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Für ein solidarisches, weltoffenes und neutrales Österreich

Bericht von der Aktionskonferenz in Linz (Werkstatt Frieden und Solidarität)

Über 100 TeilnehmerInnen zählte die von der Werkstatt Frieden & Solidarität am 4. Februar 2006 in Linz organisierte Aktionskonferenz „Nein zum Europa der Konzerne und Generäle! Für ein neutrales, solidarisches und weltoffenes Österreich!“.

Mehrere ReferentInnen aus verschiedenen politischen Zugängen zogen eine kritische Bilanz über 11 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs: Günter Reder (Werkstatt Frieden & Solidarität) über die Aushöhlung der Neutralität, Karl Regner (VCÖ und Plattform gegen die Tauernautobahn) über den ausufernden Tansit-Verkehr, Elke Renner (LehrerInnen für den Frieden) über den Bildungsabbau, Mathilde Halla (OÖ Plattform gegen Atomgefahr) über EURATOM und den engen Zusammenhang zwischen Atomenergie und Atomwaffen, Klaus Wiesner (AK-Rat in OÖ) über die Entwicklung von Armut und Arbeitslosigkeit.

Gottfried Zauner (Vorsitzender der Post-Gewerkschaft OÖ) und Walter Androschin (Vorsitzender der Eisenbahner-Gewerkschaft Salzburg) berichteten über die negativen Auswirkungen der drohenden bzw. beschlossenen Liberalisierungen und Privatisierungen bei Post und Bahn. In der folgenden Diskussion wurde von den TeilnehmerInnen der Aktionskonferenz die zentrale Bedeutung des öffentlichen Eigentums im Infrastruktur-Bereich für die gesamte Gesellschaft hervorgehoben und die Solidarität mit der widerstandsbereiten Belegschaft betont.

Im Hauptreferat skizzierte Andreas Wehr (Referent der Linksfraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament) die aktuelle Krise der EU anhand der Verfassung, des Budgets und der Erweiterung. Die anschließende Debatte führte unmittelbar zu Fragen der politischen Strategie EU-oppositioneller Kräfte. Dabei erteilte Andreas Wehr etwaiger Illusionen über die Reformierbarkeit der EU eine klare Absage und verwies auf die skandinavischen Länder, in denen gerade Linke und Grüne den engen Zusammenhang zwischen der Existenz eines nationalstaatlichen Rahmens und dem Sozialstaat betonen, den es gegen die EU zu verteidigen gilt.

Darauf aufbauend stellte Boris Lechthaler (Werkstatt Frieden & Solidarität) in seinem Referat die Alternative eines neutralen, solidarischen und weltoffenen Österreichs zur Diskussion und kritisierte einige gängige Argumente zur Rechtfertigung der EU, durch die auch die Frage der EU-Mitgliedschaft tabuisiert werden soll. So sei die These vom „Verschwinden der Nationalstaaten“ empirisch nicht haltbar, weder auf EU- noch auf Welt-Ebene. Die EU ist kein Instrument zur „Überwindung der Nationalstaaten“, sondern zur „Überwindung nationalstaatlicher Errungenschaften“, indem strukturell in allen Bereichen ein „Dumping“ nach unten ausgelöst wird. Die EU entwickelt sich zudem zu einer Hegemonialordnung, die die großen Nationalstaaten gegenüber den kleinen privilegiert („Hierarchisierung“), um global ein militaristisches und imperialistisches Programm zu verfolgen. Dem stellte Lechthaler die Neutralität und das öffentliche Eigentum entgegen. Aus österreichischer Perspektive geht es daher auch um die Frage: beim Supermacht-Projekt EU weiter mitmarschieren oder ausbrechen? Erst diese Orientierung öffnet den Weg für einen wirklichen Internationalismus, der sich an der Solidarität mit den armen Ländern des Südens statt an der EU-Kumpanei mit den reichen Ländern des Nordens orientiert. Die positive Entwicklung in zahlreichen, lateinamerikanischen Ländern, die sich auf eine ähnliche Art gegen die Zumutungen des USA-Imperialismus zur Wehr setzen, sind reale Beispiele für solch eine Haltung.

Obwohl eine einheitliche, politische Strategie der fortschrittlichen EU-oppositionellen und EU-kritischen Kräfte in Österreich nicht existiert, betonten alle TeilnehmerInnen an der Aktionskonferenz die Wichtigkeit, den Widerstand gegen das Europa der Konzerne und Generäle auszuweiten. In diesem Sinn rufen sie alle dazu auf, sich an den zahlreichen bereits geplanten Protestaktionen anlässlich der österreichischen EU-Präsidentschaft zu beteiligen.

An der Konferenz nahm auch eine Delegation der Steirischen Friedensplattform teil, die von der steirischen KP unterstützt wird.

Veröffentlicht: 15. Februar 2006

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