EStAG: Landesregierung vergibt Jahrhundertchance
Werner Murgg: "Voves hat Landtag eiskalt angelogen"
Der französischen Atomkonzern EdF hat seine Anteile am steirischen Energieversorger EStAG nun an einen australischen Spekulanten verkauft, obwohl das Land Steiermark ein Vorkaufsrecht hat. Vor nicht einmal zwei Monaten fand im steirischen Landtag auf Antrag der KPÖ darüber eine Debatte statt. Der damalige Landeshauptmann Voves behauptete, als Eigentümervertreter keine Kenntnisse über diese Vorgänge zu haben.
Die KPÖ hat wiederholt den Rückkauf der EdF-Anteile gefordert. Für die Steiermark wäre das eine einmalige Chance gewesen, das Geschick der Energie Steiermark wieder die eigenen Hände zu nehmen. Der Kaufpreis liegt deutlich unter den 400 Mio. Euro, die die EStAG damals für den Verkauf bekommen hat. SPÖ, ÖVP und FPÖ haben einen Rückkauf im Juli 2015 abgelehnt.
KPÖ-LAbg. Werner Murgg: „Vor weniger als zwei Monaten wurde uns von der Regierungsbank erklärt, dass gar nicht sicher sei, ob der Verkauf überhaupt stattfinden würde. Damals wurde hinter den Kulissen aber offenbar bereits verhandelt, das Land hat schließlich ein Vorkaufsrecht. Voves hat den Landtag eiskalt belogen. Jetzt verspielt sein Nachfolger eine einmalige Chance.“
Die EStAG hat die beste Bonität aller Landesenergieversorger. Die Energiepreise sind derzeit im Keller. Das Land müsste für die Anteile weniger bezahlen, als es seinerzeit eingenommen hat. Auch die Zinsen sind sehr günstig. Die Landesverschuldung würde durch ein Darlehen für den Rückkauf nicht ansteigen. Kurz: Der Zeitpunkt, die Anteile zurückzukaufen, war nie so günstig wie heute.
Zur Vorgeschichte:
- 1998 verkaufte der Landtag (SPÖ und ÖVP) 25 Prozent und eine Aktie der damaligen EStAG an den französischen Atomkonzern Electricité de France (EdF). Damit nicht genug: Die mit der EdF abgeschlossenen Syndikatsverträge sichern EdF eine deutlich höhere Mitsprache, als ihnen mit den 25 Prozent eigentlich zustehen würde.
- Am Landtag vorbei beschloss die Landesregierung (FPÖ und ÖVP) 2001 die Abgabe der STEWEAG-Kraftwerke an den Verbund-Konzern. Dieser Ausverkauf der steirischen Stromerzeugung aus Wasserkraft firmierte unter dem Titel „Südpolverträge“.
- Nun verkauft die EdF ihre Anteile an der EStAG an einen australischen Spekulanten. Laut Wirtschaftsblatt waren die Verhandlungen zwischen der EdF und dem Land Steiermark schon Ende Mai 2015 abgeschlossen. LH Voves leugnete, davon Kenntnis zu haben.
- Der Kaufpreis liegt zwischen 300 und 340 Millionen Euro. Die Führung der EStAG soll darauf bestanden haben, die EdF-Anteile an einen Finanzinvestor zur veräußern.
Die KPÖ lehnt es kategorisch ab, einem privaten Großinvestor bestimmenden Einfluss auf die Energieversorgung zu übertragen. Die Vorgänge um die privatisierten EStAG-Anteile machen deutlich, wie leichtfertig die Landesregierung mit öffentlichem Eigentum umgeht.
Veröffentlicht: 13. Juli 2015