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„Keine neuen Ansätze“: Budgetrede von KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler

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„Gemäß dem Steiermärkischen Landeshaushaltsgesetzes 2014 ist dem Landtag von der Landesregierung ein Entwurf des Landesbudgets sowie der Entwurf des Stellenplans spätestens zehn Wochen vor Beginn jenes Finanzjahres vorzulegen, für das ein Landesbudget beschlossen werden soll.“

Dieser Satz ist die Grundlage für unsere heutigen Debatten. Ich habe ihn an den Beginn meiner Wortmeldung gestellt, um deutlich zu machen, dass heute eine der zentralen Aufgaben des Landtag Steiermark bzw. der Abgeordneten erledigt werden muss. Die Abstimmung über den Budget-Vorschlag der Landesregierung.

Die KPÖ wird diesem Budget keine Zustimmung geben und ich werde in den folgenden Minuten erläutern, warum. Kommen wir zuerst zu den Eckdaten und den Aussagen, die von Seiten der Landesregierung bis dato zu diesem vorgeschlagenen Budget gemacht wurden:

 

Eckdaten

Der Landeshaushalt hat ein Volumen von rund 6,5 Milliarden Euro, die Schulden werden 2022 auf 5,9 Milliarden ansteigen.

In mehreren Zeitungsberichten wurde dargestellt, dass es für das Jahr 2022 mehr Ausgaben und keine Kürzungen geben wird. LH-Stv. und Finanzlandesrat Lang wurde u.a. wie folgt zitiert:

„Im Budget 2022 gibt es in allen Bereichen ein Plus. Mehr Geld fließt etwa in den Gesundheits- und Pflegebereich und in die Infrastruktur. Zudem setzen wir auf den Breitband-Ausbau. Unterm Strich wird es ein Budget-Minus geben, das aber in Corona-Zeiten zu verantworten ist.“ (Krone, 7.12.2021)

„Corona“ ist ein wesentliches Stichwort, dass uns nicht nur in den letzten Jahren tagtäglich begleitet hat, es spielt selbstverständlich auch bei den Haushalten eine große Rolle. Sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene.

Können Sie sich noch an den Satz „Koste es, was es wolle!“ erinnern? Ex-Bundeskanzler Kurz hat ihn in Zusammenhang mit der Ankündigung eines 38 Milliarden schweren Hilfspaketes am 18. März 2020 im Rahmen einer der zahlreichen Pressekonferenzen gesagt.

Das war insofern erstaunlich, weil es plötzlich keine Rolle mehr spielte, was uns in den letzten Jahrzehnten immer gepredigt wurde: Nämlich, dass Staaten die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60 % ihres BIPs begrenzen müssen.

Dem aufmerksamen Zuhörer, der aufmerksamen Zuhörerin wird nicht entgangen sein, dass ich damit den – von der EU festgelegten „Wachstums- und Stabilitätspakt“ angesprochen habe.

Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen könnte man wohlwollend feststellen. Sowohl in Bezug auf die Aussagen von Finanzlandesrat Lang als auch in Bezug auf jene von Ex-Bundeskanzler Kurz macht es aber meiner Meinung nach durchaus Sinn, sich sowohl den
 

Stabilitäts- und Wachstumspakt

als auch die „Coronahilfen“ näher anzusehen. Der offiziellen Website der EU ist zum Stabilitätspakt folgendes zu entnehmen:

Es geht darum, die Haushaltspolitik in die richtigen Bahnen zu lenken, übermäßige Staatsverschuldung zu vermeiden und Haushaltsdefizite zu korrigieren.

Was also die „richtigen Bahnen der Haushaltspolitik“ sind, entscheidet nicht mehr der einzelne Staat für seine Bürger und Bürgerinnen, sondern die EU.

Prof. Dr. Albrecht F. Michler, von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, definiert folgendermaßen:

Seit 1997 werden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, mittelfristig einen zumindest ausgeglichenen Haushalt anzustreben. Dabei soll - unabhängig von der konjunkturellen Lage (Ausnahme: eine tiefgreifende Rezession) - ein Haushaltsdefizit von 3 Prozent des BIP nicht überschritten werden.

Und was passiert, wenn sich die Mitgliedsstaaten nicht daran halten?

