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"Die SPÖ macht Politik wie Schwarz-Blau"

Der Standard interviewt Gabriele Leitenbauer (Trofaiach)

"Die SPÖ macht Politik wie Schwarz-Blau"
KPÖ punktet in den alten steirischen Industrieregionen - In Städten wie Trofaiach bis zu 20 Prozent

Graz - Gabi Leitenbauer ist seit Sonntag die Heldin der steirischen KPÖ. Sie legte in der obersteirischen Industriestadt Trofaiach 20 Prozent, das sind fünf Mandate, zu und sitzt nun als Chefin der zweitstärksten Partei gestärkt im städtischen Gemeinderat.

Leitenbauer glaubt ganz genau zu wissen, warum die SPÖ in deren Hochburgen dramatisch verlor und die KPÖ in vielen Städten dazugewann. Wie in Trofaiach, wo die SPÖ 13,6 Prozent verlor, agierten die roten Ortskaiser "arrogant", sagt die KPÖ-Politikerin.

Leitenbauer im Gespräch mit dem Standard: "Anträge von uns wurden oft gar nicht angenommen und ohne irgendeine Begründung abgelehnt. Die SPÖ hat in den letzten Jahren einfach eine überhebliche Politik gemacht, sie hat an den Menschen vorbeiregiert."

Was aber viel mehr zähle: Die SPÖ habe aufgehört, eine sozialdemokratische Partei zu sein. Leitenbauer: "Die SPÖ ist keine Arbeiterpartei mehr. Sie hat zwar eine andere Rhetorik, aber im Grunde macht die SPÖ auch in den Kommunen neoliberale, schwarz-blaue Politik, und das spüren die Menschen. Es wird alles verkauft und privatisiert."

Deswegen seien auch viele SPÖ-Wähler zur KPÖ gewechselt. In Trofaiach, sagt Leitenbauer, habe es eine regelrechte "Privatisierungswelle" gegeben: Die Gemeindewohnungen seien verkauft worden, wie auch der Naherholungswald, sogar der Hauptplatz von Trofaiach sei an die Raika verscherbelt worden. Schließlich habe der SPÖ-Bürgermeister auch die Altenpflege privatisiert, wobei der Betreiber sich dabei "eine goldene Nase" verdient habe. Trofaiach sei aber überall. Auch in den anderen großen roten Städten der Obersteiermark werde diese "nichtsozialdemokratische Politik" praktiziert. Die SPÖ mache nicht nur im Bund, sondern eben auch hier in den Kommunen "rechte Politik" und werde dafür bestraft. Warum ehemalige SPÖ-Wähler allerdings zur ÖVP wandern, sei ihr "irgendwie ein Rätsel". Leitenbauer: "Es liegt sicher auch daran, dass in den Gemeinden Alternativen fehlen."
(Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2010

Veröffentlicht: 22. März 2010

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