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Bolkestein: Die Unternehmer jubeln

Große Koalition im EU-Parlament beschließt Dienstleistungsrichtlinie

Das EU-Parlament hat die Dienstleistungsrichtlinie heute mit den Stimmen einer großen Koalition beschlossen. Linke und KommunistInnen stimmten gegen diesen entscheidenden Schritt in Richtung Sozialabbau und Druck auf die Löhne.
In Österreich jubeln die Unternehmerverbände. So betont Reinhold Mitterlehner von der Wirtschaftskammer, dass die beschlossenen Änderungen „rein technischer Natur ohne praktische Auswirkungen auf die Dienstleistungserbringer“ sind. Das sei „eine Bestätigung der Lobbyingaktivitäten der Wirtschaftskammer“.
Der steirische KPÖ-Vorsitzende Franz Stephan Parteder sieht in dieser Aussage eine Bestätigung seiner Position: „Dieser Beschluss ist kein Kompromiss im Interesse der arbeitenden Menschen, sondern ein Geschenk für das Großkapital. Die Verantwortung von Gewerkschaften und Sozialdemokratie, die ihre Proteste gegen den „Bolkesteinhammer“ im Frühjahr abgebrochen haben, für diese Verschlechterung ist sehr groß. Ich kann mich noch daran erinnern, dass der ÖGB im April dieses Jahres alles daran gesetzt hat, damit es beim informellen EU-Wettbewerbsgipfel in Graz zu keiner Großdemonstration gegen diese Verschlechterungen gekommen ist. Jetzt müssen die offiziellen Arbeiterorganisationen den fast nicht mehr subtilen Spott des Wirtschaftsbundes ertragen.
Deshalb zeigt sich die Arbeiterkammer (AK) mit dem Abstimmungsergebnis zur Dienstleistungsrichtlinie unzufrieden. Die Arbeiterkammer kritisiert auch, dass die Dienstleistungsrichtlinie wichtige Leistungen der Daseinsvorsorge umfasst, zum Beispiel die Wasserversorgung oder die Abfallentsorgung. Was sie aber nicht hinzufügt ist die blamable Tatsache, dass die österreichischen SP-Mandatare - auch jene, die aus der Gewerkschaftsbewegung kommen - heute für Bolkestein gestimmt haben.“
Mit einem liberalisierten Dienstleistungsbinnenmarkt wird ein tiefgreifender Deregulierungsprozess in Gang gesetzt, der alle bisherigen Beschlüsse zur Schaffung eines EU-Binnenmarktes in den Schatten stellt. Wer solche Entscheidungen trifft, braucht sich über eine wachsende Ablehnung der EU durch ihre Einwohnerinnen und Einwohner nicht zu wundern.

15. November 2006