Ein Gemeinderat ist kein Mädchenpensionat

Trofaiacher KPÖ Vzbgm. G. Leitenbauer im Interview

Fotos, Portr

Die Kleine Zeitung (Bez. Leoben) interviewte die Trofaicher KPÖ-Vizebürgermeisterin Gabi Leitenbauer: Kleine Zeitung Website

http://www.kleinezeitung.at/steiermark/leoben/3106623/gemeinderat-maedchenpensionat.story

 

"Gemeinderat ist kein Mädchenpensionat"
In unserem zweiten Sommerinterview mit Politikerinnen aus dem Bezirk Leoben gibt KP-Vizebürgermeisterin Gabriele Leitenbauer Einblicke in ihre politische Lebenswelt.

Frau Leitenbauer, Sie stellen als KPÖ-Vizebürgermeisterin mit fünf Mandaten in der Stadt Trofaiach ein Unikat in der österreichischen politischen Landschaft dar. Wie sehen Sie die Rolle der Frau in der Politik?


GABRIELE LEITENBAUER: Diese Frage kann ich nicht allgemein beantworten. Ich kann nur sagen, wie ich meine Rolle in der Politik sehe. Und diese verstehe ich so, dass ich die Interessen der Arbeiter, Angestellten, Pensionisten und der arbeitslosen Mitmenschen zu vertreten habe. Außerdem kämpfe ich gegen Ungerechtigkeiten, Freunderlwirtschaft und Privilegien. Ich sehe in der Politik keinen Unterschied zwischen Frau und Mann, sondern einen zwischen oben und unten, arm und reich. Das ist völlig unabhängig vom Geschlecht. Als Frau vertrete ich nicht nur die Fraueninteressen.


SP-Nationalratsabgeordnete Andrea Gessl-Ranftl hat im Interview der Vorwoche gemeint, dass es für eine Frau doch etwas schwieriger in der Politik sei als für einen Mann. Wie sehen Sie das?
LEITENBAUER: Ich empfinde das nicht so. Das Leben wird mir zwar von den anderen Parteien oft schwer gemacht, aber nicht weil ich eine Frau bin, sondern weil ich sehr konsequente Oppositionspolitik betreibe. Freigestellte Politikerinnen, die selbst von einer Doppelbelastung sprechen, beschließen aber Belastungen für Frauen mit. Arbeiterinnen haben oft sogar eine drei- bis vierfache Belastung zu tragen und eine schlecht bezahlte Arbeit. Viele Frauen müssen zusätzlich zu ihrer Arbeit ältere Menschen zu Hause pflegen, weil sie sich ein Pflegeheim wegen des wiedereingeführten Regresses einfach nicht leisten können. Es sollten Arbeiterinnen im Parlament sitzen und in der Politik vertreten sein, denn diese würden Verschlechterungen nicht zustimmen. Die Frauen, die in den Gremien sitzen, können sich nicht in die Lebenswelten von Arbeiterinnen hineinversetzen.


Warum sind Sie eigentlich in die Politik gegangen?
LEITENBAUER: Ich wollte ursprünglich gar nicht in die Politik. Es ist nicht lustig im Gemeinderat, aber ich hatte schon als Kind einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und habe Ungerechtigkeiten nicht vertragen. Ich wollte ganz einfach etwas verändern. Das geht nur durch die Politik.


Sie sind im Gemeinderat nicht zimperlich mit ihrer Kritik. Im Gegenzug haben Sie es mit harten Angriffen zu tun. Wie gehen Sie damit um?

LEITENBAUER: Der Gemeinderat ist kein Mädchenpensionat. Das Klima ist nicht immer gut. Aber, wenn ich die positive Resonanz der Bevölkerung auf meine Arbeit spüre, gleicht das die Angriffe aus. Mir ist nur wichtig, was als Ergebnis heraus kommt. Ich nehme die Angriffe nie persönlich.


Warum, glauben Sie, genießt die KPÖ gerade in Trofaiach so hohen Zuspruch? Sie konnten mit Ihrem Team bei der Gemeinderatswahl 2010 fast 20 Prozent erreichen.


LEITENBAUER: Das konsequente Eintreten für die Bevölkerung spielt sicher eine Rolle. Zum Beispiel bei Mieterfragen. Wir stehen den Menschen mit konkreter Hilfe zur Seite, und es ist mir kein Problem zu gering, dem ich mich annehme. In Wirklichkeit gibt es in Trofaiach nur zwei Parteien: die SPÖ und die KPÖ. VP und FP sind ein Anhängsel der SPÖ. Mit Opposition verbinden die Trofaiacher nur die KPÖ. In Leoben beispielsweise ist das anders. In Trofaiach betreibt die SPÖ neoliberale Politik, etwa mit dem Verkauf der Stadtwerke, und diese Politik kommt der ÖVP und der FPÖ entgegen. Die SP tritt nicht mehr für die Arbeiterschaft ein. Das wird immer offensichtlicher. Ich frage mich bei jedem Beschluss im Gemeinderat, wie sich dieser für die arbeitenden Menschen auswirken wird.


Was wünschen Sie sich für Trofaiach?


LEITENBAUER: Dass alle Dinge, die für die Bevölkerung schlecht sind, rückgängig gemacht werden und vor allem, dass das Krematorium nicht gebaut wird.

Veröffentlicht: 5. September 2012