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Bartenstein und Schloss Lannach

Aus einem Kommentar von Tibor Zenker

Bisher war es HistorikerInnen und Menschen, die unfallfrei Google bedienen können, bekannt - jetzt weiß es auch eine breitere Öffentlichkeit: Schloss Lannach, Familien- und Unternehmenssitz der Bartensteins, war eine Außenstelle des Konzentrationslagers Mauthausen und Experimentierfeld der SS Heinrich Himmlers. Kann da ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein etwas dafür? Nein, natürlich nicht. Aber die gegenwärtige Reaktion Bartensteins auf diese mediale Enthüllung enthüllt wieder einmal recht hübsch und exemplarisch das Verhältnis der ÖVP zum Faschismus...

Bleiben wir zunächst bei Herrn Bartenstein, der von der Vergangenheit seines Schlosses nichts gewusst haben will. Ist es glaubwürdig, dass ein gebildeter Mann wie Bartenstein, der zumindest beim Schuhkauf kein Blödmann ist, tatsächlich in der steirischen Zeitgeschichte ebenso wenig bewandert ist wie Arnold Schwarzenegger? In diesem Fall kann man von Glück reden, dass es in den 60er Jahren noch keinen PISA-Test gab. Aber warum soll man Herrn Bartenstein auch nicht glauben? Er hat doch erst im Oktober 2005 seine völlige historische Inkompetenz unter Beweis gestellt: als der Erfolg der KPÖ Steiermark bei der Landtagswahl absehbar war, meinte er, es werde ihm übel, wenn 60 Jahre nach Kriegsende - also im viel beschworenen allgemeinen "Gedenkjahr" - plötzlich wieder Kommunisten in einem Parlament vertreten wären.

Was heißt das implizit, was suggerierte Bartenstein - wohl doch durchaus bewusst - damit? Dass die KommunistInnen - und nicht der Faschismus - für den imperialistischen Krieg die Verantwortung hätten. Damit verkehrte er nicht nur Opfer und Täter, sondern auch Widerstand und Terrorherrschaft. Herr Bartenstein könnte heute nicht sein auf demokratischem Wege erlangtes Amt ausüben, hätten nicht gerade die österreichischen KommunistInnen und insbesondere die Rote Armee der Sowjetunion gegen den Faschismus gekämpft und den Krieg siegreich beendet. Somit wollte Bartenstein offenbar davon ablenken, dass es nämlich seine Partei war, die selbst Trägerin des Faschismus war, während die KPÖ den Faschismus (nämlich den österreichschen ebenso wie den deutschen) am konsequentesten bekämpft hat. Manch einer könnte angesichts dessen fast annehmen, Herr Bartenstein würde in Wahrheit genau dies den KommunistInnen zur Last legen wollen...

Oder aber Herr Bartenstein, Multimillionär als Pharmaunternehmer, weiß womöglich um den monopolkapitalistischen Klassencharakter des Faschismus und somit um die wirklichen Verantwortlichen für den imperialistischen Zweiten Weltkrieg und die faschistischen Gräuel der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts: "Der Faschismus an der Macht ... ist ... die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, der am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals", sagte Georgi Dimitroff prägnant und treffend. In Österreich zählt die Familie Bartenstein zweifelsohne zur Monopolbourgeoisie - da ist es nahe liegend, dass sie kein Interesse an der Enthüllung des Klassencharakters und der Ursache des Faschismus hat. (...)

Das Schloss Lannach war nicht nur ein KZ-Außenlager, sondern beherbergte auch das SS-Institut für Pflanzengenetik. Der Historiker Betrand Perz meinte nun dazu: "Es ist erstaunlich, dass bereits 1947 ein Unternehmen an diesem Ort eingerichtet wurde, das sich wieder unter anderem mit pflanzlichen Heilmitteln beschäftigt." - Dieses Unternehmen ist die Lannacher Heilmittel GmbH, an der sich die Familie Bartenstein in den 50er Jahren zunächst beteiligt und die sie 1966 zur Gänze übernommen hat. Nun, man kann dies einfach "erstaunlich" finden, doch mit dem Wissen über den untrennbaren Zusammenhang zwischen Monopolkapitalismus und Faschismus kann man auch zu weiteren, nicht unbedingt an Zufallsgläubigkeit gebundenen Einschätzungen kommen...

Tibor Zenker

(Auszug aus einer umfassenden Arbeit. Quelle kominform.at).

Veröffentlicht: 27. August 2006

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