Ich darf weiter zitieren: Bei deren Überschreitung droht dem EU-Mitgliedsland Ungemach in Form von Auflagen und Vorgaben. Am Ende eines mehrstufigen Prozesses steht die ultimative Drohung einer Milliardenstrafe.

Und ist das schon einmal der Fall gewesen oder halten sich alle daran?

Wir wissen, dass Regelverstöße keine Ausnahme sind, sondern permanent stattfinden. In der Praxis haben de facto schon alle Mitgliedsstaaten gegen dieses Regelwerk verstoßen.

Und was ist jetzt mit den Strafen?

Seit der Reform 2011 sehen die Bestrafungen zwar noch bedrohlicher aus, es gab und gibt sie bislang aber nicht. Der Pakt, so sagen die meisten ExpertInnen, bietet eben immer noch genügend Spielräume. Und auffallend oft betonen Scholz und andere führende PolitikerInnen in letzter Zeit die „Flexibilität“ des Paktes.

Abschließend dazu noch einmal ein Zitat von Prof. Michler: „In den Jahren seiner bisherigen Existenz hat der Stabilitäts- und Wachstumspakts bisher noch keine durchschlagende Glaubwürdigkeit aufbauen können.“

Vermutlich konnte man sich innerhalb der EU auch deshalb schnell dazu durchringen, aufgrund der Pandemie den Stabilitätspakt auszusetzen. Damit wurden Corona-Hilfspakete der Bundesregierung möglich und auch in der Steiermark hat man dem vielgepriesenen „Null-Defizit“ eine Absage erteilt.

Um mit den Worten eines ehemaligen steirischen LH zu sprechen, könnte man meinen: „Gut so, weiter so!“ Die KPÖ könnte sich zurücklehnen, schließlich haben wir immer gefordert, dass mehr Geld in die Bereiche Gesundheit und Pflege, Bildung und Soziales, in den Öffentlichen Verkehr und in die Kultur investiert werden muss. Und so falsch kann dieser Ansatz ja nicht sein, wenn nun auch die Bundes- und die steirische Landesregierung darauf setzen oder?

Damit hätte man aber die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht. Und der Wirt ist in dem Fall die EU-Kommission. Die will den Stabilitätspakt nämlich bereits Ende 2022 wieder einsetzen.

Und was passiert dann?

Kommt es dann zu einem weiteren Sozialabbau, der triefgreifender ist als alles, was wir bis dato erlebt haben?

 

Was passiert, wenn der Pakt wieder eingesetzt wird?

Steffen Lehndorf „Fiskaldiktat kontra Sozialmodell: Die deutsche Politik in der Europäischen Krise“ – Aus: Sozialer Aderlass in Europa: Arbeit und Soziale Sicherung unter Druck (AK Wien), Ursula Filipic und Elisabeth Beer

Die gesamte Wirtschaftspolitik der EU wird mit einer Serie von einander zum Teil überlappenden Programmen auf die Bekämpfung von Haushaltsdefiziten und Staatsschulden der Mitgliedsländer fokussiert. Dabei soll die Sanierung der öffentlichen Haushalte vorrangig oder sogar fast ausschließlich mithilfe von Ausgabenkürzungen bewerkstelligt werden – die Einnahmenseite ist mit Ausnahme von (degressiv wirkenden) Verbrauchssteuern weitgehend unterbelichtet (vgl. OECD 2012).

Wir sind überzeugt davon, dass dies der falsche Weg ist, das bestätigt mittlerweile auch der IWF (Internationale Währungsfonds):

Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Austeritätspolitik (Sparpolitik) sind dramatisch. Die Volkswirtschaften werden in eine Rezession getrieben, in deren Folge die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP trotz abnehmenden Haushaltsdefizits sogar zunehmen, anstatt zu sinken. Dies ist vom IWF mittlerweile bestätigt (vgl. Blanchard/Leigh 2013), allein die EU-Kommission verweigert sich der Einsicht in diesen Zusammenhang.

