Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.

Dietrich Kittner: Bleibt Schurken

Bleibt Schurken!

Dietrich Kittner

Rede auf der Friedenskundgebung am 22. März 2003 in Graz, Hauptplatz.

Wir stehen hier, weil wir unsere Stimme gegen einen völkerrechtswidrigen, brutalen, verbrecherischen Krieg erheben, gegen das Abschlachten von Menschen und die sinnlose Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen. Und wir sind nicht nur die paar Tausend Demonstranten hier in Graz, sondern wir sind Teil der zig Millionen, die zur selben Stunde in aller Welt auf die Straße gegangen sind, Teil der Milliarden Menschen, die sich gegen das inzwischen eingeleitete große Töten stemmen. Die Völker - wie jeder inzwischen weiß - verurteilen den amerikanischen Krieg.

Schorsch Dabbeljuh, der mit überwältigender Minderheit ins amerikanische Präsidentenamt gewählte Psychopath hat stolz verkündet, 40 Regierungen unterstützen die USA in ihrem Terror. Und dann hat er noch gesagt: "Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns." 193 Staaten sind in der Uno vertreten, also stehen 153 Länder gegen den Krieg. Eine überwältigende Mehrheit. Und unter den 40 willigen Vasallen befinden sich in der Überzahl ein paar gekaufte, korrupte Ministaaten oder solche, in denen die Regierungen sich wie in Spanien, Italien oder Großbritannien über den eindrucksvoll und geschlossen geäußerten Kriegsunwillen ihrer Bevölkerung zynisch hinwegsetzen. Professionelle Lügner, nicht nur im Weißen Haus.

Dieser Krieg wird angeblich für Freiheit und Menschenrechte geführt, er sein "Krieg gegen den Terror". Praktisch für die USA, dass ganz zufällig - wie das Leben so spielt - die "Terroristen" sämtlich ums Erdöl herum wohnen. "Menschenrechte" und "Freiheit" sind im Sprachgebrauch Washingtons längst ein Synonym für Öl geworden. Was das für die Konzerne bisher so teure Exploring, das Suchen nach neuen Erdölquellen betrifft, so können diese Firmen jetzt viel Geld sparen. Eine neue naturwissenschaftliche Grundregel gilt: "Dort wo die amerikanischen Soldaten stehen, dort ist Öl."

Wenn der Schmäh erlaubt ist: Verblüffend nur, dass in Spanien US-Truppen noch nicht im Hinterland der galizischen Küste zum "Kampf gegen den Terror" aufmarschiert sind. Dort gibt es an den Stränden doch genügend Erdöl - und: Würden Autos mit Kernöl fahren, spräche die Bush-Gang von der Südoststeiermark längst als Terroristen-Heimstatt.

Dass der Überfall auf den Irak absolut nichts mit dem angeblichen "Krieg gegen den Terror" zu tun hat, ist beweisbar: Die Offiziershandbücher der US-Armee für den Einsatz im Irak wurden laut Impressum schon im März 2001 gedruckt, also lange vor dem berüchtigten 11. September.

Als Deutscher - und ich bringe euch hier auch die solidarischen Grüße unserer Friedensbewegung - darf ich erstmals in meinem Leben erklären: In der Frage Krieg oder Frieden stehe ich fast voll hinter meiner Regierung. "Bleibt Schurken!" möchte ich Schröder & Fischer zurufen. Es ist ja heute schon ein Ehrentitel, wenn man in den Augen des Schorsch Dabbeljuh, des Herrn Rumsfeld und denen des Beweisfälschers Powell als "Schurke" gilt. Sogar der Diktator des Schurkenstaates Vatikan weigert sich doch beharrlich, eine Kompanie seiner Schweizergarde für den Bush-Krieg abzustellen! - "Fast Voll" habe ich gesagt, stehe ich hinter Berlin, denn zu glaubwürdigen Eintreten für den Frieden gehört natürlich noch mehr: Rückeroberung der deutschen Soldaten aus den fliegenden Gefechtsständen der AWACS-Maschinen und von den US-Basen in Deutschland, wo sie Personal-Lücken füllen und so dazu beitragen, dass die USA noch mehr Kampftruppen in den Irak schicken können. Rückzug der deutschen Fuchspanzer aus Kuwait und vor allem: Stopp der Überflug- und Durchfahrts-Rechte für die US-Truppen! Werdet in Berlin bitte richtige Schurken! Auch auf die Gefahr gezielter amerikanischer Kollateral-Treffer auf die französische und deutsche Botschaft in Bagdad hin. (Wer dies für unmöglich hält, frage die Chinesen nach den Erfahrungen ihrer Belgrader Botschaft im Jugoslawienkrieg.) Es ist unerträglich, dass die US-Bomber zum Killing im Irak auch von Deutschland aus starten.

Ebenso unerträglich sind mir die blasierten unbeweglichen Gesichter der Washingtoner und Londoner Warlords bei ihren unverhüllten Zwecklügen. Schorsch-Dabbeljuhs williger Tony sagte, er sei bereit, für die Solidarität mit den USA "einen blutigen Preis zu zahlen". Als Gentleman wird er doch nicht das Blut anderer gemeint haben. Hat er sich persönlich also schon zum Zahlen bereit gemacht?

Während seine Soldaten am Golf bomben und morden, hat sich Bush gestern dümmlich lächelnd "ins Wochenende verabschiedet". Vielleicht wird er dort wieder einer neuen göttlichen Eingebung teilhaftig? Nach eigener Aussage hat er nämlich - kaum vom Alkoholismus geheilt - seinerzeit in Texas leibhaftigen Besuch von Gott bekommen und dabei den persönlichen Auftrag erhalten, die USA und diese Erde zu regieren. - So gesehen benötigte er als persönlicher Beauftragter Gottes logischerweise bei der Wahl auch keine Mehrheit.

Wer aber ist Schorsch Dabbeljuhs Gott? Einer des Tötens und des Faustrechts? Oder heißt sein Gott doch eher Exxon, auf deutsch Esso? Als Deutscher in Deutschland habe ich daraus eine Lehre gezogen: Du sollst nicht bei fremden Göttern tanken.

Die größte Gefahr für den Fortbestand der Menschheit hat in der Geschichte immer dann bestanden, wenn das machtgeile große Geld sich zur Durchsetzung seiner Ziele eines vom eigenen Sendungsauftrag überzeugten, skrupellosen Psychopathen bediente. Ob mir oder ohne Schnäuz . - Darf das ein Deutscher eigentlich aussprechen? Natürlich. Mehr noch: er muss.

Veröffentlicht: 25. März 2003

Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.