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Battlegroups: Vor Marschbefehl für steirische Soldaten

Erklärung der Solidarwerkstatt zeigt Hintergründe auf

Steirische Soldaten sind für einen Libyeneinsatz im Rahmen der EU-Schlachtgruppe vorgesehen. Bisher verzögert nur ein Einwand Schwedens den Beschluss darüber. Die Linzer Solidarwerkstatt zeigt die Hintergründe der Entwicklung auf:

EU-Battlegroups/Libyen: Marschbefehl aus Brüssel und Berlin

Vorige Woche erklärte der österreichische Bundeskanzler Faymann, dass eine Entsendung österreichischer Soldaten nach Libyen „nie und nimmer“ stattfinden werde. Wir bringen den entsprechenden Auszug aus der „Kleinen Zeitung“ (2.4.2011) im Original, um die Ungeheuerlichkeit des Richtungsschwenks zu dokumentieren, der innerhalb von wenigen Tagen stattgefunden hat:

"Ich habe nicht das geringste Interesse, österreichische Soldaten in Särgen daheim zu empfangen". Mit diesen Worten schloss gestern Bundeskanzler Werner Faymann gegenüber der Kleinen Zeitung eine Teilnahme österreichischer Einheiten der europäischen Battle Group im Rahmen eines möglichen Militäreinsatzes in Libyen dezidiert aus. Eine solche Entsendung komme für ihn als Regierungschef "nie und nimmer" infrage, erklärte Faymann am Rande seines Treffens mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. Auch wäre eine allfällige Beteiligung mit dem Neutralitätsstatus Österreichs nicht vereinbar. Darüber hinaus seien die Risiken aufgrund der bürgerkriegsähnlichen Zustände im nordafrikanischen Land nicht eingrenzbar. Das unterscheide Libyen vom Einsatz heimischer Truppen im Tschad. Faymann betonte, er sei froh darüber, dass eine militärische Intervention auf europäischer Ebene derzeit nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werde. "Das wäre völlig kontraproduktiv und würde nur Gaddafi in die Hände spielen. Das Regime würde ein solches Vorgehen reflexartig dazu benützen, das Feindbild vom "imperialistischen, islamfeindlichen Europa" wachzurufen und damit die Mobilisierungskraft zu erhöhen. Militärische Drohgebärden würden der Opposition nicht nützen, sondern schaden, argumentierte der Kanzler. Ungleich wirkungsvoller sei das unverzügliche Ausschöpfen wirtschaftlicher und politischer Sanktionen. (Kleine Zeitung, 2.4.2011)

Wenige Tage später ist alles anderes. In einer dürren OTS-Aussendung des Verteidigungsministeriums heißt es am 11. April 2011:
„Österreich wird im Rahmen eines EU-Hilfseinsatzes Soldaten nach Libyen entsenden. Österreich komme damit einem Hilfsansuchen der EU nach. … Der Ministerrat wird morgen grünes Licht dafür geben. Die Ministerrats-Vorlage sieht eine Entsendung von bis zu zehn Offizieren vor. Am Donnerstag stimmt dann das Parlament zu. (Man merke: Das Parlament berät und entscheidet nicht mehr, sondern wird zustimmen, Anm. d. Red.) Sobald die UN den offiziellen Startschuss für die Mission gibt, könnten bis zu 180 österreichische Soldaten an der Mission teilnehmen, die für EU-Kriseneinsätze in der EU-Battle-Group angemeldet sind. Darabos schließt auch Kampfeinsätze ausdrücklich nicht aus: ‚Wo die EU-Mission zum Einsatz kommt, kann noch nicht gesagt werden.’“ (OTS, 11.4.2011)

Zwischen dem „nie und nimmer“ des Bundeskanzlers und der Anweisung der Regierung an das Parlament dem Militäreinsatz zuzustimmen liegen ein paar Tage und:
- eine „Anfrage“ aus Brüssel
- die Entscheidung der deutschen Bundesregierung, mit EU-Battlegroupss nach Libyen zu gehen.

Damit werden die Machtverhältnisse in EU-Europa klargestellt: Verfassungsbruch, Neutralitätsbruch, Aushebelung von Parlament und Souveränität spielen keine Rolle, wenn aus Brüssel/Berlin der Marschbefehl kommt. Der kalte Atem eines zunehmend autoritären EU-Regimes wird spürbar, wenn der Kanzler eines kleinen Landes öffentlich als Marionette vorgeführt wird und dem Parlament per Presseaussendung des Verteidigungsministeriums diktiert wird, dass es einem EU-Militäreinsatz zustimmen werde. Der luxemburgische Premierminister J. C. Juncker hat die Methode des EU-Regierens einmal folgendermaßen charakterisiert: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ (Spiegel, 52/1999).

13. April 2011