Zusammengefasst: Dieses Landesbudget enthält Investitionen und keine Kürzungen, aber wenn die EU beschließt „Es reicht!“ und den Stabilitätspakt wieder einsetzt, werden wir mit einem unsozialen und restriktiven Sparkurs rechnen müssen. Das entnehme ich auch einem Interview von Finanzlandesrat Lang, der auf die Frage „Wie werden wir die Schulden jemals zurückzahlen?“ geantwortet hat: „Die Landesverschuldung liegt unter 6 Milliarden Euro – nach der Corona-Situation ist unser Ziel wieder ein ausgeglichener Haushalt.“

Wie er das erreichen möchte, da hält er sich ebenso bedeckt wie mit der Antwort auf die Frage, wer die Schulden zurückzahlen soll…

An dieser Stelle möchte ich dem Herrn Finanzlandesrat ebenso wie allen „Freunden und Freundinnen des Stabilitätspaktes“ – insbesondere den KollegInnen der SPÖ - den Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (älteste Sonderorganisation der Vereinten Nationen), Guy Ryder, ans vielleicht noch vorhandene sozialdemokratische Herz legen: Ryder stellt nämlich fest: „Finanzielle Konsolidierung kann nur nachhaltig wirken, wenn sie mit sozialer Verantwortung und einer fairen Verteilung der Lasten einhergeht.“

Apropos „soziale Verantwortung“ und „faire Verteilung“: Werfen wir einen Blick auf die


Coronahilfen

Wohin sind denn die Hilfsgelder in der Steiermark geflossen?

2020 hat die Landesregierung 168 Millionen Euro dafür ausgegeben, das wissen wir aus dem Covid-Maßnahmenbericht. Für 2021 gibt es noch keine Auswertung.

Den höchsten Auszahlungsstand hatten 2020 die Maßnahmen

  • Ausfallshaftung für die Elternbeiträge in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen
  • Corona Stiftungen
  • Überbrückungsfinanzierungen EPUs und KMUs
  • Ankauf von Schutzausrüstungen

Ausgeschöpft wurden unter anderen

  • Telearbeitsplatz Offensive
  • Ausdehnung Schuldnerberatung
  • Kunst- und Kultur Stipendien, Ausfallshilfe und Ankauf von Kunstwerken
  • Investitionsförderung Tourismus

Tatsächlich wurden die meisten bereitgestellten Fördersummen aber gar nicht ausgegeben, weil der Bund so umfangreich gefördert hat.

Das sieht auf dem ersten Blick sehr gut aus. Fakt ist aber auch, dass der Landtag – also jenes Gremium, das die Landesfinanzen kontrollieren und beschließen soll, eigentlich nicht genau weiß, wie sich das Geld verteilt. Einzelförderungen sind nämlich nicht sichtbar und auch die vom Bund installierte Transparenzdatenbank wird von der Steiermark im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht befüllt.

Genau deshalb haben wir gemeinsam mit FPÖ und den Neos auch eine RH-Prüfung gefordert. Schließlich muss nachvollziehbar sein, ob das Geld auch dort angekommen ist, wo es gedacht war. Und es ist auch deshalb notwendig, weil es völlig unverständlich ist, dass Summen in Milliardenhöhe vom Bund und den Ländern zusammen ausgegeben werden, die Kontrolle und Steuerung aber völlig danebengegangen ist.

Dazu ein inzwischen bekanntes Beispiel: man weiß mittlerweile, dass die Kurzarbeit nicht von allen Unternehmen ordnungsgemäß eingesetzt wurde. Während die ArbeitnehmerInnen mit weniger Gehalt auskommen mussten, haben manche Konzerne sogar profitiert, was vermutlich oder hoffentlich nicht im Sinne der Erfinder war:

Die Andritz AG hat 2020 9 % weniger Umsatz gemacht und hatte 1500 MitarbeiterInnen weniger als 2019. Der Gewinn hat sich jedoch um 55 Prozent erhöht. Das hat unter anderem mit den Covid-Förderungen zu tun, die allein für die Personalkosten mehr als 28 Mio Euro ausgemacht hat. Das berichtet der ORF Anfang November 2021.

Auch „für das Gesamtjahr 2021 erwartet die Andritz AG unverändert einen deutlichen Anstieg des Gewinns im Vergleich zum Vorjahr“ obwohl auch in diesem Jahr wieder „Beim Umsatz mit einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr gerechnet wird.“

Was heißt das? Trotz weniger Umsatz, aber mit dem Abbau von MitarbeiterInnen und mit den nicht unwesentlichen Förderungen für die Kurzarbeit, hat die AG sich ihren Gewinn ermöglicht. Die Aktionäre wird das sicher freuen, die gekündigten MitarbeiterInnen sicher nicht.

