Frauentag 2002
Rede auf der Frauentagsveranstaltung von KPÖ und BDF-Knittelfeld (9. März 2002)
Einsatz, Mut und langer Atem
Es ist nun schon mehr als 90 Jahre her, seit auf der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz die Idee geboren wurde, an einem besonderen Frauentag die Aufmerksamkeit auf die Rechte der Frauen und auf ihre Forderungen zu richten. Natürlich hat sich seit dem die Lage der Frau verbessert, wie insgesamt die Menschen bei uns heute in besseren Verhältnissen leben als zu Beginn des vergangen Jahrhunderts. Aber an der Benachteiligung der Frau in unserer Gesellschaft hat sich dennoch nichts geändert.
Ungleichheit
Noch immer erledigen Frauen den Großteil der Hausarbeit, erziehen
die Kinder, haben im Beruf die schlechteren Aufstiegschancen und
bekommen, sogar für gleichwertige Arbeit, weniger Lohn. Laut
Mikrozensunsuntersuchung wendet die Duchschittsösterreicherin pro
Woche 28 Stunden für Haushalt und Kindererziehung auf, der
Duchschnittsösterreicher 9 Stunden. Laut ILO leisten Frauen 80
Prozent der niedrig qualifizierten und gering entlohnten Büro- und
Teletätigkeiten, während 3/4 der hochqualifizierten
Ingenieursarbeiten an Soft- und Hardware von Männern geleistet
wird. Das mittlere Einkommen von Männern lag im Jahr 2000 bei 1.816
Euro, jenes von Frauen bei 1.217 Euro, also um rund einem Drittel
niedriger. Diese Ungleichheit setzt sich dann natürlich beim
Arbeitslosengeld, der Notstandhilfe und später bei der Höhe der
Pension fort.
Rücknahme der sozialen Verantwortung
Die Frauenbewegung konnte in den vergangen Jahrzehnten Erfolge
verzeichnen. Der Anstoß zu einer Diskussion über die Rolle Frau in
unserer Gesellschaft und die Ablehnung dieses Rollenbilds, die
Erkämpfung des Rechts auf Abtreibung, sind nur einige Beispiele,
die dazu beigetragen haben, dass Frauen heute ein anderes
Selbstwertgefühl haben als noch unsere Mütter und Großmütter. Heute
muss Frau allerdings erkennen, dass einmal Erreichtes keineswegs
für immer gesichert ist. Heute leben wir in einer globalisierten
Welt in der ein ungehemmter Kapitalismus, ohne die Konkurrenz durch
ein anderes System, völlig frei schalten und walten kann. Der
sogenannte Neoliberalismus ist herrschende Ideologie, nach der sich
die Regierenden immer mehr richten. Neoliberalismus bedeutet
umfassende Privatisierung aller Bereiche, angefangen von der
Industrie, über die Strom- oder Wasserversorgung bis hin zum
Gesundheitswesen oder dem Pensionssystem. Neoliberalismus bedeutet
die Rücknahme der sozialen Verantwortung des Staates, die
Abmontierung des Sozialstaats. Neoliberalismus bedeutet Profit um
jeden Preis. Die Politik hat sich diesem Ziel unterzuordnen, hat
die Rahmenbedingungen für den reibungslosen Ablauf zu schaffen. Der
Mensch ist nur mehr ein Produktionsfaktor, das sogenannte
Humankapital, das bei Bedarf eingesetzt oder bei einer
Wirtschaftsflaute eben auf die Straße gesetzt wird. Nix ist fix,
das bekommen immer mehr Menschen zu spüren. Die Wirtschaft will
flexible, möglichst billige Arbeitskräfte. Besonders betroffen
sind, wie immer, die Frauen. Rund ein Drittel aller Beschäftigten
arbeiten bereits in atypischen Arbeitsverhältnissen, wie
Teilzeitarbeit oder geringfügiger Beschäftigung. Etwa 90 Prozent
dieser Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten sind Frauen.
Frauenbewegung international
Die Frauenbewegung ist auch eine internationale Bewegung. Die
Situation der Frauen in anderen Ländern und die Frage des Friedens
waren immer Themen. Heute, nach den Terroranschlagen vom 11.
