre und Hrdlicka ein; sie sei Frucht einer Ausstellung des Wiener Dommuseums über religiöse Aspekte im Schaffen des renommierten Bildhauers gewesen und habe nach Gesprächen mit dem Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, mit Hrdlickas Galeristen Ernst Hilger und Dombaumeister Wolfgang Zehetner zu einer Beauftragung des Künstlers geführt. Anliegen sei es gewesen, katholischen Seligen und Heiligen aus jüngerer Zeit einen Platz im Dom zu verschaffen.

Sr. Restituta habe die Liebe zu allen Menschen in den Mittelpunkt ihres Lebens gestellt; noch in der Haft und im Angesicht des Todes habe sie geholfen, wo immer es ihr möglich war, erinnerte Dompfarrer Faber. Die mit ihr am 30. März 1943 enthaupteten sechs kommunsitsichen Wiener Straßenbahner könnten zwar "nicht als christliche Märtyrer vereinnahmt" werden, sie seien aber - da ihr ehrendes Gedenken an tote Kollegen zu ihrer Verurteilung geführt hatte - "Märtyrer des Werkes der Barmherzigkeit".

Sr. Restituta sei wegen ihres entschlossenen Eintretens für Menschlichkeit und wohl auch wegen ihrer stämmigen Figur als "Sr. Resoluta" bezeichnet worden, sie entspreche in mancher Hinsicht nicht dem Klischeebild einer Heiligen, sagte Faber: Wo gäbe es sonst ein Glaubensvorbild, das einmal einen Vierer im Fach Religion hatte und das - wie auf einem Bild in einem kanadischen Kloster - mit einem Bierglas in der Hand abgebildet wurde?

Gedenken ist Verpflichtung für Gegenwart

Ex-Vizekanzler Molterer bezeichnete die Hrdlicka-Skulptur als "Mahnmal, dass wir täglich darum kämpfen müssen, dass so etwas nie wieder geschieht". Kirche und Kunst hätten gleichermaßen Verantwortung für die Gegenwart wie auch für die Zukunft. Dass beide in Person von Alfred Hrdlicka und Toni Faber aufeinander zugegangen seien, verdiene großen Dank.

Ernest Kaltenegger erzählte, erstmals Anfang der 1970er Jahre in der steirischen KP von Sr. Restituta gehört zu haben, als noch viele NS-Widerstandskämpfer in der Partei präsent gewesen seien. Man habe von der Ordensfrau gesprochen wie von einer lieben Genossin - im Sinne einer Gefährtin im Kampf um Freiheit und Menschenrechte, sagte Kaltenegger.

Der Anteil an Katholiken und Kommunisten im NS-Widerstand sei deutlich höher gewesen als jener der Sozialisten, bekannte der frühere SP-Politiker Heinrich Keller. Hrdlicka vereine beide Haltungen in seiner Person, er sei als überzeugter Marxist ein "zutiefst katholischer Künstler - ohne Katholizismus gäbe es ihn gar nicht".

Hrdlicka selbst bestätigte diese Prägung in einem kurzen Statement: Er sei schon vor 40 Jahren "katholischer Künstler" gewesen, und obwohl er aus einem atheistischen Elternhaus stamme, liege sein Vater unter einem Kreuz begraben.

Die von Hrdlicka gemeinsam mit Ben Siegel gestaltete Bronzeskulptur hoch an der Wand der Barbarakapelle und das Kruzifix darunter ergänzen die Asche aus dem Konzentrationslager Auschwitz und die Erde aus dem KZ Mauthausen, die im Kreuzschaft des spätgotischen Kruzifixes in der Kappelle eingelassen sind und nun gemeinsam einen thematischen Schwerpunkt zum religiös motivierten Widerstand gegen Tyrannei bilden. Die an der Nordseite des Doms gelegene Barbarakapelle dient als Meditationsraum und ist jeden Tag für Betende zugänglich.

(Kathpress, 28.5.09)

Veröffentlicht: 28. Mai 2009

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