Vater mit Betreuungspflichten wurde AMS-Bezug gestrichen

Ani­ta Stras­sers Se­rie "Gleich­be­rech­tigt im Jahr 2019?"

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Nach jahrzehntelangem Kampf für Gleichberechtigung werden aktuell immer wieder Stimmen laut, die meinen, der Kampf sei nun zu Ende und die Gleichberechtigung bereits hergestellt. Ist das wirklich so? 

Neben der noch immer auseinanderklaffenden Lohnschere und der gläsernen Decke über Frauenkarrieren ist auch die Kinderbetreuung ein Thema, mit dem sich viele Frauen im Jahr 2019 noch immer alleine gelassen fühlen. Aber auch Männer, die sich nicht aus der Verantwortung für den eigenen Nachwuchs stehlen möchten, haben es hierzulande oft noch schwer, aktiv an der Kindererziehung mitzuwirken.

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Dies zeigt beispielsweise der aktuelle Fall eines Familienvaters aus der Obersteiermark: 
Dem Familienvater wurde der AMS-Bezug gestrichen, weil er ein Jobangebot aufgrund der nächtlichen Betreuungspflicht seines Kindes ablehnte. Die Kindsmutter leistet als Krankenschwester regelmäßig Nachtdienste, weshalb der Kindsvater die nächtliche Betreuung übernommen hat. Freilich wurden die vom AMS angedachten Sanktionen beim Einspruch wieder zurückgenommen, dennoch bleiben ein schaler Nachgeschmack und einige Fragen:

Wäre das einer Mutter auch passiert? Hätte man eine Frau überhaupt in die Rechtfertigungsposition gedrängt zu erklären warum sie und nicht der Kindsvater die Nachtbetreuung übernimmt? Ist es bei Frauen „normal“, dass sie Betreuungspflichten haben, während Männer erklären müssen, wo die Kindsmutter ist? Werden Männer nur als „Notfallsbetreuung“ für den Fall, dass die eigentlich als zuständig gesehene Mutter verhindert ist, akzeptiert?

Der so aktuell passierte Praxisfall zeigt, wie absurd es - zumindest für die MitarbeiterInnen einer Behörde - anmutet, wenn Väter Betreuungspflichten nachkommen.

Anita Strasser

22. Mai 2019