September, erleben wir, dass es immer mehr akzeptiert wird
Konflikte mit Krieg und Gewalt lösen zu wollen. Anstatt den
Nährboden von Terrorismus, nämlich soziale Ungerechtigkeit, Not und
Hoffnungslosigkeit zu bekämpfen, erreichen Verteidigungsbudgets
Rekordhöhen, werden neue Waffensysteme erprobt. Bei uns steht der
Ankauf neuer Anfangjäger auf dem Programm. Während ansonsten an
allen Ecken und Enden gespart wird, sollen hier Milliarden
ausgegeben werden. Geld, das in den Sozialbudgets fehlen wird.
Für Frauenhaus in der Obersteiermark
Weniger Geld für Soziales betrifft Frauen besonders. Denn Frauen
sind auf Grund ihrer schwächeren ökonomischen Position öfter als
Männer auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Entfallen
staatliche Leistungen für die Kinder- , Kranken-, oder
Altenbetreuung, müssen Frauen einspringen. Sie werden dadurch
vermehrt aus dem Arbeitsmarkt oder in atypische Arbeitsverhältnisse
gedrängt, die Spirale von geringem Einkommen und schlechter
Altersversorgung dreht sich weiter. Angriffe auf die Fristenlösung,
die Auflösung des Frauenministeriums und die Zuständigkeit von
Un-Sozialminister Haupt für Frauenangelegenheiten sind deutliche
Zeichen des Rückschritts. In der Zeitschrift Woman behauptete Haupt
auf die Frage, was er für die Frauen getan habe, er habe in allen
Bundesländern mehr Frauenhäuser eingerichtet. Die Wahrheit ist: In
der Steiermark gibt es ein einziges Frauenhaus in Graz, das aus
allen Nähten platzt. Heuer mussten bereits 17 Frauen aus
Platzmangel abgewiesen werden. Von dieser Abweisung waren auch 19
Kinder betroffen. Ein zweites Frauenhaus in der Obersteiermark wäre
dringend nötig. Wo ist in der Steiermark das Mehr an Frauenhäusern,
mit dem sich Haupt gebrüstet hat? Derzeit herrscht Bestürzung über
den Geburtenrückgang in unserem Land. Minus 3,8 Prozent
österreichweit, in der Steiermark sind es gar 6,5 Prozent. Der
Wunsch ein Kind zu bekommen hängt in erster Linie von den sozialen
und finanziellen Bedingungen ab, die die Frauen vorfinden. Wie
müsste also eine Welt aussehen, in der Frauen sich gerne dafür
entscheiden Kinder zu bekommen? Sicher nicht so wie jetzt, wo der
Profit das oberste Gebot ist, eine Ellenbogen-Gesellschaft
entsteht, die Umweltzerstörung zunimmt und die Kriegsgefahr steigt.
Der Internationale Frauentag ist auch aus der Erkenntnis heraus
entstanden, dass die Bedingungen, die wir vorfinden kein
Naturgesetz sind, sondern verändert werden können. Der Reichtum für
ein menschenwürdiges Leben aller wären vorhanden. Doch noch nie war
die Kluft zwischen Arm und Reich, in Österreich und weltweit
gesehen, so groß wie jetzt. Das Vermögen der drei reichsten
Milliardäre der Welt ist so groß, wie das Bruttoinlandsprodukt der
48 ärmsten Länder dieser Erde. Die Einkommensschere zwischen dem
reichsten und dem ärmsten Fünftel der Menschheit hat sich seit 1960
von 30:1 auf nun 74:1 vergrößert. Und für Österreich gesprochen:
Der Anteil der Vermögenssteuern an der Staatsfinanzierung ist in
Österreich von 3,7 Prozent im Jahr 1970 auf 1,3 % im Jahr 1997
zurückgegangen. Hätten wir eine Vermögensbesteuerung wie in
Großbritannien, Japan oder der USA, hätten wir Mehreinnahmen von 40
Milliarden Schilling. Um hier zu Veränderungen zu kommen, dafür
braucht es Einsatz, Mut und vor allem einen langen Atem. Ich hoffe
dass diese Gedanken zum Internationen Frauentag ein kleiner
Denkanstoß sind, und dass uns der lange Atem niemals ausgehen
möge.