Während also große Unternehmen und Konzerne mit staatlichen Coronahilfen satte Gewinne einfahren, haben diejenigen, die in sogenannten „systemrelevanten“ Berufen arbeiten und durch deren unermüdlichen –teils an ihre Grenzen gehenden – Einsatz, noch nicht einmal alle ihren Coronabonus erhalten. Manchen – wie den ElementarpädagogInnen – hat man diese im Vergleich lächerlichen 500 Euro in der Steiermark sogar verwehrt.

Hauptsache es wurde für sie zu Beginn der Krise geklatscht!

Es ist kein Wunder, dass vor allem Pflegekräfte und ElementarpädagogInnen jetzt nicht mehr stillhalten, sondern ihren Protest lautstark kundtun. Und wann immer wir in den letzten Jahren gefordert haben, die Landesregierung muss deren Arbeitsbedingungen verbessern, haben wir gehört, dass das aus finanziellen Gründen nicht geht.

Erst bei der letzten LT-Sitzung im November hat uns LRin Bogner-Strauß wieder vorgerechnet, wie hoch die Kosten bei einer Erhöhung des Personalschlüssels in Kindergärten sind:

Für eine längst überfällige Senkung der Gruppenhöchstzahlen bräuchten wir 300 Kindergartengruppen mehr und 450 ElementarpädagogInnen zusätzlich.

In die Hand genommen werden jetzt für das Jahr 2022 2,9 Millionen Euro für einen Verstärkungspool. Nur zum Vergleich: für eine Veranstaltung, die zwei Tage dauert, nämlich die Airpower, stellt das Land mittels Sonderfinanzierung 1,2 Millionen Euro zur Verfügung.

Da kann sich jetzt ja jetzt jede/r selbst ein Bild machen, welchen Wert die Elementarbildung in der Steiermark hat.

Unserer Meinung nach ist das ist zu wenig! Der Personalmangel an PädagogInnen wird dann in den Griff zu bekommen sein, wenn sich die Rahmenbedingungen verbessern.

Ebenso wie bei den Pflegekräften: 285 Pflegekräfte haben den Dienst bis dato in der Kages quittiert. Das ist ein Alarmsignal! Für kommenden Freitag ist eine weitere Protestaktion der Bediensteten im Pflege und Gesundheitsbereich geplant. Wie lange will man denn noch zusehen?

Und jetzt stellen wir uns doch einmal folgendes vor: Angenommen, man hätte jene Gelder, die man in den letzten 2 Jahren aufgrund der Corona-Pandemie ausgegeben hat, bereits früher investiert. In die elementare Bildung, in die Pflege, in die Gesundheit… wir hätten dann genau dort solche Rahmenbedingungen, die das Personal halten. Wir hätten genügend Fachkräfte und genügend Kapazitäten, um eine Pandemie wie diese bewältigen zu können. Vielleicht wären Lockdows wie wir sie erlebt haben, in dieser Form gar nicht nötig gewesen und die Wirtschaft hätte es nicht so gebeutelt.

Gerhard Stark, der neue Kages-Chef, hat in einem Interview gesagt: „Die Pandemie ist Pein und gleichermaßen Lehrer zugleich.“

Ich wünsche mir nichts mehr, als das jene, die in Regierungsverantwortung sind, die richtigen Schlüsse ziehen. Aber machen sie das auch? Ich fürchte nein.
 

Wie kann man es anders machen?

Auch in diesem Budget ist keine Rede von neuen Einnahmen, dafür wird an Projekten wie dem Leitspital in Liezen festgehalten. Trotz Pandemie gibt es keine Anpassung des RSG - in Eisenerz wurde das Krankenhaus 2018 geschlossen, jetzt gibt es nicht einmal mehr einen Notarztstützpunkt. Und im LKH Stolzalpe wird die kinderärztliche Versorgung auf ein Minimum reduziert, bis jetzt gab es eine rund um die Uhr geöffnete Ambulanz.

Wie sieht es mit den Einnahmen aus?

