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Hände weg von der Mindestsicherung!

KPÖ: Armut bekämpfen, Lohndumping stoppen

Mit unrealistischen Beispielen und falschen Zahlen wird seit Monaten Stimmung gegen die Mindestsicherung gemacht. ÖVP, SPÖ und die FP überbieten sich im Wettbewerb der Ideen, wie unter dem Deckmantel des Kampfes gegen eine angebliche „soziale Hängematte“ niedrigere Löhne für alle durchgesetzt werden können.

Vor wenigen Jahren wurde die Mindestsicherung noch als „sozialpolitischer Meilenstein“ gefeiert, obwohl sie in der Steiermark gegenüber der vorher geltenden Sozialhilfe eine Verschlechterung darstellte. Tatsache ist, dass die meisten Bezieherinnen und Bezieher der Mindestsicherung arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können.

 

Mit der Einführung der Mindestsicherung, so wurde von den Verantwortlichen versprochen, würden die Menschen auch stärker unter Druck gesetzt, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Die Zumutbarkeitsbestimmungen zur Aufnahme von Arbeit wurden jenen der Notstandshilfe angeglichen, also massiv verschärft. Die Sanktionsdrohungen wurden ausgeweitet, sodass die Leistung im Regelfall schrittweise auf die Hälfte und im Einzelfall auf Null reduziert werden kann.

 

Jahre nach der Einführung der Mindestsicherung steht man plötzlich wieder vor dem Dilemma, dass in manchen Jobs nicht mehr zu verdienen ist, als die Mindestsicherung ausmacht. Heute verdienen 25 Prozent der unselbständig Beschäftigten (Vollzeit) weniger als 1.277 Euro im Monat, 10 Prozent verdienen sogar weniger als 721 Euro. 25 Prozent der Teilzeitbeschäftigten verdienen monatlich weniger als 656 Euro. In den Jahren 1995 bis 2012 verlor das unterste Fünftel der Lohnsteuerpflichtigen 34 Prozent seines Einkommens, was einem Rückgang von 2,9 auf 1,9 Prozent der gesamten erwirtschafteten Einkommen entspricht. (Das oberste Fünftel steigerte seinen Anteil gleichzeitig von 44,4 Prozent auf 47,6 Prozent aller erwirtschafteten Einkommen.)

 

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: „Es stimmt: Die Löhne und Gehälter in Österreich sind generell zu niedrig. Deshalb wird auch immer kritisiert, dass jemand fürs ‚Nichtstun‘ besser bezahlt wird als fürs Arbeiten. Daran ist aber nicht die Mindestsicherung schuld. Der Skandal ist, dass es viele Menschen gibt, die für ihre Arbeit weniger bezahlt bekommen als die Mindestsicherung ausmacht. Sinkt die Mindestsicherung, werden auch die Löhne und Gehälter weiter sinken, weil dann noch mehr Menschen gezwungen sind, auch extrem schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Hier wird mit Absicht eine Spirale des Lohndumpings in Gang gesetzt. Es geht um die Etablierung eines Niedriglohnsektors in Österreich.“

 

Eine Kürzung der Mindestsicherung wird die Budgetprobleme der öffentlichen Hand nicht lösen. Die Ausgaben machen österreichweit lediglich 0,8 Prozent des Budgets aus. Es sind die zu geringen Löhne und Gehälter, die für die arbeitenden Menschen besonders im unteren Bereich der Einkommen sinkende Kaufkraft und für die sozialen Sicherungssysteme sinkende Beiträge bedeuten. In der Steiermark sind 60.000 Menschen arbeitslos gemeldet oder in Schulungsmaßnahmen. Billigjobs sind keine Alternative zu gerechten Arbeitseinkommen, die die Produktivität unserer Wirtschaft widerspiegeln.

 

Folgende Fakten werden in der Diskussion kaum beachtet:

  • Laut Sozialministerium beträgt die durchschnittlich ausbezahlte Mindestsicherung 310 Euro pro Person bzw. 520 Euro pro Haushalt. Denn 66 Prozent der BezieherInnen erhalten die Mindestsicherung nur als Aufzahlung auf ein vorhandenes, zu geringes Einkommen.
  • Laut Armutskonferenz bleiben heute jemandem, der von der Mindestsicherung leben muss, nach Abzug der Fixkosten, pro Tag gerade 4 Euro für Essen und alle Güter des täglichen Bedarfs übrig.
  • Bei der Mindestsicherung sind nur mehr 25 Prozent für angemessene Wohnkosten vorgesehen, sodass nur knapp 210 Euro für Miete zur Verfügung stehen. Die Mindestsicherung wird außerdem nur mehr zwölf-, und nicht wie die Sozialhilfe 14mal pro Jahr ausbezahlt.

 

Eine Kürzung und pauschale Deckelung der Mindestsicherung ist daher kategorisch abzulehnen. Vielmehr sollte die Mindestsicherung, entsprechend dem Verschlechterungsverbot der geltenden Vereinbarung gem. Art.15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, auf das Niveau der ehemaligen Sozialhilfe angehoben und 14 Mal pro Jahr ausbezahlt werden. Besonders unseriös ist die nun versuchte Vermischung der Mindestsicherung mit dem Thema Integration.

 

Im Steirischen Sozialbericht 2009/2010 wurden 142.000 SteirerInnen als armutsgefährdet genannt, im November 2014 ist die Zahl bereits auf 156.000 angewachsen. Jede 7. Steirerin, jeder 7. Steirer ist also armutsgefährdet. Erschreckende Daten lieferte vor zwei Jahren eine Studie der Volkshilfe über Kinderarmut in Österreich: Jedes sechste Kind wächst in Armut auf, die Eltern können sich Wohnung, Heizung und Essen nur mit Mühe leisten. Die Zukunftschancen dieser Kinder, die aufgrund ihrer sozialen Situation oft ausgegrenzt werden, sind stark beeinträchtigt. Die KPÖ wird im Rahmen der Debatte um die Mindestsicherung Vorschläge einbringen, wie die Situation dieser Kinder verbessert werden kann.

 

Landeshauptmann Schützenhöfer bereitet trotzdem (mit erfundenen Zahlen: eine Familie mit drei Kindern würde 2500 Euro beziehen, was nach den geltenden Bestimmungen gar nicht möglich ist) eine weitere Kürzung auf dem Rücken von Kindern vor, indem er für eine Deckelung der Mindestsicherung eintritt, die ausschließlich für Familien mit Kindern gelten würde. „Bei den Leistungen für Kinder anzusetzen ist aufs Schärfste zu verurteilen. In der Steiermark hat die Armut von Kindern und Jugendlichen schon lange eine beschämende Dimension angenommen“, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler.

25. Februar 2016