Was ist z.B. mit einer Leerstandsabgabe? Finanzlandesrat Lang verschiebt das Thema auf 2022. In einem Interview meint er zwar, man sei auf einem guten Weg, aber es würde noch dauern.

Nahverkehrsabgabe zum Ausbau des ÖV? Fehlanzeige.

Schottersteuer, Bodenversiegelungsabgabe? Fehlanzeige.

Kürzung der Parteienförderung und der PolitikerInnengehälter? Fehlanzeige.

Hier könnte das Land Einfluss nehmen und mit gutem Beispiel vorangehen. Uns ist völlig bewusst, dass diese Einnahmen den Landeshaushalt nicht sanieren würden, aber es wäre ein Zeichen der Gerechtigkeit.

In Zukunft könnte man sich an Graz ein Beispiel nehmen. Die neue Stadtregierung hat die Klubförderung gekürzt und die automatische Gebührenerhöhung ausgesetzt. Künftig gibt es weniger Geld für die Parteien im Grazer Rathaus dafür mehr Geld für Soziales und den GrazerInnen bleibt mehr in der Geldtasche.

Ich gehe davon aus, dass die GrazerInnen zufrieden sein werden, dass es nun in eine andere Richtung geht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass auch der Rechnungshof den Budgetkurs, den Ex-Bürgermeister Nagl 2002 als Finanzstadtrat eingeschlagen hat und als Bürgermeister weitergegangen ist, stark kritisiert hat.

Und was hat inzwischen der Bund beschlossen?

Was wir im Land dringend brauchen würden, ist ein neuer Finanzausgleich. Leider wird es durch die geplante ökosoziale Steuerreform zu einer weiteren Verschlechterung kommen, die von der Leitung des Landesfinanzreferates massiv kritisiert wird.

Der Budgetbeschluss auf Bundesebene hat die überfällige Reform des Finanzausgleichs, obwohl sie im Regierungsprogramm angekündigt war, nämlich nicht gebracht, dagegen können sich große Kapitalgesellschaften über massive Steuergeschenke freuen.

Zusätzliche Mittel, die es für die Sicherung von Gesundheit und Pflege, für Kinderbetreuung und Bildung sowie Klimaschutz dringend braucht, werden nicht von Großverdienern, Erben und Privatstiftungen geholt, wie es teilweise in den USA geschehen soll.

Eine stärkere Verlagerung zu vermögens- und umweltbezogenen Steuern wäre erforderlich. Dies wird auch international empfohlen, weil es zu inklusivem Wachstum, zu mehr verteilungspolitischer Fairness und zu ökologischer Nachhaltigkeit beiträgt.

In Österreich? Fehlanzeige
 

Warum wir nicht zustimmen

Ich möchte an dieser Stelle zusammenfassen, warum wir diesem Budget nicht unsere Zustimmung geben:

  • Intransparent

Das Budget ist seit der Haushaltsreform 2015 für Abgeordnete nach wie vor intransparent. Von einem Budgetdienst, wie er im Nationalrat funktioniert können wir in der Steiermark nach wie vor nur träumen. Dazu kommen

  • Wirkungsziele,

die von den meisten Landeregierungsmitgliedern selbst nicht wirklich ernst genommen werden. Vieles, was der LRH dazu festgestellt und angeregt hat, wurde auch in diesem Budget nicht umgesetzt. Finanzlandesrat Lang hat im Finanzausschuss sinngemäß gesagt, die Wirkungsziele sind nicht so wichtig, es gibt eh für alles Beschlüsse.

Beispiele EF Doppik – Wirkungsziele (Vollath, Pichler Jesseno, Schwarz)

  • Kein Genderbudgeting

Bereits im Oktober 2012 wurde in der Steirischen Landesregierung ein Beschluss zum Genderbudgeting gefasst – Vollath – Regierungsantrag

In der Praxis heißt das leider nur, dass mindestens eines der Wirkungsziele ein „Gleichstellungsziel“ sein muss. Bei nähere Betrachtung sieht man auch hier deutlich, dass der Weg zu einem für Frauen und Männer gleichermaßen gerechten Budget noch ein weiter Weg ist. Das konnten wir zuletzt in unsere Gender Agent- Arbeitsgruppe feststellen. Da hat uns nämlich die Leiterin des Referates für Genderbudgeting im Finanzwesen der Stadt Wien erklärt, wie es dort seit 16 Jahren funktioniert.

Abschließend möchte ich noch einen wesentlichen Bereich ansprechen, der uns im Budget fehlt:

  • Fehlende Armutsbekämpfung

Derzeit leben in der Steiermark rund 156.000 Menschen, die armutsgefährdet sind. Diese Zahl hat sich von 2004 bis 2019 nicht signifikant verändert. Das zeigt eindeutig, dass die bisherigen Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung zeigen. Deshalb braucht es zusätzliche und vermutlich auch neue Maßnahmen und Initiativen.

Das Thema Bekämpfung der Kinderarmut wird weder im Budget, noch im letzten Sozialbericht explizit angesprochen und das obwohl völlig klar ist, dass der Anstieg durch die Corona-Krise enorm sein wird.

Was auch nicht zu finden ist, sind Antworten auf Fragen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf ihre psychische Gesundheit.

Ein Ausbau kostenloser, flächendeckender Angebote für psychische Beratung und Betreuung ist ein Gebot der Stunde. Ebenso wie die Einführung einer landesweiten Sozialcard – all das fehlt in diesem Budget.


Conclusio

Die Probleme und Herausforderungen sind gewaltig, und das nicht erst seit gestern und auch nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie.

Besonders im Gesundheits- und Pflegewesen, aber auch im Bereich der Elementarpädagogik brennt der Hut. Die Probleme sind überall dieselben: Weil die Arbeitsbedingungen immer schwieriger werden, die Bezahlung schlecht ist, die psychische Belastung immer größer wird…, wollen immer weniger diese Berufe ausüben.

In Weiz, in Leoben, in Graz hat Anfang November das Spitalspersonal protestiert, es gibt vielerorts einen massiven Mangel an Fachärzt:innen, in Pflegeheimen bleiben Betten aufgrund des Personalmangels unbelegt, in Landeskrankenhäusern ganze Abteilungen geschlossen.

„Die Absicherung des Pflege- und Gesundheitsbereiches ist der Landesregierung besonders wichtig, weshalb es auch in diesem Bereich zu großen Investitionen kommt. Das Globalbudget Pflege und Gesundheit wird um EUR 125 Mio. zusätzlich aufgestockt.“

Das klingt nach viel Geld. Aber ob damit mehr finanziert werden kann als die Corona-Folgekosten, dass darf bezweifelt werden.

Dieses Budget enthält keine neuen Ansätze, keine Lösungsstrategien für jahrzehntelange Probleme, keinen Versuch, etwas besser zu machen, was bisher nicht so gut funktioniert hat.

Es ist ein Fortschreiben eines Systems, das längst am Kippen ist, das die Zukunft unserer Kinder durch Versäumnisse im Bildungswesen ebenso im Unklaren lässt, wie die der älteren und pflegebedürftigen Menschen, für die es schon jetzt nicht mehr ausreichend Pflegepersonal gibt. Und es ist ein Fortschreiben eines Gesundheitskonzeptes, das sich als untauglich erwiesen hat, die Gesundheitsversorgung der steirischen Bevölkerung zu sichern, geschweige denn zu verbessern.

Es ist ein Budget, das eine Politik fortschreibt, von der sich immer mehr Menschen abwenden, weil sie erkannt haben, dass trotz aller Versprechungen und Ankündigungen ein ausgehöhltes und unterfinanziertes Gesundheits-, Pflege- und Bildungswesen steht.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat, das vor mir jemand hier an dieser Stelle gesagt hat und das ich nur unterstreichen kann:

„Zusammenfassend gesagt: Würde der Staat Gewinne und Vermögen angemessen besteuern, könnten die Steuern auf Arbeit gesenkt werden. Und trotzdem könnte der Staat all jene Leistungen, die wir uns wünschen – Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Eisenbahn, Postämter, Museen, Pensionen, soziale Sicherheit usw. aufrechterhalten.“

Walter Kröpfl, ehemaliger Klubobmann der SPÖ im Landtag Steiermark

In Zeiten wie diesen, wichtiger denn je – ansonsten braucht man dem nichts mehr hinzufügen!

Veröffentlicht: 14. Dezember 2021

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